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Verfilmung: »Der Pfau« von Isabel Bogdan – Leider nett

Die deutschen Banker (Tom Schilling, Jürgen Vogel, David Kross, Lavinia Wilson, Serkan Kaya) haben das Herrenhaus von Lady Fiona (Victoria Carling) für einen Teambuilding-Workshop gemietet (Foto: Tobis Film)
Die deutschen Banker (Tom Schilling, Jürgen Vogel, David Kross, Lavinia Wilson, Serkan Kaya) haben das Herrenhaus von Lady Fiona (Victoria Carling) für einen Teambuilding-Workshop gemietet (Foto: Tobis Film)

»Der Pfau« war 2016 ein Bestseller. Es ist der Debütroman der bis dahin als Übersetzerin tätigen Isabel Bogdan. Sieben Jahre später kommt 2023 die Verfilmung in die Kinos. Der Film will keine typische deutsche Komödie sein, bleibt aber leider blass. Das liegt auch an der Pfauendramaturgie.

Aus Frankfurt und nicht London

Wenn deutsche Schauspieler Engländer mimen, ist es entweder eine Rosamunde-Pilcher-Verfilmung oder kulturelle Aneignung. Was in Edgar-Wallace-Filmen noch gang und gäbe war, wird heute eher vermieden.

Im Roman »Der Pfau« lässt Isabel Bogdan eine Gruppe Londoner Banker zu einer Teambuilding-Veranstaltung in ein Herrenhaus in den schottischen Highlands reisen. In der deutschen Filmproduktion sind es deutsche Banker aus Frankfurt, die mit deutschem Coach und Köchin nach Schottland reisen. Dass Letztere (gespielt von Annette Frier) mit einem alten Citroën-Typ-H von Köln in die Highlands gefahren ist, wirkt wenig glaubhaft, ist aber dem pittoresken Setting geschuldet, wie überhaupt Herrenhaus und Highlands optisch schön und opulent ins Bild gesetzt sind. Im Film wird der schottische Besitzer des Herrenhauses zum Germanisten, die deutsch-englische Kommunikation somit plausibel und die geografische Verschiebung sinnvoll. Christoph Matthieu, Sönke Andresen und Regisseur Lutz Heineking Jr. haben das Buch Bogdans als Drehbuch adaptiert.

Zwischen Glaubhaftigkeit und Klischee

Bei Bürogemeinschaften scheint die Besetzung von Christoph Maria Herbst unausweichlich. Der hat zwar das Hörbuch zum Roman eingelesen, doch im Film hat er keine Rolle. Obwohl bei Bankern Klischees unvermeidbar sind, will sich der Film von der üblichen grellen deutschen Komödie absetzen. Selbst Annette Frier und Jürgen Vogel spielen wohltuend zurückgenommen und auch die anderen Rollen sind u. a. mit Lavinia Wilson, Serkan Kaya, Tom Schilling, David Kross und Svenja Jung hervorragend besetzt. Den Schauspielern gelingt der Spagat zwischen Glaubhaftigkeit und Klischee.

Sogar Isabel Bogdan und ihr Mann haben einen Cameo-Auftritt, mitunter sogar ihr zweiter Roman »Laufen«. Da gibt es Referenzen zu anderen Filmen und Serien wie Taxi Driver oder Fawlty Towers.

Leider eine nette Verfilmung

Ist »Der Pfau« also eine nette Verfilmung des Romans? Ja. Leider. Denn obwohl vieles aus dem Buch übernommen wurde, bleibt der Film ein wenig belanglos.

Das liegt zum einen daran, dass die dramaturgische Rolle des Titeltieres minimal aber mit Folgen verändert wurde.

Isabel Bogdan: Der Pfau (Insel Taschenbuch)
Isabel Bogdan: Der Pfau (Insel Taschenbuch)

»Einer der Pfauen war verrückt geworden«, lautet der erste Satz im Roman. Das Tier greift alles an, was blau ist. Es ist nicht zu viel verraten, aber im Buch werden das Verhalten und die Bedeutung des Pfaus ausführlich beschrieben, bevor das Tier erst auf Seite 71 das Zeitliche segnet. Im Film wird das in wenigen Minuten mit einem Voice-Over gerafft, und die Chefin der Banker findet mehr oder wenige am Beginn des Films einen toten und ihr unbekannten Pfau auf dem Rasen des Herrenhauses. Sie glaubt, ihr Hund habe ihn gerissen. Anders als im Buch resultiert daraus jedoch keinerlei dramaturgische Dringlichkeit. Sie könnte zum Besitzer des Herrenhauses gehen, sich entschuldigen und eine finanzielle Entschädigung anbieten. Oder sie könnte den Pfau verschwinden lassen.

Motivation der Figuren nicht immer plausibel

Neben der sprachlichen Finesse ist der Clou der Roman-Geschichte, dass unterschiedliche Leute unterschiedlich viel über den Pfau zu wissen glauben und entsprechend handeln. Im Film hingegen wird dies nur verkürzt und verändert abgebildet, sodass die Motivation der Figuren nicht immer plausibel ist und die Spannung fehlt. Ein klein wenig hegt man beim Zusehen zudem den Verdacht, dass man sich aus Budget-Gründen vor allzu vielen Szenen mit einem digital animierten Pfau gescheut hat.

Überflüssig, allzu offensichtlich und daher wenig originell sind die Kamerafahrten aus der Vogelperspektive und der erzählerisch wechselnde Fokus auf die Charaktere. Der Film entwertet sich hier zur beliebigen Cluedo-Handlung, zumal das Spiel auch noch im Film selbst erwähnt wird. Wer Täter und Opfer sind, ist Zufall und letztendlich egal, scheint die Botschaft zu sein. Unglücklich natürlich, dass unlängst der Film »Glass Onion: A Knives Out Mystery« sich ebenfalls auf das Detektivspiel bezog.

Fazit: Gute Schauspieler und wenig Überraschungen

Die Verfilmung des Romans »Der Pfau« will keine typisch deutsche Komödie sein, doch besitzt der Film trotz guter Schauspieler und schöner Natur dramaturgische Schwächen und bietet leider wenig Überraschungen.

Wolfgang Tischer

Film: »Der Pfau«. Nach dem Roman von Isabel Bogdan. Mit Lavinia Wilson, Annette Frier, Serkan Kaya, Tom Schilling, Jürgen Vogel, David Kross, Svenja Jung u. a. Musik: Kyrre Kvam. Drehbuch: Christoph Matthieu, Sönke Andresen, Lutz Heineking Jr. Regie: Lutz Heineking Jr. Deutschland/Belgien 2023. 106 Minuten. FSK 12. Verleih Tobis Film. Im Kino ab dem 16.03.2023. derpfaufilm.de

Buch: Isabel Bogdan: Der Pfau: Roman (insel taschenbuch). Taschenbuch. 2017. Insel Verlag. ISBN/EAN: 9783458362975. 12,00 €  » Bestellen bei amazon.de Anzeige oder im Buchhandel

 

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