Warum Twitter bei Verlagen und Buchhandlungen nicht funktionieren wird, das hat literaturcafe.de-Herausgeber Wolfgang Tischer bereits im Februar dieses Jahres im Börsenblatt erläutert. Blickt man auf die Twitter-Feeds der Deutschen Verlagslandschaft, so hat sich dies bewahrheitet: Pressemitteilungen, Uninteressantes, lieblos Abgehacktes und zu viel Selbstreferenzielles sind an der Tagesordnung.
Nur wenige Verlage haben es geschafft, eine eigene Twitter-Identität zu entwickeln und Hinweise in eigener Sache mit interessanten Informationen aus der Branche anzureichern. Als positive Beispiele seien hier @keinundaber und @volandquist genannt. Interessanter wird es dort, wo hinter den Tweets ohnehin erkennbare Einzelpersonen stehen wie @buchmamsell oder @wimbauer.
Seit gestern twittern nun auch die zum Holtzbrinck-Konzern gehörenden S. Fischer Verlage unter der Kennung @Tagesfang. Getwittert wird jeweils nur ein einziger Satz aus einem Buch der Verlage und der Link dorthin. Eine auf den ersten Blick simple Idee, hinter der jedoch viel Potenzial steckt und die bei den Twitter-Nutzern gut ankommt, wie die Zahl der Follower innerhalb kürzester Zeit zeigt.
Wir haben mit Martin Spieles, Leiter Kommunikation bei den S. Fischer Verlagen, über den @Tagesfang gesprochen.
literaturcafe.de: Herr Spieles, wie entstand die Idee zum @Tagesfang?
Martin Spieles: Susanne Halbleib vom Lektorat und meine Pressekollegin Mirjam Zuchtriegel diskutierten mit mir – und plötzlich war die Idee da. Einfach starke Sätze. Und einen Link zum Buch. Das ist alles. Wispernde, knallende, geheimnisvolle Sätze. Das sind doch die Schlüssellöcher, durch die man blicken will und muss. Susanne Halbleib sagte treffend: »Warum arbeiten wir hier in einem Verlag? Es sind doch am Ende vor allem: die wunderbare Sätze!« Stimmt. Und kurz dachten wir darüber nach, unter »Satzfischer« zu twittern, aber das war ja einst eine wunderbare Aktion mit dem literaturcafe.de. Aber »Tagesfang« fanden wir dann auch gut.
literaturcafe.de: Wie erfolgt die technische Umsetzung?
Martin Spieles: Wir stellen’s einfach rein – mehr ist es nicht. Auf die verkürzten Links haben wir übrigens verzichtet, damit man nicht rätseln muss, von welchem Verlag es kommt.
literaturcafe.de: Wer sucht die Sätze aus?
Martin Spieles: Wir suchen gemeinsam aus, diskutieren heftig und haben großen Spaß! Inzwischen machen immer mehr Lektoren mit.
literaturcafe.de: Welches Ziel verfolgen die Fischer Verlage damit?
Martin Spieles: Zunächst einmal: Reiner Enthusiasmus, und wenig Konzept. Sonst macht es keinen Spaß. Aber darüber hinaus: Wir wollen natürlich Erfahrungen machen und sehen, wie es läuft.
literaturcafe.de: Mit dem @Tagesfang setzt Fischer auf ein »automatisiertes« und nicht auf ein persönliches Format. Wie ist Ihre Einschätzung zu »Verlagstwitterern«: kann sowas auf längere Sicht funktionieren? Oder ist es gerade in einem größeren Verlag schwer, eine persönliche Note in die Tweets zu bringen?
Martin Spieles: Da irrt sich der Fragende: Wie gesagt, keine Automatisierung! Die Sätze sind das, was uns beim Lesen anspringt, könnte es etwas Persönlicheres geben?
literaturcafe.de: Herr Spieles, vielen Dank für das Gespräch.
Interview: Wolfgang Tischer
wegen gerade mal 7 Tweets so ein Buzz?
Ach so Fischer , ja, ja…
Mit twi.bz kann man übrigens Links kürzen und muss dennoch nicht auf eine erkennbare URL verzichten.
Bsp. für den Link des letzten Tweets von @tagesfang: http://fischerverlage.de.twi.bz/a
es wird über zuviel Selbstbezug bei den Tweets gejammert – der artikel ist doch selbst voll davon.
Eine sehr schöne Idee und sympathisch, dass die das einfach selbst machen. Andere zahlen dafür Tausende von Euros an Agenturen.
Ganz neu ist die Idee des ersten Satzes allerdings nicht: @buchgezwitscher twittert ebenfalls erste Sätze aus Büchern. Trotzdem eine gute Idee und allemal besser als die ermüdenden Pressemitteilungen von Random House!