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Blutspecht im Mordschwarzwald: Krimiautor Bernd Leix im Interview

Bernd Leix, Förster und Krimiautor

Der Schwarzwald bei Baiersbronn wurde zum Nationalpark erklärt. In den kommenden Jahrzehnten soll das Gebiet zu einer Art Urwald werden. Statt Bahnhof, Flughafen oder Autobahn siegt hier die Natur. Großartig, sollte man meinen. Doch gegen den Park gibt es Widerstand.

Obendrein lässt der Krimiautor Bernd Leix die Auseinandersetzung tödlich eskalieren.

Alles nur Fiktion? Nicht ganz. Eine reale Lesung wurde seinerzeit abgesagt. Man fürchtete Nachahmungstäter im Schwarzwald.

Gott schütze diesen Wald

Gott schütze diesen Wald! Wer als Tourist durch den märchenhaft anmutenden Schwarzwald bei Baiersbronn wandert, kann unmittelbar vor solch einem martialisch anmutenden Satz stehen. Jemand hat ihn auf die Rinde einer alten Tanne gesprüht.

Grafito nahe Baiersbronn: »Gott schütze diesen Wald« (Foto: Birgit-Cathrin Duval)
Grafito nahe Baiersbronn: »Gott schütze diesen Wald« (Klick zum Vergrößern / Foto: Birgit-Cathrin Duval)

»Nationalparkgegner«, murmelt der ortskundige Begleiter und man ist etwas verwirrt, denn soll nicht der Wald durch den Nationalpark geschützt werden? Oder hat man sich verhört?

Baiersbronn wirbt damit, dass es »im Herzen des Nationalparks Schwarzwald« liege. Wer von Baiersbronn aus die kurvige Straße zum Ruhestein hinauffährt sieht weitere Graffiti an den Bäumen: ein von rechts oben nach links unten durchgestrichenes NP wie Nationalpark. Ebenfalls ein Symbol der Gegner. Oben am Ruhestein bei der alten Villa Klumpp soll das Besucherzentrum für die Touristen entstehen, die man zahlreich erwartet. Im Haus untergebracht ist die Parkverwaltung.

Blutiger Terroranschlag im Nationalpark

Und dieses Haus ist das Ziel eines blutigen Terroranschlags. Eine Briefbombe zerfetzt die Hand einer Praktikantin, als diese die Post sortiert. Tage später explodiert vor dem Gebäude eine Autobombe. Der Kampf um den Wald eskaliert.

Doch während die Schrift an den Bäumen real ist, ist diese blutige Eskalation zum Glück nur Fiktion. Ausgedacht hat sie sich Bernd Leix, der mit »Blutspecht« seinen zweiten »Nationalpark-Krimi« veröffentlicht hat. Ein Gegner und Einzelkämpfer gegen den Park hat sich darin eine perfide Strategie ausgedacht: Ohne Personal kein Park! Also sorgt er mit seinen Anschlägen auf Parkmitarbeiter und entsprechenden Bekennerschreiben an die Medien dafür, dass diese Gleichung jeder kennt. Er gibt sich nicht als Einzelperson zu erkennen, sondern unterzeichnet die Schreiben mit »Organisation Blutspecht«.

Lesen Sie ruhig weiter! Das war kein Spoiler. Hier wurde nichts verraten, was der Leser nicht auch nach ein paar Seiten erfährt. »Blutspecht« ist kein »Whodunit«-Krimi. Denn während die Polizei noch rätselt, verfolgt man als Leser den Täter und kennt bald dessen Identität. Seine Spannung bezieht der Roman aus der Tatsache, dass er nicht selten aus der Sicht des Täters geschrieben ist. Der Leser muss oft mit ansehen, wie nah sich Täter und Ermittler sind.

Zum zweiten Mal schickt Bernd Leix seinen gemütlichen Karlsruher Kommissar Oskar Lindt wegen des Nationalparks auf die Höhen des Schwarzwalds. Zuvor ermittelte der bereits in einigen Bänden in der badischen Landeshauptstadt.

»Mordschwarzwald« war Leix‘ erster Nationalpark-Krimi. Mit einem geplanten dritten Band soll daraus eine Trilogie werden. Im ersten Band ließ es Leix weniger blutig angehen. Doch auch »Mordschwarzwald« beginnt mit bemalten Baumstämmen, auf denen Gegner ein übergroßes NEIN gepinselt haben. Dann verunglückt ein Hotelier und Parkbefürworter in einer Winternacht, und es besteht der Verdacht, dass es kein Unfall war.

