StartseiteBuchkritiken und TippsZwei oder drei Dinge über Wurst

Zwei oder drei Dinge über Wurst

Wurst-Dummyoder: Black Hole Sun / Wurst will come

Die Wurst ist wieder im Kommen. Dank Klimawandel freue ich mich dieses Jahr schon einen Monat zu früh auf den Sommer und stelle mir dann gerne vor: Sonne, Baden, Grillen am See. Und: Bratwurst mit allen Saucen der Welt. Da bleiben nicht mehr viele Wünsche offen und was noch offen bleibt, wird von dem zufriedenen Grunzen übertönt, das ich randvoll und sonnenverbrannt gerade noch so von mir gebe.

Diese Art von pränataler Glückserfahrung ist natürlich eine deutsche und somit auch gefundenes Fressen für Dichter und Denker jeglicher Couleur. Herbert Grönemeyer besingt seine Currywurst, Die Ärzte widmen der Einsamkeit des Würstchens traurige Töne und im Bereich der Bildenden Kunst positioniert sich couragiert Erwin Wurm (Österreicher, zugegeben) zum rosa Freund im Eigendarm.

Und die Literatur? Schweigt nicht still. Heinz Strunks Gemüseersatz lassen wir an dieser Stelle mal aus persönlichen Nachlieben beiseite und lenken die Aufmerksamkeit auf: Wiglaf Droste, seines Zeichens Wurstspezialist und einer der wenigen lebenden und ernstzunehmenden Satiriker hierzulande. Jüngst erschien im Dumont Kunst und Literatur Verlag das Kochbuch Wurst, für das der Fernsehkoch Vincent Klink die Rezepte, Nikolaus Heidelbach stimmungsaufhellende Illustrationen und Droste die Texte lieferte. Gedanken über Biker z.B.: »Der Biker ist die Bockwurst im zarten Saitling.« Wiglaf Droste ist ein Mann, der die Kurzform beherrscht, dem der Witz da sitzt, wo andere Leute nur Schmalz haben. Seine Spitzen sind wie scharfer Senf auf den Zeitgeist der Konsumkultur: Sie machen Spaß und das Gehirn frei. Wer ihm noch nicht hat bei einer Lesung zuhören können, dem sei dies dringend angeraten: Drostes Texte kommen am besten, wenn er sie selbst mit seiner sonoren Stimme vorträgt. So hat er es kürzlich bei einer Lesung im Rahmen der Vattenfall Lesetage auf Kampnagel vollbracht, das arrivierte Hamburger Theaterpublikum aus der Reserve zu locken und nach dem nächsten und noch einem Text lechzen zu lassen.

Denn auch für die Kulturelite gibt es noch viel zu lernen. Etwa: In Thüringen hat das Bratwurstmuseum eröffnet! »Was für Exponate wird es dort geben? Bratwürste aus mehreren Jahrtausenden? Wurstäxte aus der Steinzeit? Beispiele zehntausend Jahre alter Wurstmalerei? Die Wurst im Spiegel der Zeiten?« So fragt ein Mann und erhält doch keine Antwort.

What else about Wurst? Was hat zum Beispiel das real life in dieser Sache zu vermelden? Ein belgischer Freund – starker Raucher jeglichen Zeugs und Vegetarier – beliebt in Diskussionen über die Tabaksteuer immer zu poltern, dass die Phosphate im Fleisch schließlich auch nicht besteuert sind, alle fressen’s und werden praktisch umsonst fett und krank.

Was soll man da noch sagen?

Ich sag: Der Sommer kommt eh.

Wiglaf? »Wo noch Wurst ist, da ist noch Leben.«

Danke.

Anika Stracke

Weitere Beiträge zum Thema

2 Kommentare

Schreiben Sie einen Kommentar

Bitte geben Sie Ihren Kommentar ein.
Bitte geben Sie Ihren Namen ein