Am 23. April ist der UNESCO-Welttag des Buches. Da könnte man doch mal ein Buch verschenken – oder lesen. Warum nicht eines über »111 Gründe, Bücher zu lieben«. Denn ein solches ist gerade im Verlag Schwarzkopf & Schwarzkopf erschienen.
Die »111 Gründe« sind bzw. ist eine ganze Buchreihe des Verlags. Man kann Katzen, Hunde, Autos, Heavy Metal oder seinen Garten lieben. Eine solche Themenvielfalt lässt zunächst vermuten, dass man sich beim Verlag zwanghaft Gründe aus den Fingern saugt, um noch eine neue Zielgruppe zu bedienen.
Doch weit gefehlt! Der Autor Stefan Müller hat sich den Untertitel des Buchbuches mit Recht erschrieben, denn es ist ist wahrlich eine »Liebeserklärung an das Lesen«.
Vielleicht erwartet man bei diesem Titel auch Nonsensgründe wie »weil dank Reclam mein Gartentisch nicht mehr wackelt«. Oder wohlfeiles Allerweltslob wie »weil man damit in andere Welten enfliehen kann«. Oder gar Pädagogisches, »weil Lesen bildet«.
Vielleicht finden sich 10 knackig formulierte Gründe – aber gleich 111?! Nur weil die Schnapszahl so schön ist?
Man wird ein solches Buch nicht unbedingt am Anfang aufschlagen, sondern irgendwo mittendrin. Wir landen beim Grund 32:
Weil Inge Lohmark uns die Geschichte vom Hals der Giraffe schuldig bleibt
Und schon hat uns Stefan Müller gepackt. Wer Inge Lohmark nicht kennt, mag neugierig geworden sein, was es denn mit dem Hals der Giraffe auf sich hat. wer weiß, was gemeint ist, ist erfreut, dass Müller in diesem feinen, der Masse aber eher unbekannten Buch einen Grund fürs Lesen gefunden hat. Verpackt hat der Autor auf diese Art eine Buchempfehlung. Wer Judith Schalanskys Roman nicht kennt, bekommt einen flott geschriebenen Lektüretipp. Und wer das Buch kennt, erinnert sich gern. Schon bei diesem Grund fällt auf, mit wie detailliert Müller die Sache angeht.
Weitergeblättert. Grund 29:
Weil es wichtig ist, dass man Verbote auch hinterfragt
Auch dieser Grund macht neugierig. Und beim Lesen der beiden Seiten Erläuterung skizziert Stefan Müller einen kurzen Überblick über »verbotene« und indizierte Bücher. Sein Bogen reicht von bekannten Beispielen wie »Lolita«, »Die satanischen Verse« und »American Psycho« über die Bücherverbrennung der Nazis bis hin zur staatlichen Zensur der DDR.
Man liest sich fest in und an diesem fast 300 Seiten starken Buch, weil der Autor bei jedem Grund auf zwei bis drei Seiten eine kleine literarische Welt aufspannt. Abwechslungsreich geht es mal um Bücher, dann um Situationen, um Autoren oder Literaturgeschichte.
Stefan Müller schreibt humorvoll, berichtet hin und wieder aus dem eigenen Leben, packt viel Wissen dazu, aber überfrachtet keine seiner Grundbegründungen. Er lobt Bücher aus Papier, hat aber auch die Vorteile von Hörbüchern und E-Books im Blick. Er erwähnt Mainstream-Titel wie »Twilight« und oft exotische, unbekannte Bücher.
Stefan Müller, Jahrgang 1980, ist Journalist im Print- und Onlinebereich. Zudem hat er den Jugendroman »Tibor und ich« verfasst. Und als promovierter Literaturwissenschaftler hat er daher einen weiteren Grund gefunden, Bücher zu lieben:
Weil Literaturwissenschaftler einfach ihr Hobby zum Beruf machen können
Dass hier jemand mit Begeisterung, viel Wissen und Leseerfahrung liebevoll 111 Gründe fürs Buch zusammengetragen hat, merkt man dem Werk an. Es ist daher nicht nur ein Geschenkbuch für Bücherfans, man kann es auch zum vergnüglich-interessanten Eigengebrauch verwenden.
Wolfgang Tischer
Stefan Müller: 111 Gründe, Bücher zu lieben: Eine Liebeserklärung an das Lesen. Gebundene Ausgabe. 2014. Schwarzkopf & Schwarzkopf. ISBN/EAN: 9783862650019
Stefan Müller: 111 Gründe, Bücher zu lieben: Eine Liebeserklärung an das Lesen. Kindle Ausgabe. 2014. Schwarzkopf & Schwarzkopf. 9,99 € » Herunterladen bei amazon.de Anzeige