Ontario ist literaturnobelpreisgekrönt. Hier lebt Alice Munro. Und ihre nach Meinung vieler Kritiker beste Geschichte trägt den Namen der Hauptstadt im Titel: Das Tal von Ottawa. Wohlgemerkt: Ottawa ist die Hauptstadt Kanadas, während die Provinzhauptstadt Ontarios Toronto ist.
Eine Winterreise nach Ottawa ist lohnenswert, denn fast hat man den Eindruck, dass man hier mehr erleben kann als im Sommer. Ein paar Tipps aus erster Hand.
Absteigen solle man natürlich im Fairmont Château Laurier. Es ist das erste Haus am Platz und ein schlossartiges Gebäude, das Geschichte atmet. Morgens früh im Bademantel mit dem Fahrstuhl nach unten zum Art-déco-Hotelpool zu fahren, das hat schon was. Vorteil des Winterbesuches: Auch als normaler Mensch kann man sich hier ein Zimmer leisten. Während das Doppelzimmer im Sommer schon mal über 350 Euro pro Nacht kostet, kann man hier im Winter bereits ein Doppelzimmer für 150 Euro bekommen. Zudem steht man mitten in der Stadt, wenn man das Fairmont Château Laurier verlässt und viele Attraktionen sind zu Fuß erreichbar.
Das Parlamentsgebäude liegt gleich nebenan. Um die wunderbare und fast sakral wirkende Bibliothek zu besichtigen, nimmt man einfach an einer kostenlosen Führung durch den Mittelteil des Gebäudes teil. Als einziger Gebäudeteil hat die Bibliothek den Brand des Parlaments 1916 überstanden. Vom Freiheitsturm hat man einen unvergleichlichen Blick auf die Stadt.
Auch die Attraktionen des Winterlude sind in er Regel kostenfrei – von einigen speziellen Events abgesehen. Die Veranstaltung wird von staatlicher Seite aus organisiert. Im kommenden Jahr finden sie vom 3. bis zum 20. Februar 2017 statt.
Ein Gebiet mit Konzertbühne und den Eisskulpturen ist in fünf Minuten vom Hotel aus erreichbar. Das andere mit den gewaltigen Eisrutschen liegt jenseits des Ottawa-Flusses, der Ontario und Quebec trennt. Dorthin kann man mit dem kostenlosen »Snow-Bus« fahren, doch auch hier ist es empfehlenswert, zu Fuß über die Alexandra-Brücke zu laufen, um das Stadtpanorama zu genießen. Spätestens von hier aus sieht man, dass der Parlamentshügel wirklich ein Hügel ist.
Und wenn man dann schon mal drüben in Quebec ist, kann man ins Canadian Museum of History reinschauen. Hier erfährt man alles über die Geschichte Kanadas. Die schiffsartige, riesige Eingangshalle mit ihren original Totempfählen ist beeindruckend. Der politisch korrekte Mensch spricht hier übrigens von »First Nation«, wenn er die Ureinwohner meint. Selbst wer keine Kinder hat, sollte einen Blick in das »Kindermuseum« werfen. Was man hier museumspädagogisch für den Nachwuchs auffährt, ist beeindruckend – daher ist es dort gerade am Wochenende voll und laut.
Auch die im Video gezeigte Buchhandlung Perfect Books und das Antiquariat McGahern sind gut zu Fuß erreichbar. Perfect Books lohnt definitiv einen Besuch. Nehmen Sie sich Zeit und lassen Sie sich vom netten und belesenen Personal beraten. Überhaupt: Gehen Sie in Kanadas Hauptstadt offen und freundlich auf die Menschen zu, denn das hier ist nicht das oftmals muffelige Deutschland. Man liebt hier den Smalltalk, und selbst an der Kasse der Shopping-Mall ist dafür noch Zeit.
Wer in Kanada mobiles Internet benötigt, sollte sich vor Ort eine Prepaid-Karte kaufen. Ich habe das bei Fido getan und hatte die ganze Zeit ein perfektes LTE-Netz, selbst in Dawson, oben im Yukon. Gezahlt habe ich fürs mobile Surfen, Mailen und Twittern keine zwölf Dollar für eine gute Woche.
Wer weitere literarische Orte – nicht nur in Ottawa – aufsuchen will, dem sei die Website literarytourist.com empfohlen. Der Gründer der Website, Nigel Beale, lebt in Ottawa. Einfach den Suchbegriff »Ottawa« eingeben. [Aktueller Nachtrag: Leider ist literarytourist.com seit Mitte 2016 nicht mehr online. Autor Nigel Beale ist ggf. über seine Website erreichbar.]
Wer im Frühjahr in die kanadische Hauptstadt kommt, der kann das Versefest besuchen. Bei diesem Literaturfestival treten sowohl nationale als auch internationale Autorinnen und Autoren auf (15. bis 20. März 2016).
Ebenfalls viele nationale und internationale Autoren bringt das Ottawa International Writers Festival in die Hauptstadt.
Das Schlittschuhlaufen auf dem Rideau-Kanal ist ein Muss! Für 18 Dollar kann man sich bei Kilometer 0 gleich hinter dem Winterlude-Gebiet Schlittschuhe ausleihen. Fürs Bezahlen sollte man eine Kreditkarte mitnehmen, da diese auch die Kaution ersetzt. Ansonsten muss man Führerschein, Personalausweis oder Reisepass hinterlegen. Am besten nimmt man einen Rucksack mit, in den man auf dem Eis seine Straßenschuhe stopft. Den aktuellen Eiszustand zeigt eine Website und es gibt dafür sogar eine App. Es lohnt sich, die Zwischenstationen der Sponsoren anzulaufen, denn dort gibt es heißen Tee oder Halswärmer geschenkt.
Eine Mütze mit Ohrenklappen ist auf jeden Fall angeraten. Bei Minusgraden wird eine einfache Strickmütze nicht reichen, flauschiges Flanell ist besser.
Das Erstaunlichste, was mir als Brillenträger zunächst gar nicht auffiel: Wenn man hier bei -30 Grad eine Buchhandlung betritt, kann man sich die Bücher sofort ansehen, denn die Brille läuft überhaupt nicht an, wenn man den Laden betritt! Die Luft ist dazu viel zu trocken.
Und da der Mensch weder vom Brot und Buch alleine lebt, ein kulinarischer Tipp am Schluss: Wer in Kanada nicht nur Steak und Burger essen möchte, der sollte sich einen Tisch im Sidedoor reservieren. Hier fusioniert die einheimische Küche mit Taccos und asiatischem Essen. Eine ungewöhnliche Kombination, die ausgezeichnet schmeckt. Zudem sind viele Gerichte vegetarisch. Statt der Hauptgerichte ist es durchaus eine Empfehlung, sich eine Reihe von Vorspeisen kommen zu lassen, um anschließend gleich zu den leckeren Mini-Donuts überzugehen.
Wolfgang Tischer
Sie warten auf das nächste Video aus Kanada? Hier ist es: Die Reise zu Jack London in den Yukon.