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Stephen-King-Verfilmung »Der dunkle Turm«: Schon mal besser gesehen

Idris Elba als Roland, der rastlos rumballernde Revolverheld (Foto: Sony Pictures)
Idris Elba als Roland, der rastlos rumballernde Revolverheld (Foto: Sony Pictures)

Acht Bände umfasst Stephen Kings Epos »Der dunkle Turm«. Regisseur und Drehbuchautor Nikolaj Arcel hat daraus ein 95-minütiges Konzentrat erstellt. Beständig beschleicht einen beim Ansehen das Gefühl, dass sich die Pilotfolge einer leicht unterdurchschnittlichen Fernsehserie in den Kinosaal verirrt hat.

Einmal Shining müssen wir leider abziehen

Will man über diesen Film etwas Positives sagen, so könnte man ihn als »solide gemachtes Popcorn-Kino« bezeichnen: Hirn aus und Geballer und Explosionen über sich ergehen lassen wie ein Gesichtspeeling. Wann der Böse besiegbar ist und der Gute überlebt, das bestimmt hier nicht die Logik, sondern die Laune der Drehbuchschreiber. Als Stephen-King-Experte kann man in den 95 Minuten auch das Spiel spielen »Wie viele Anspielungen und Motive auf andere King-Stoffe kann ich entdecken?«: Shining, Die Verurteilten, Es, Cujo, Kinder des Zorns,  Misery, Christine, Dr. Smoke, Shining – Ööök! Einmal Shining müssen wir leider abziehen, das war doppelt. Cameo von King? Fehlanzeige!

Mein Gott, Walter!

»Der dunkle Turm« ist ein kruder Mix aus Fantasy, Western, Horror und Science-fiction. Es gibt keine Liebesgeschichte, dafür aber Männer mit Handfeuerwaffen. Für King-Fans wird der Film zu simpel, platt und FSK12-flauschig umgesetzt sein, und wer die Story nicht kennt, wird davon mehr oder weniger verwirrt sein: Es gibt zwei Parallelwelten, wovon eine die unsrige ist. Doch in der anderen gibt es einen großen schwarzen Turm. Den will der böse Walter einnehmen (Ja, er heißt im Film wirklich Walter!). Hierzu beschießt er ihn mit den Gedanken von Kindern (Fragen Sie nicht!). Wird der Turm getroffen, gibt’s in der hiesigen Welt Erdbeben. Gegen den bösen Walter zieht der gute Roland ins Feld bzw. durch die Wüste (Ja, er heißt wirklich Roland!). Ihm an der Seite steht ein Kind mit Supergedanken, das durch ein Portal in die andere Welt gefallen ist. Am Ende besiegt der Roland mit Hilfe des Kindes den Walter und alles ist wieder gut. Wobei man mit Blick auf eine Fortsetzung hier nie ganz sicher sein kann.

Der Walter (Matthew McConaughey, links) und der Roland (Idris Elba) können sich nicht leiden (Foto: Sony Pictures)
Der Walter (Matthew McConaughey, links) und der Roland (Idris Elba) können sich nicht leiden (Foto: Sony Pictures)

Klingt das bescheuert? Es ist reichlich bescheuert! Nicht nur, dass sich schon King bei seiner Buchfassung bei vielen anderen Werken bedient hat, auch bei der Verfilmung hat man ständig den Eindruck, viele Dinge in anderen Filmen schon besser gesehen zu haben: »Harry Potter« mit der besseren parallelen Zauberwelt, »Matrix« mit der spektakuläreren Schießerei, »Spiel mir das Lied vom Tod« mit den verwegeneren Revolverhelden, »Der Herr der Ringe« mit den ekligeren Orks, »Mad Max« mit dem dekorativeren Schrott in der Wüste, »Sie leben« mit den gruseligeren Typen auf der Straße und – ja, nochmals – »Der Herr der Ringe« mit dem schöneren Turm. Und dann ist da noch dieses sinngemäße »Man zielt nur mit dem Herzen gut«, was wahrscheinlich gar nicht als literarische Anspielung gedacht ist, aber einen dennoch im Kino schmunzeln lässt.

Die Schauspieler sind ok und machen ihre Sache gut, und insbesondere Matthew McConaughey als Walter ist so richtig fein fies.

Besser erst mal reinlesen

Wer sich dem gewagten Genre-Mix etwas behutsamer nähern will, sollte sich besser mal den ersten Band der Buchreihe ansehen. Er ist in diesen Tagen mit dem passenden Filmcover und dem obligatorischen »Jetzt im Kino«-Kleber erschienen. Allerdings nur der erste Band, die anderen sind in der Ausstattung wie gehabt lieferbar. Leider gibt es zum Filmstart keine günstige Sonderausgabe aller Bände gedruckt oder als E-Book, was schön gewesen wäre. Ob’s die Gesamtausgabe dann zur Fernsehserie geben wird?

Den ersten Band des Stephen-King-Epos gibt es in einer Sonderausgabe zum Film (Foto: Tischer)
Den ersten Band des Stephen-King-Epos gibt es in einer Sonderausgabe zum Film (Foto: Tischer)

Am Schluss des Filmes, nachdem der böse Walter besiegt ist, machen sich Roland und sein kindlicher Helfer auf den Weg zurück in die Parallelwelt, um nochmal nach dem Turm zu schauen, denn da war am Anfang des Films noch irgendwas mit einem roten König zu lesen, der in den 95 Minuten nicht zu sehen war.

Und in der Tat, so ist zu hören, wird derzeit schon an einer Fernsehserie gearbeitet. Manchmal kommen sie wieder.

Wolfgang Tischer

Der dunkle Turm (OT: The Dark Tower). USA. Nach dem Romanzyklus von Stephen King. Buch: Akiva Goldsman, Jeff Pinkner, Anders Thomas Jensen und Nikolaj Arcel, Regie: Nikolaj Arcel. Darsteller: Idris Elba, Matthew McConaughey, Tom Taylor. 95 Minuten. Kinostart Deutschland: 10.08.2017. Sony Pictures Entertainment. FSK 12.

Stephen King; Joachim Körber (Übersetzung): Der Dunkle Turm – Schwarz: Roman. Taschenbuch. 2017. Heyne Verlag. ISBN/EAN: 9783453504028. 9,99 €  » Bestellen bei amazon.de Anzeige oder im Buchhandel

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