StartseiteHörbücherKurzkritik zum ersten ARD-RadioTatort: Ein denkbar schwacher Auftakt

Kurzkritik zum ersten ARD-RadioTatort: Ein denkbar schwacher Auftakt

trotaToidaRDas war sie also, die ersten Folge der neuen ARD-Hörspiel-Serie, die am Abend des 16. Januars 2008 ausgestrahlt wurde. Man hat sich einer »Fernsehmarke« bedient und nennt die akustische Version »RadioTatort«. Doch das ist fast schon die einzige Parallele. Eine weitere ist leider nicht zu hören: Für jede Folge ist wie beim Fernseh-Vorbild abwechselnd eine andere ARD-Sendeanstalt zuständig. Wenn man das anschließend ausgestrahlte selbstbeweihräuchernde Making-Of gehört hat, so gewinnt man einen kleinen Eindruck davon, welche Masse an Gebührengeldern offensichtlich für Recherche und Konzept verprasst wurde. Doch auch das war der ersten Folge nicht anzuhören. Nicht mal die Musik zitierte Doldingers berühmtes Tatort-Motiv.

»Der Emir«, so der Titel der ersten vom WDR produzierten Folge, war unterdurchschnittliche Hörspielkost. Weder inhaltlich noch akustisch konnte sie überzeugen, und der Hörkrimi war nur eines: langweilig. Um sich weltoffen und politisch korrekt zu präsentieren, musste zumindest einer der Ermittler einen arabischen Kulturhintergrund besitzen, was bei Neuproduktionen fast schon öffentlich-rechtlicher Standard und offensichtlich als Beitrag zur Kulturverständigung und Terrorbekämpfung gedacht ist. Die Handlung: Ein verdeckter Ermittler hat keinen Bock mehr auf seinen Job, wird aber dennoch erneut von einer anderen Abteilung eingesetzt, um einen ihm bekannten Großkriminellen zu überführen. Dies gelingt ihm, und er findet den Job in der neuen Einheit wieder toll.

Doch nicht nur die Handlung war platt, auch der Klang der Produktion war nicht mehr zeitgemäß. Alles hörte sich zu sehr nach behäbigem Studio-Kammerspiel als nach zeitgemäßer Krimi-Action an. Kein Wunder, dass die Produktion auf den Kulturkanälen lief, denn neue, jüngere Hörspiel-Hörerkreise gewinnt man mit solch schnöder Krimikost wahrlich nicht. Eine vertane Chance. Man kann nur hoffen, dass die kommenden Produktionen besser werden. Die im Making-Of gespielten Ausschnitte machen jedoch wenig Hoffnung.

Kostenloser Download: Wer sich selbst einen Eindruck vom »Emir« verschaffen will, der kann das Hörspiel als 47 MByte große MP3-Datei noch bis zum 23. Januar 2008 auf der Website der ARD herunterladen.

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7 Kommentare

  1. Könnte wer hämisch mit Finger zeigen und krähen: “Hab ichs nicht gleich gesagt!” Na ja, sowas ist leicht vorauszusagen. Jedes Metier braucht seinen Meister! Radio und TV unterscheiden sich so, wie sichs gehört, und das hört man dann eben. Nur mal eben vom TV-Stoff die Bilder abschneiden, spart Bilder und Personal und … Qualität. Das ist nun mal das Prinzip der Kostenreduzierung und Gewinnmaximierung: strukturelle, inhaltliche und qualiutative Verflachung. Ist so sicher wie die nächste Eiszeit.

  2. Inhaltlich eher Durchschnitt – richtig. Produktionstechnisch – was den Sound angeht – aber weit besser als die meisten auf dem Markt erhältlichen Hörbücher/Hörspiele.

    Insofern kann ich dem Schreiber dieses Beitrags nicht zustimmen. Akustische Elemente und deren Einsatz gehören zum Inhalt und nicht zum Klang. Der Klang war jedoch hervorragend – da machen sich die Gebühren und deren Einsatz in die technische Ausstattung und das Personal doch wenigstens ‘mal bezahlt und das Hören wird – zumindest vom tontechnischen Standpunkt aus gesehen – zum Genuß.

    Anderes Thema: Warum wird das Ganze nicht zeitgemäß als Podcast angeboten? Nur ein schnöder Download auf der radiotatort-Website ohne RSS-Feed und der Download auch noch zeitlich auf eine Woche begrenzt – das kann’s doch im Online-Zeitalter mit zusätzlichen Gebühren für “neuartige Empfangsgeräte” – sprich: PCs u.ä. nicht sein. Stattdessen soll das Ganze auf CD von einem Hörbuchverlag ausgewertet werden. Ist das der neue öffentlich-rechtliche Auftrag? Kassieren an allen Ecken und Enden?

  3. Ich fand die akustische Inszenierung sehr überzeugend, stimme in sofern also A.F. zu. Man lausche beispielsweise einmal den Gesprächen zu dritt. Kein simples links/rechts-Stereo; man hört sogar, dass zwei der Sprecher näher beieinander sitzen, so z.B. wenn zwei Personen auf der einen Seite eines Tisches sitzen, der Dritte im Bunde auf der anderen Seite. Die (akustischen) Räume (Büro, Lokal, Auto, Zimmer des Emirs …) sind deutlich voneinander abgegrenzt.

    Zur Handlung: Vom Hocker gerissen hat sie mich auch nicht gerade, trotzdem ist sie nicht so platt, wie die obige Polemik das Glauben machen will. Der Protagonist ist Deutsch-Araber, somit nicht der Quoten-Migrationshintergründler, wie er spätestens seit der Fernsehserie Alarm für Cobra 11 Standard ist. Die arabische Kultur ist ihm fremd. Er reist nach Ägypten (? kann sein dass es ein anderes Land war), um die Sprache zu lernen und den Koran zu studieren, sich mit der Kultur seines Vaters (!) vertraut zu machen. Das Hörspiel inszeniert diesen Aspekt teilweise nur auf sprachlicher Ebene, was man spätestens hätte erfahren können, wenn man dem sogenannten selbstbeweihräucherndem Making-Of aufmerksam gelauscht hätte. Es ist ein leiser, aber gelungener Beitrag zur Konvertiten-Diskussion. Ach ja, bitte nicht vergessen, auch der Bösewicht ist ein Migrationshintergründler. Hier wird also aus der üblichen Schwarz-Weiß-Malerei (Islam = Islamist) keine Weiß-Schwarz-Malerei (der gute Bulle mit Migrationshintergrund).

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