Unabhängig vom redaktionellen Angebot literaturcafe.de entwickelt das literaturcafe.de Konzepte und Websites für Verlage und produziert Audio-Inhalte. Dies sind Auftragsarbeiten, für die wir bezahlt werden.
Im Bücher-Podcast des Deutschen Taschenbuch Verlags gibt es jeden Monat einen kurzen Ausschnitt aus einem aktuellen Buch zu hören, den das literaturcafe.de produziert.
Für Folge 20 wurde erstmals eine komplette Erzählung vertont, die kostenlos im Netz verfügbar ist. Die Geschichte hat es in sich: Es ist die Horror-Story »Die schwarze Katze« von Edgar Allan Poe.
Die Erzählung wurde aufwändig in 3D-Technik mit tropfenden Wasserhähnen und Ketten aus dem Baumarkt inszeniert.
Akustisch in der Gefängniszelle
Die Kurzgeschichte »The black cat« von Edgar Allen Poe wurde erstmals 1843 veröffentlicht. Sie spielt in einer Gefängniszelle, in der ein Mörder auf die Hinrichtung wartet. Poes Ich-Erzähler richtet sich an die Leser und spricht diese direkt an. Es ist eine Geschichte, die im Grunde genommen ein Einpersonenstück ist.
Daher lag es nahe, die Vertonung zu inszenieren und diese nicht wie sonst »nur« vorzulesen. Heutzutage ist es kein Problem, Hall und Geräuscheffekte digital einzumischen, doch für diese ganz besondere Podcast-Folge sollte auch die Umsetzung ganz besonders sein. Wir wollten die Gefängniszelle nicht nur akustisch, sondern auch räumlich »nachbauen«, sodass der Zuhörer dort buchstäblich mit dem Mörder eingeschlossen ist.
Rasch war klar, dass wir zur Aufnahme auf die Kunstkopftechnik zurückgreifen. Diese spezielle Aufnahmemethode erlaubt es, beim Hören nicht nur zwischen rechts und links zu unterscheiden, sondern auch zwischen nah und fern, vorn und hinten und unten und oben.
Hierzu ist eine spezielle Mikrofonanordnung notwendig, die den Klang an einem Plastikkopf tatsächlich dort aufnimmt, wo er auf den Gehörgang trifft. Verwendet man anschließen beim Anhören einen Kopfhörer, so sind sämtliche Rauminformationen mit aufgezeichnet und die Hörerin oder der Hörer erlebt alles dreidimensional.
Der Nachteil dieser so genannten »Kunstkopfaufnahme« ist, dass kaum akustisch getrickst werden kann und mehr oder weniger alles real inszeniert werden muss.
Der Mörder im Badezimmer
Die Aufnahme in einem Studio schied also diesmal aus und wir mussten uns eine Gefängniszelle suchen. Der gefundene Aufnahmeort war ungewöhnlich: ein ganz normales, größeres Badezimmer einer Redaktionsmitarbeiterin, das für die Produktion vollständig ausgeräumt wurde, um möglichst viel Hall zu bieten.
Welche Geräusche könnte es in einer Gefängniszelle geben? Wir entschieden uns für einen tropfenden Wasserhahn, der zusätzlich für räumliche Tiefe sorgte. Da er nicht digital hinzumontiert werden konnte, war es von Vorteil, dass wir in einem Badezimmer aufnahmen. Es tropfte stetig aus einem Wasserhahn in einen Plastikeimer.
Zudem galt es, die Schritte und Bewegungen des Sprechers gut hörbar zu machen, sodass man ihn akustisch orten kann, auch wenn er gerade nicht spricht. Schuhe mit Ledersohlen sind für Hörspiele obligatorisch, doch dann entstand die Idee, dem Mörder zusätzlich noch Fußfesseln anzulegen. Ein halber Meter Kette aus dem Baumarkt, verknotet an den Schnürsenkeln, schuf die entsprechende Illusion.
Eine weitere Herausforderung war der Text der gut 30-minütigen Erzählung. Wie konnte der Sprecher agieren, ohne dass man Papier- oder Umblättergeräusche hört? Zum Auswendiglernen bestand keine Zeit. Doch hier half die aktuelle Technik weiter: Poes Erzählung wurde einfach von einem E-Reader abgelesen. So bestand für den Sprecher genügend Freiheit zum Agieren und gleichzeitig konnte lautlos umgeblättert werden. Dennoch gilt höchste Konzentration nahezu unter Liveatmosphäre, denn aufgrund der Raumsituation können Stellen später nicht nachgesprochen werden.
Das Kunstkopfmikrofon wurde zusammen mit dem Plastikkopf in etwa auf Sitzhöhe in der Mitte des Raumes platziert.
Aufgenommen wurde direkt digital auf Festplatte. Der Rechner befand sich vor der Badezimmertür, wo ein Techniker die Aufnahme überwachte.
Eine weitere akustische Untermalung entstand rein zufällig: Während der Aufnahme war es draußen extrem stürmisch, sodass man gelegentlich die Windgeräusche im Lüftungsschacht des Badezimmers hören kann. Für die Gruselatmosphäre perfekt!
Während man bei normalen Sprachaufnahmen einen Poppschutz einsetzt, um Windgeräusche bei »explosiven« Konsonanten wie P oder B zu vermeiden, haben wir dem Kunstkopf keinen Windschutz aufgesetzt. Der so hörbare Atem direkt am Ohr sorgt für Gänsehaut.
Diese Folge des dtv Bücherpodcast sollte also unbedingt mit einem Kopfhörer angehört werden, je hochwertiger, desto besser; ideal sind so genannte »offene« Kopfhörersysteme, die den 3D-Effekt am besten zu Geltung bringen.
Wir wünschen viel Spaß und angenehmes Gruseln bei »Die schwarze Katze« von Edgar Allan Poe!
Link ins Web
- Der dtv Bücherpodcast
Jeden Monat ein vertonter Ausschnitt aus einem Buch. produziert vom literaturcafe.de für den Deutschen Taschenbuch Verlag.
Hinweis: Hörfassung nur zum privaten Gebrauch. Kommerzielle Nutzung, Aufführung, Sendung oder Weiterverbreitung nur mit Genehmigung von dtv.de und literaturcafe.de zulässig.
Media-Datei: Herunterladen (Wiedergabedauer: 38:26 — 52.8MB)