»Mordschwarzwald« lebt vom Lokalkolorit und nicht von der Spannung. Einigen Lesern, so lassen es Amazon-Kommentare vermuten, kommt dieser Roman zu holzschnittartig daher, zu sehr wie Bauerntheater, wenn die Nationalparkgegner in den baiersbronner Gaststuben an ihren Stammtischen sitzen.

Mordschwarzwald und Blutspecht, die beiden Nationalparkkrimis

Natürlich überzeichnet Leix, denn es ist ein Roman. Doch wenn der Schwarzwald-Urlauber abends in ebendiesen Gaststuben sitzt, dann kann es sein, dass er etwas von dieser Stimmung mitbekommt. Denn der Außenstehende kann ja mal naiv fragen, was man denn gegen einen Nationalpark haben kann. Schließlich lebt doch die Region stark von den Touristen, und ein uriger Wald kann da doch nur gut tun.

Ein kleines Insekt steht im Zentrum der Angst

Und dann hört man sie, die Argumente dagegen, die auch Leix in seine Romane einflechtet. Ein kleines Insekt steht im Zentrum der Angst: der Borkenkäfer. Wird der Wald sich selbst überlassen, so sei die Gefahr groß, dass diese Insekten alles kahl fressen. Dann drohe den Tälern an der Murg nicht nur schlimmes Hochwasser, weil die Bäume den Regen nicht mehr speichern, nein, die Schädlinge aus dem Nationalpark werden nicht an dessen Grenze halt machen, sondern auch die umliegenden Nutzwälder befallen. Man spürt auch, dass viele Baiersbronner den Nationalpark, als »ihren« Wald betrachten, obwohl er schon lange Staatswald war. Doch plötzlich erklärt ihn die grün-rote Landesregierung in diesem Stuttgart zur Schutzzone.

Die Befürworter des Parks hingegen setzen auf den Erholungs- und Tourismusfaktor. Denn ohnehin würde man den Wald nicht von heute auf morgen sich selbst überlassen. Noch über Jahre hinweg werden aus dem Park die eher schnell wachsenden Fichten entfernt. Denn sie gehören nicht zum natürlichen Baumbestand des Schwarzwalds und erst ihre teilweise monokulturartige Bepflanzung habe die Ausbreitung des Borkenkäfers erst begünstigt.

So geht es hin und so geht es her. Und so muss auch Bernd Leix die Argumente in seinen Krimis einbauen, um den Streit für Außenstehende begreifbar zu machen. Zum Glück arbeitet er in kleinen Dosen, sodass die »Infodumps« für den Leser nicht zu aufgesetzt wirken.

Bernd Leix ist selbst in Baiersbronn geboren. Im Hauptberuf arbeitet er jetzt als Förster im angrenzenden Alpirsbach. Er weiß also, wovon er schreibt und versucht dies ausgewogen zu tun, obwohl er sich im Interview mit dem literaturcafe.de klar als Befürworter des Parks outet. Und hat er nicht Angst, dass er mit seinen Romanen einige Leute auf ziemlich dumme Gedanken bringen könnte? Auch dazu äußert Leix im Interview seine Meinung.

Ganz unpolitisch sind seine beiden Romane auf keinen Fall. Als seinerzeit der »Mordschwarzwald« in Baiersbronn im Rahmen einer Lesung präsentiert werden sollte, bekamen die Veranstalter kalte Füße. Das war noch vor der offiziellen Parkeröffnung 2014, als die Wellen weitaus höher schlugen. Die Lesung wurde von den ursprünglichen Veranstaltern abgesagt und dann in einem anderen Rahmen durchgeführt.

Doch »Mordschwarzwald« wurde ein Bestseller in der Region. Seit Harry Potter habe er von einem Buch nicht mehr so viele Exemplare verkauft, erzählt der örtliche Buchhändler. Nicht mal, ergänzt er leiser, von Shades of Grey.

Und jetzt treibt der »Blutspecht« in Baiersbronn sein Unwesen. Zum Glück nur in einem spannenden Krimi mit einem fulminantem und landschaftlich schönen Showdown. Und eine Lesung vor Ort gab es diesmal kurz nach Erscheinen im Juli auch schon.

Wolfgang Tischer

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