»Der Pfau« nach dem Roman von Isabel Bogdan läuft noch im Kino, da ist schon ihr zweiter Roman »Laufen« als ZDF-Verfilmung in TV und Mediathek zu sehen. Eine gelungene Literaturverfilmung, die aus dem Buch ein eigenes, berührendes Werk entstehen lässt.
Bücher und ihre Verfilmungen sollte man nur bedingt vergleichen. Die Visualisierung kann scheitern oder aus einem literarischen Stoff kann Neues entstehen, wenn man die Stärken und Möglichkeiten des Mediums nutzt.
Bei Isabel Bogdans Bestseller »Der Pfau« ist das leidlich gelungen. Kein schlechter Film, ein netter Film. Unterhaltsam, aber nichts Bleibendes, wie in der Filmkritik nachzulesen ist.
»Laufen« ist der zweite Roman Isabel Bogdans und so ganz anders als »Der Pfau«.
Nach dem Suizid ihres Lebenspartners läuft die namenlose Protagonistin buchstäblich ins Leben zurück. Der Roman ist ein innerer Monolog, der alle Stufen der Trauer durchläuft. Im Podcast des literaturcafe.de gibt es ein ausführliches Gespräch mit Isabel Bogdan über »Laufen« zu hören. Schon damals, im Herbst 2021, als die Taschenbuchausgabe erschien, erwähnte Bogdan die kommende Verfilmung. Wie immer dauert so etwas.
Doch jetzt ist es soweit: »Laufen« war als Fernsehfilm im TV und ist bis 2024 in der ZDF-Mediathek zu sehen.
Nicht nur Anna Schudt in der Rolle der Läuferin ist hervorragend besetzt, dies gilt für alle Figuren des Films. Die Läuferin bekommt für den Film auch einen Namen: Juliane Hansen.
Silke Zertz hat den Roman von Isabel Bogdan zu einem Drehbuch gemacht. Rainer Kaufmann führte Regie.
Wie aber setzt man den langen inneren Buch-Monolog von Juliane visuell um? Die Antwort lautet: Man muss es nicht, man kann es besser machen. Wie, das zeigt dieser Film. Es gibt einige wenige Voice-Over-Szenen der Läuferin, die die erwartbare Umsetzung sind. »Schnell kommt man auf den Gedanken, aufgrund der soghaften Erzählform einen experimentellen Film aus dem Roman zu machen. Das wäre aber sicherlich zu ungewohnt und deshalb falsch«, sagt Regisseur Rainer Kaufmann.
Zertz und Kaufmann setzen für den Film auf Ungesagtes. Hier wirkt die Stärke des Mediums Film, hier wirken die Bilder. Selbstverständlichkeiten werden nicht ausgesprochen. Zertz bricht die Linearität der Handlung auf, und Zeitsprünge sind souverän eingebaut. Nie müssen diese durch visuelle Hilfen wie merklich geänderte Frisuren oder Ähnliches unterstützt werden.
Während der Textanteil im Film zurückgefahren wird, bringen Zertz und Kaufmann die Musik in den Vordergrund, denn Juliane ist bereits in der Buchvorlage Mitglied eines Streichquartetts. Klassische Musikstücke werden durch wiederkehrende Passagen aus »If You Could Read My Mind« von Gordon Lightfoot/Johnny Cash und dem Volkslied »Dat du min Leevste büst« ergänzt. Die Laufpassagen selbst nehmen im Film gar keinen so großen Raum ein wie im Buch.
Drehbuchautorin Zertz weiß, dass Form und Stärke des Buches im Audio-Visuellen nicht funktionieren und daher nimmt, verstärkt und verändert sie zusammen mit Regisseur Rainer Kaufmann gekonnt andere Elemente der Bogdanschen Story.
»Diese neue Ordnung für das Drehbuch zu finden war schließlich die große Herausforderung. Das Füllhorn von Details, das Isabel Bogdan in ihrem Roman bereitgestellt hatte, musste ausgeschüttet und neu zusammengesetzt werden. Und zwar ohne eine festgelegte Chronologie, eben wie ein Puzzle«, sagt Drehbuchautorin Silke Zertz.
»Laufen« zeigt, wie eine Literaturverfilmung gelingen kann und dass der Film selbst für Leserinnen und Leser des Romans neue Aspekte der Geschichte zeigt.
Wolfgang Tischer
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“Drehbuchautorin Zertz weiß, dass Form und Stärke des Buches im Audio-Visuellen nicht funktionieren …”. Ist das so? Oder bekommt nur Frau Zertz das nicht umgesetzt?
Nach dem Buch habe ich den Film gesehen und bin sehr enttäuscht. Aus einer Bratsche wird ein Cello, aus einer Mandoline eine Gitarre …. Viel schlimmer ist, dass der Spannungsbogen des Buches überhaupt nicht umgesetzt wird. Das letzte Wort im Buches wird inflationär oft erwähnt.
Als Schulnote würde ich ein “ungenügend” geben, Thema leider verfehlt. Sehr schade.