
Mit jedem Buch garantiert einen Bestseller landen? Das gelingt den wenigsten. Jean-Luc Bannalec gehört mit seinen Bretagne-Krimis zu diesen Autoren. Gerade hat es »Bretonische Versuchungen«, der 14. Fall für Kommissar Dupin, auf die SPIEGEL-Bestsellerliste geschafft. Juliane Hartmann analysiert das Erfolgsrezept der Krimi-Reihe.
Französisches Flair von deutschem Autor
Commissaire Georges Dupin sitzt im Café seines Vertrauens in Concarneau, trinkt seinen dritten Kaffee und grübelt über einen neuen, mysteriösen Fall nach. Irgendwo zwischen Austern, Crêpes und der rauen Atlantikküste wartet wieder ein Verbrechen darauf, aufgeklärt zu werden. 300 Seiten später ist es soweit, und Dupin hat den Fall heldenhaft mit seinem Team gelöst. Der aus Paris zwangsversetzte Commissaire ist wieder ein wenig bretonischer geworden und der Leser um mehrere Kilo schwerer – zumindest gefühlt, nach all den kulinarischen Beschreibungen.
Das klingt nach Klischee? Oh ja. Doch in diesem Fall funktioniert es: die Gesamtauflage der Krimi-Reihe lag bereits im Jahr 2024 bei 6,25 Millionen Exemplaren).
Hinter dem französisch klingenden Pseudonym Jean-Luc Bannalec verbirgt sich der deutsche Autor Jörg Bong. Er schreibt seine Krimis für das deutschsprachige Publikum. Durch das Pseudonym wird bereits eine Portion Frankreich-Flair transportiert. Doch das ist nur der Anfang. Wenn man in poetischen Worten von Stränden mit türkisblauem Wasser liest, von schroffen Klippen und malerischen Sonnenuntergängen, dann will man sofort in die Bretagne reisen.
Kulinarische Verführungen seitenweise
Auch der kulinarische Genuss kommt nicht zu kurz: Allerlei bretonische Spezialitäten – von denen es genügend gibt – werden genussvoll konsumiert, von Meeresfrüchten bis zum Wein. Bannalec versteht es meisterhaft, mit Landschaftsbeschreibungen und kulinarischen Details Fernweh zu erzeugen. Er darf sich mittlerweile Ehrenbürger der bretonischen Stadt Concarneau nennen.
Krimivolk Deutschland als treue Leserschaft
Die Deutschen sind ein Lesevolk, sagte unlängst eine Bekannte, die beinahe 20 Jahre in den USA gelebt hat. Und die Deutschen sind ein Krimivolk. Bereits die Schwedenkrimis von Henning Mankell erfreuten sich vor über 20 Jahren besonderer Popularität in Deutschland. Nicht wenige wollten die Schauplätze ihrer Lieblingskrimireihe einmal besuchen. Man kann von Literaturtourismus sprechen. Jean-Luc Bannalec hat die Bretagne zu einem Sehnsuchtsort für deutschsprachige Krimileser und Genießer werden lassen.
Handwerklich solide Krimiplots
Jean-Luc Bannalec kann schreiben. Er versteht es einzigartig, Atmosphäre zu schaffen. Auch seine Charaktere sind präzise beschrieben, aber nie zu ausufernd. Die Plots sind ereignisreich und voller Twists. Bei der Dupin-Serie handelt es sich um klassische Polizeikrimis zum Miträtseln. Viele Verdächtige, viele Spuren, anfangs viele Fragen – und am Schluss wird alles aufgeklärt. Die Krimis sind handwerklich solide – manchmal mehr oder weniger virtuos – konstruiert.
Neue Schauplätze, vertraute Struktur
Jeder Band spielt an einem anderen Ort der Bretagne. Meist findet dort eine ganze Mordserie statt, meist im gutbürgerlichen Milieu (wie bei Martin Suter in Zürich). Jedoch kommen die Krimis ohne explizit geschilderte Brutalität oder blutige Szenen aus.
In großen, altehrwürdigen Unternehmerfamilien bröckelt die heile Welt. In jedem Band der Reihe geht es um ein Bretagne-Thema, nicht selten kulinarischer Natur: Austern, Salz, Wein. Doch auch Kunst und Mystik waren schon dran. Nicht selten sind bahnbrechende wissenschaftliche Erfindungen ein Grund zu morden. Das neueste Werk »Bretonische Versuchungen« führt uns in die Welt der Schokolade.
Die Grundstruktur der Romane bleibt dabei stets gleich, der jeweilige Fall bringt jedoch neue Schauplätze und Themen ins Spiel. Diese haben unterschiedliche Qualität. Manchmal scheint die Lösung des Falls doch zu sehr an den Haaren herbeigezogen, zu abwegig oder zu vorhersehbar.

Der Charme des Klischees
Und dann ist da noch der Umgang mit Klischees: Bannalec spielt gekonnt mit ihnen, allem voran dem Patriotismus der Bretonen. Er greift bekannte Stereotypen und Klischees auf, oft auf charmante Weise, sodass man beim Lesen schmunzeln muss. Zusammen mit Commissaire Dupin blicken wir auf regionale Eigenarten.
Ich weiß, was du diesen Sommer kaufst
Der Leser weiß daher genau, was er kauft, wenn er den jährlich und pünktlich vor dem Sommerurlaub veröffentlichten Band erwirbt. Man könnte von gelungener Kontinuität sprechen. Wie ein Bretagne-Urlaub, Jahr für Jahr im selben Ferienhaus: vertraut, beständig – und doch immer wieder schön.
Juliane Hartmann
Jean-Luc Bannalec: Bretonische Versuchungen: Kommissar Dupins vierzehnter Fall (Kommissar Dupin ermittelt, Band 14). Broschiert. 2025. KiWi-Paperback ISBN/EAN: 9783462002508 18,00 € » Bestellen bei amazon.de Anzeige oder im Buchhandel
Jean-Luc Bannalec: Bretonische Versuchungen: Kommissar Dupins vierzehnter Fall (Kommissar Dupin ermittelt 14). Kindle Ausgabe. 2025. Kiepenheuer & Witsch eBook 14,99 € » Herunterladen bei amazon.de Anzeige

