Acht der zehn Titel auf der aktuellen SPIEGEL-Bestseller-Liste sind Übersetzungen. Übersetzer spielen gerade in Deutschland eine bedeutende Rolle, denn erst durch ihre Arbeit erschließt sich vielen Lesern ausländische Literatur. Trotz dieser wichtigen Funktion gelten Übersetzer als unterbezahlt. Die Verlage argumentieren, dass bei höheren Honoraren viele Übersetzungen einfach nicht mehr finanziert werden könnten, da die Leser höhere Buchpreise nicht akzeptieren würden.
In der Neuen Zürcher Zeitung stellt Joachim Güntner zudem die These auf, dass eine Unterbezahlung der Qualität der Übersetzungen dienlich sei. Kunst – und somit auch Übersetzungskunst – sei immer dann am besten, wenn mit ihr ein persönliches Opfer verbunden sei. Außerdem, so Güntner, sei das Jammern vieler Übersetzer über ihre schlechte finanzielle Situation oftmals schlichtweg nur Propaganda.
Diesen Vorwurf kann sich selbst ein Übersetzer, der nach Güntner zu den »privilegierten« des Berufsstandes zählt, nicht gefallen lassen. Burkhart Kroeber antwortet daher auf den Artikel Güntners. Er ist als der Übersetzer von Umberto Eco bekannt geworden und gilt in der Branche als einer der bestbezahlten, da er am Umsatz der Bücher beteiligt ist. Kroeber rechnet in seiner Antwort jedoch vor, dass selbst er keinesfalls üppig verdient.
Beschämend findet man es bei Text & Blog, dass Burkhart Kroeber sich in der Honorardiskussion auf diese Ebene herablassen muss. Gleichzeitig sei es ihm hoch anzurechen, dass er es tue.
Nein, Übersetzer sollten besser bezahlt werden. Dann könnten sie auch besser übersetzen. Vielleicht gehört jder Autor der obenstehenden Zeilen nicht zu den bestbezahltesten, sondern eher zu den unbezahltesten, jedenfalls sollte Kunst und Kultur bezahlter werden!
Kunst und Kultur kann bezahlter werden, sofern es sich um die Aufarbeitung von bereits Anerkanntem handelt.
Nach vorn in die Zukunft wird sie immer zu 50% ehrenamtlich sein, hindernisreich, manchmal gefährlich, und unterbezahlt.
neulich habt ihr euch noch darüber lustig gemacht, dass stoiber “diesen jahres” statt “dieses jahres” gesagt hat, jetzt schriebt ihr: “als einer der bestbezahltesten”. dabei wäre “bestbezahlten” doch schon genug gewesen…
Danke, Andi! Ist behoben.
Also, als selber lange Jahre freiberuflicher Literaturübersetzer kann ich nur vollmundig (und leerbörslich) bestätigen, dass der runde Tausender, der einem bei dieser Arbeit im langjährigen Mittel unterm Strich bleibt — äh, sorry, zu versteuern bleibt, obwohl das bei diesen Summen dann nicht mehr so viel schadet — leider eine Realität unseres Berufsstandes ist. Viele von uns subventionieren de facto die Literaturvermittlung mit besserbezahlten Neben/Hauptjobs und/oder bessersituierten Partner/undinen — und genau darauf bauen die Medienkonzerne seit Jahr und Tag: auf unsere Lust an der Literatur und unsere Kreativität beim Auftreiben von alternativen Geldquellen.
Nur: welcher Beruf hat auf diesem wackligen Boden langfristig Bestand?
Schöne Grüße
Werner Richter (T.C. Boyle, P. Highsmith, G. Greene, D.H. Lawrence)
Natürlich ist es gut, wenn andere Menschen unterbezahlt sind. Ich selbst möchte natürlich überbezahlt sein. Denn je mehr ich verdiene und je weniger andere verdienen, desto mehr schöne Dinge kann ich mir leisten.
Diese These von Joachim Güntner ist ja haarsträubend, um nicht zu sagen skandalös! Es klingt fast, wie wenn man sich die Übersetzer als Sklaven halten wollte. Gute Arbeit ist entsprechend zu honorieren, das ist ja auch in anderen Branchen so! Dass man bei den Übersetzern und Lektoren gerne einspart, erlebe ich tagtäglich als Übersetzerin und Lektorin, und das Ergebnis ist hinterher in den Buchhandlungen zu sehen. Es ist sehr oft ärgerlich, welche Fehler selbst in Büchern von renommierten Verlagen auftauchen. Mit einer Haltung wie jener von Joachim Güntner wird dem Verfall der Qualität bzw. der deutschen Sprache generell noch Vorschub geleistet!
Liebe Leute, ich bitte Sie, meinen Artikel zu lesen und keinen Unsinn zu verbreiten. Ich habe nie die These vertreten, Übersetzer sollten unterbezahlt sein. Man kann nur hoffen, dass die Leistungen der Übersetzer besser sind als die Interpretationskünste ihrer Verteidiger.
Beste Grüsse, J. Güntner, NZZ