Wellers Wahre Worte am Café Tisch
Januar 2001 - Die monatliche Kolumne von Wilhelm Weller


Odyssee im Zeitraum: Das war 2001!
Ein vereinter Rückblick von Autor und treuestem Leser auf das neue Jahr
Wilhelm Weller


Unbedingte Treue zu Wahrheit und Tugend sind sicher das hervorstechendste Charakteristikum dieser Kolumne. Dies allein garantiert eine Ausnahmestellung in einer sonst dekadenten Blätterlandschaft, sei sie reell oder virtuell.
     In aller Bescheidenheit ist auch festzuhalten, dass unsere »Wahren Worte« darüberhinaus zu den innovativsten literarisch – publizistischen Projekten der Post-Moderne zählen.
     Pünktlich zu Jahresbeginn soll nun ein weiterer Versuch gewagt werden, tradiert-etablierte Lese- und Schreibgewohnheiten zu überwinden.

Worum geht es?
     1972 wurde im Betriebsverfassungsgesetz die betriebliche Mitbestimmung für die private Wirtschaft neu geregelt bzw. umfassend eingeführt.
     Mehr Demokratie wagen, auch im Verhältnis zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern, dies war seinerzeit Devise.
     Sollte Gleiches nicht auch im Verhältnis zwischen Kulturgebern und Kulturnehmer gelten?
     Erstaunlich, dass gerade den Kulturschaffenden dieser Gedanke fremd blieb – soweit es die eigene, offenbar erhabene Kreativsphäre angeht.
     Gewiß, Joseph Beuys proklamierte und lebte vor: »Jeder Mensch ist ein Künstler.«
     Eine Mitwirkung des Rezipienten am eigenen Schaffen, dies ging dem sonst so avantgardistisch eingestellten und 1986 verschiedenen Lebenskünstler jedoch zu weit.
     Auch er wollte sich nicht in das eigene Handwerk »pfuschen« lassen.

Nun, zahlreiche mir zugegangene Briefe zeigen, dass unsere Leser sehr wohl auf hohem gedanklichen und sprachlichen Niveau mitzudenken und mitzuwirken bereit sind.
     Daher soll erstmals an dieser Stelle ein Thema dialogisch entwickelt werden – im kreativen, synergetischen Gespräch zwischen Autor und Rezipient.
     Als Thema wurde vorgegeben: 2001 – Odyssee im Zeitraum (Der gebildete Leser wird und soll hierbei natürlich an Stanley Kubricks kongenialen ähnlichnamigen Film denken).
     Als mitwirkender Rezipient wurde Herr H. ausgewählt, der sich zuvor durch treffliche, wenn auch etwas polemische eMails immer wieder beim Autor ins Gedächtnis gerufen hatte.
     Hocherfreut griff Herr H. das Angebot auf, dem verehrten Autor endlich leibhaftig begegnen zu können und – nach langer Reise - in dessen Domizil die aktuellen Wahren Worte erstmals dialogisch mitzubestimmen.
     Da sich die wahre Identität des Herrn H. im Verlauf des per Tonbandmitschnitt protokollierten lautstarken Gesprächs als zumindest zweifelhaft erwies, wird er im Folgenden durch das Akronym HH angemessen pseudonymisiert.

HH: Wieso der Titel: Das war 2001? Müsste es nicht richtig heißen: So wird 2001?

WW: Lieber Herr H! Behelligen Sie mich nicht mit derart substanzlosen Einwänden. Entscheidend ist doch: man muss seiner Zeit voraus sein. Interessiert es Sie etwa im Ernst, was ich rückblickend über das Jahr 2000 zu erzählen hätte?

HH: Nein.

WW: Na also, daher berichte ich vom Jahr 2001. Wissen Sie überhaupt, was ich weiß? Ich sage nur Wurmloch und Zeitreise. Sie sehen mich gerade zurück aus der Zukunft.

HH: Das ist doch alles Blödsinn. Ich will Fakten hören! Ich zum Beispiel hatte vor zwei Wochen eine Audienz beim Papst. Das war mein Highlight in 2000.

WW: Ach ja. Und Sie heißen Haider und hatten für den Petersplatz einen Christbaum aus Kärnten im Gepäck.

HH: Ja, genau.

WW: Warum sehen Sie dann aus wie Dirk Bach und sprechen Kölner Dialekt? Mann, Sie lügen doch wie gedruckt!

HH: Ach ja, und Sie sagen immer die Wahrheit. Wahre Worte! Dass ich nicht lache.

WW: Lachen Sie nur. Warum lesen Sie mich überhaupt?

HH: Weiß ich nicht, keine Ahnung, einfach nur so.

WW: Einfach nur so. So So. Das erfreut den Autor!

HH: Warum sonst sollte ich Sie lesen - außer nur so?

WW: Um tiefere Einsichten zu erlangen. Wahrheit, Weisheit, Erleuchtung - zum Beispiel.

HH: Ha. Ha. Ha.

WW: Wahrheit! Weisheit! Erleuchtung!

HH: Ha! Ha! Ha!

WW: Ha Ha Hau den Lukas. Sehen Sie, was ich hier in der Hand halte? Noch ein Ha Ha und ich schieße Sie über den Ha Ha Haufen!

HH: Ok, ok  Mann, regen Sie sich nicht auf. War doch nicht so gemeint.

WW: Also noch mal. Warum lesen Sie mich? Wa....

HH: Wahrheit.

WW: Weiter.

HH: Weisheit und Erleuchtung.

WW: Das klingt schon besser. Und jetzt wollen Sie sicher auch wissen, was 2001 war.

HH: Könnten Sie vorher das Maschinengewehr aus der Hand nehmen? Ich bekomme Konzentrationprobleme.

WW: Pech für Sie. Erst erzähle ich, was 2001 war: Ein spannendes Jahr. Wer hätte geahnt, dass die Trennung zwischen Babs und Boris Becker einen derart dramatischen Verlauf nehmen würde.

HH: So, so. Hat Boris Babs etwa erschlagen?

WW: Gut geraten! Der Kandidat bekommt 1000 Punkte. Nun die Preisfrage: Was war das Tatwerkzeug?

HH: Ein Pokal?

WW: Schade, schade! Nein, das gibt 500 Punkte Abzug. Die richtige Antwort lautet: Boris schlug mit seinem legendären Racket vom Kaliber Wimbledon-86 zu; eine saubere Vorhand.

HH: Mein Gott, grässlich, das ist ja Pulp Fiction! Und was wurde aus Boris Becker?

WW: Der sitzt seit November 2001 in einer Todeszelle in Florida und hofft, dass er von Bush begnadigt wird.

HH: Ha Ha Ha …….Halt! Nicht schie…..

Es grüßt alle übrigen Leser
     Ihr Wilhelm Weller

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