Letzte Woche habe ich auf meinem Kindle das Buch »Landgericht« von Ursula Krechel gelesen. Im Roman wird ein Flugblatt zitiert, mit dem Musiker und Künstler Ende der 1920er-Jahre gegen den Tonfilm protestieren. Tonfilm berge »Gefahren«, sei »Kitsch« und »wirtschaftlicher und geistiger Mord«.
Das klingt lächerlich und paradox, doch etwas Googeln zeigt, dass dieses Flugblatt 1929 vor den Berliner Kinos tatsächlich verteilt wurde: »Lehnt den Tonfilm ab!«
Doch plötzlich fand ich das Dokument gar nicht mehr so absurd – und ich war mir nicht mehr sicher, ob ich just 2013 in einer Buchhandlung eine ähnliche Flugschrift in die Hand gedrückt bekommen hatte.
Wolfgang Tischer
Nun ja ein kleines bißchen weiter sind wir in Bezug des E-Books wahrscheinlich schon, obwohl es jetzt ja diese buy local Debatte und den Kampf der Buchhändler gegen Amazon bzw. gegen das Buchhandlungssterben gibt. Ich denke, diese Gegenüberstellung der zwei Flugblätter, es wahren und des fiktiven zeigt sehr schön, die Angst vor dem Neuen, die in uns allen steckt.
Und in Bezug E-Buch wurde vor ein zwei Jahren ja von allen plötzlich gesagt, wir wollen streicheln, riechen, tasten, etc, was ich auch immer für ein bißchen blödsinnig hielt, weil ich keine Bücher streichle, aber selbst keinen E-Buch Reader habe und mir wohl auch keinen zulegen werde, gelegentlich ein Buch auf meinen Laptop lese, aber sehr wenig im Vergleich zu der Bücherflut, die sich in meinen Regalen angesammelt hat. Das E-Buch ist, glaube ich, schon da und wird genützt und aus meiner Sicht, gar nicht mal so sehr, das kann aber täuschen, spannend finde ich, was das selbst puplishing alles verändert hat und da staune ich über die Autorenmenge, die das tut und immer noch darüber, daß man angeblich dreihundert Dollar pro Tag mit seinen Bücher verdienen kann, wo ich doch immer höre, die Leute lesen nicht mehr, aber am Dienstag wird die longlist des dBp bekanntgegeben und da ertappe ich mich auch schon beim Rätselraten, wer da dabei sein wird und wenn wir dann nach Frankfurt schauen und die Bücherberge sehen werden, die da erschienen sind, finde ich das auch gigantisch. Also lesen Leute, ob auf Papier oder mit dem Kindle, Laptop etc, ist ja eigentlich egal und vor einem Jahr war ich bei einer Lesung in der “Alten Schmiede” in Wien mit Ursula Krechel, die dort “Landgericht” vorstellte und, ich glaube, genau diese Stelle mit dem Flugblatt las. Was dann folgte ist Geschichte, der Kampf gegen das E-Buch wird wahrscheinlich keine so große Katastrophe auslösen, es gibt aber schon die Wirtschaftskrise, die Arbeitslosen, die neuen Analphabeten und die prekär Beschäftigten…
Hmm, glauben Sie denn wirklich, dass dass das eine mit dem anderen zu tun hat? Prekäre Beschäftigungsverhältnisse hat es in einem noch höherem Maße in der “guten” alten Zeit gegeben und wenn wir hier von Wirtschaftskrise sprechen, würden sich einige von unseren Vorfahren wundernd die Augen treiben, denn das, was sie erlebt haben, war wesentlich schlimmer als unsere mitteleuropäische Krise. Auch wenn im Augenblick alle so tun, als würde es uns heute so furchtbar schlecht gehen: wir haben die Maßstäbe verloren. Und mit dem eBook hat das alles sicher nichts zu tun.