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»Astrid« – Über die Jugend der Kinderbuchautorin Astrid Lindgren

Filmtipp: »Astrid« – Über die Jugend der Kinderbuchautorin Astrid Lindgren
Blu-ray des Films »Astrid« mit der großartigen Alba August in der Hauptrolle als junge Astrid Lindgren

Wohl jeder kennt die Bilder der netten älteren Dame: Astrid Lindgren, die scheinbar ewig Kind gebliebene Autorin von Pippi Langstrumpf und der Gebrüder Löwenherz. Der Film »Astrid« zeigt, dass ihre Jugend nicht unbeschwert war. Mit 18 wurde sie ungewollt schwanger und musste ihren Sohn weggeben. Der Film mit einer starken Alba August in der Hauptrolle ist auf DVD und Blu-ray erhältlich und ist bis 19. Juni 2020 kostenlos in der ZDF-Mediathek abrufbar.

Ihre Kindheit auf dem Hof Näs Nahe des schwedischen Orts Vimmerby beschrieb Astrid Lindgren immer als unbeschwert und glücklich. Zeit ihres Lebens bewahrte sie sich ihr kindliches Gemüt, das sich in ihren vielen Kinderbuchklassikern spiegelt, sei es Karlsson vom Dach, die Kinder von Bullerbü oder Ronja Räubertochter. Vor ziemlich genau 75 Jahren schrieb sie zum ersten Mal über Pippi Langstrumpf. Ihre Tochter lag krank im Bett, und da erfand Lindgren für sie diese starke Figur.

Der Film »Astrid« thematisiert einen weniger bekannte Abschnitt aus Lindgrens Jugend. Trotz unbeschwerter Kindheit zeigt er, dass der Hof Näs von Astrids strenger und tiefgläubige Mutter dominiert wurde, der sich in der Großfamilie auch der Vater unterordnete.

Mit 18 tritt Astrid ein Volontariat bei einer Tageszeitung an. Sie beginnt ein Verhältnis mit dem 30 Jahren älteren und verheirateten Verleger des Blattes und wird ungewollt schwanger. Ihren Sohn bringt sie heimlich in Kopenhagen zur Welt, und Lindgren ist gezwungen, Lars, genannt Lasse, dort bei Pflegeeltern unterzubringen. Danach arbeitet sie als Sekretärin beim Schwedischen Automobilclub in Stockholm. Die Trennung von ihrem Sohn ist schmerzlich für Lindgren, die damals noch Astrid Ericsson hieß. Als Lasse drei Jahre alt ist, erkrankt seine Pflegemutter, und Astrid holt Lasse zu sich nach Stockholm. Für beide keine einfache Situation, da Lasse seine wahre Mutter nicht als solche wahrnimmt und zurück nach Kopenhagen möchte.

Zunächst wirkt der Film »Astrid« selbst wie die Hochglanzverfilmung eines Lindgren-Stoffes im Bilderbuchschweden (Regie: Pernille Fischer Christensen). Astrid macht Unsinn in der Kirche, veranstaltet Schneeballschlachten mit den Geschwistern und radelt durch grüne Wiesen, entlang an Pferdekoppeln. Setting, Ausstattung und Licht dieser schwedisch-dänisch-deutschen Coproduktion sind sauber und perfekt. Lediglich die stets in der Hand gehaltene Kamera von Erik Molberg Hansen könnte die Andeutung einer Unsicherheit sein. Deplatziert ist lediglich der süße Klangbreiteppich, den Nicklas Schmidt auch über dramatische Szenen kleistert und bei denen diese pling-pling Unterfütterung stört. Ebenfalls unnötig und kitschig sind die Szenen, die die ältere Astrid Lindgren schemenhaft in ihrer Wohnung beim Öffnen herziger Fanpost mit Kinderzeichnungen zeigen, zudem sind bisweilen die Stimmen von begeisterten jungen Leserinnen und Lesern aus dem Off zu hören. Doch so dumm sind wir Zuschauer nicht, als dass wir nicht selbst erkennen, dass diese Zeit prägend für Lindgren war und sich dies in ihren Charakteren und Büchern widerspiegelt, in denen Trennung, Leid und Tod nicht ausgespart sind.

Den Film dominiert und bestimmt die herausragende Hauptdarstellerin Alba August, Tochter des Regisseurs Bille August (»Pelle, der Eroberer«, »Das Geisterhaus«, »Nachtzug nach Lissabon«). Sie trifft stets den richtigen Ton, legt die Figur nie zu dramatisch an und zeigt die Zuversicht der Astrid Ericsson.

Das Lied »Springa« aus dem Abspann des Films, komponiert und gesungen von Ane Brun

Der Film »Astrid« zeigt nur einen kleinen Ausschnitt aus dem Leben der späteren Kinderbuchautorin. Er zeigt nicht, wie Astrid zur Kinderbuchautorin wird – aber irgendwie doch. Er belässt vieles in Andeutungen und walzt die Geschichte nicht aus. Und wenn man denkt, jetzt sind wir mal gespannt, wie es weitergeht, da ist der Film auch schon zu Ende. Und einmal ist auch der Name von Astrids Büroleiter beim Schwedischen Automobilclub zu hören, der seine Sekretärin auf der Stelle nach Hause schickt, als sie ihm erzählt, dass ihr Sohn allein und krank daheim im Bett liegt: Sture Lindgren.

Wolfgang Tischer

Astrid (Unga Astrid). Schweden/Dänemark/Deutschland 2018. Darsteller: Alba August, Trine Dyrholm, Henrik Rafaelsen, Björn Gustafsson u. a. Buch: Kim Fupz Aakeson und Pernille Fischer Christensen. Regie: Pernille Fischer Christensen. 123 Minuten. FSK 6.

Bis 19. Juni 2020 kostenlos in der ZDF-Mediathek abrufbar »

Astrid. DVD. 2019. DCM. ISBN/EAN: 4061229104906. 4,99 €  » Bestellen bei amazon.de Anzeige
Astrid [Blu-ray]. Blu-ray. DCM. ISBN/EAN: 4061229104913. 7,99 €  » Bestellen bei amazon.de Anzeige

Außer dem Film in schwedischer und deutscher Sprache und deutschen Untertiteln enthalten DVD und Blu-ray kein weiteres Bonusmaterial.

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