Reich und berühmt durch einen Literaturpreis?

Der Friedrich-Glauser-Preis gilt als renomiertester Literaturpreis im deutschsprachigen Krimi-Genre und wird ehrfurchtsvoll als »Oscar des Krimis« bezeichnet. Wir wollten von den beiden Autoren und Gewinnern Nessa Altura und Hartmut Mechtel wissen, ob dieser Preis ihr Leben verändert hat.

Gewonnen: Ein Spielkoffer voller Geld (Foto: Nessa Altura)
Zur Erinnerung an ihren »Schutzpatron« verleiht das SYNDIKAT, die Vereinigung deutschsprachiger Krimischriftsteller, jedes Jahr im Rahmen der CRIMINALE den GLAUSER-Autorenpreis deutsche Kriminalliteratur.
     Dotiert ist der Preis mit 5.000 Euro in kleinen, nicht fortlaufend numerierten Scheinen, für den besten deutschsprachigen Kriminalroman des vergangenen Jahres, sowie einen »Ehrenglauser« für das Gesamtschaffen einer Person, die sich in besonderem Maße um den deutschen Kriminalroman verdient gemacht hat. Der »Ehrenglauser« ist nicht dotiert und wird in Form einer Bronzefigur des »Wachtmeister Studer« vergeben.
     Seit 2002 wird der GLAUSER auch den Sparten DEBUTROMAN (dotiert mit 1500 Euro) und KRIMINALSTORY (dotiert mit 1000 Euro) verliehen. Darüber hinaus vergibt das SYNDIKAT den nach dem Autor Hansjörg Martin benannten MARTIN für den besten Kinder- und Jugendkrimi. Der MARTIN ist mit 2500 Euro dotiert.
     Mehr zum Schweizer Schriftsteller Friedrich Glauser, nach dem der Preis benannt wurde, finden Sie unter www.friedrichglauser.de

Das Literatur-Café: Sie haben beide einen Glauser-Preis bekommen. Wann war das?

Nessa Altura: Ich habe den allerersten Kurzkrimipreis bekommen, letztes Jahr für »Der Burschl aus Tirol«, eine tragikomische Kurzgeschichte.

Hartmut Mechtel: Ich war 1997 Romanpreisträger - für »Der unsichtbare Zweite«, den ersten Band der Parr-Trilogie.

Das Literatur-Café: Trilogie? Worum geht es darin?

Hartmut Mechtel: Der zweite Band heißt »Das Netz der Schatten« und der dritte »Die Spitze des Kreises«. Es geht darin um einen Mann Mitte 40, der glaubt, seine Identität verloren zu haben - bis er feststellt, dass er keine hatte (außer dem erbärmlich langweiligen Bissel, das sich in einem normalen Leben oder Hirn so abspielt). Er wähnt sich als Opfer einer Weltverschwörung, da Geheimdienste hinter ihm her sind und links und rechts am Wegesrand die Leichen purzeln. Das Buch überprüft (soweit dies in einem ziemlich aktionsreichen Thriller möglich ist) auch deutsch-deutsche Befindlichkeiten.

Das Literatur-Café: Warum nennt man gerade den Glauser den »Oscar« der deutschen Literaturpreise?

Nessa Altura: Es ist ja ein Preis von Autoren für Autoren, also von Kollegen zu Kollegen, wie dies auch beim Oscar der Fall ist. Kritischer und zugleich sachkundiger geht's wirklich nicht.

Hartmut Mechtel: Den Friedrich-Glauser-Preis macht nicht nur die Dotierung von immerhin 5.000 Euro so wertvoll, sondern vor allem die Tatsache, dass die Jury - im Unterschied zu den Verleihern aller anderen Krimipreise - tatsächlich jedes Buch mindestens anliest. Bei den anderen Jurys ist es möglich, dass ein Werk, das in einem Kleinverlag erschienen ist, übersehen wird.

Das Literatur-Café: Hat der Preis für Ihre Karriere irgendetwas bewirkt?

Hartmut Mechtel: Eher nein. Zumindest nicht viel Positives.

Nessa Altura: Das sehe ich anders. Da ich ja hauptsächlich Kurzgeschichten veröffentliche, kann ich mich bei den Verlagen natürlich - mit einem solchen Preis am Revers - ganz anders vorstellen.

Hartmut Mechtel: Ich muss da weiter ausholen: Nach Verleihung des Preises ereilte mich eine Schreibblockade. Ich dachte, nun wartet die Welt auf ein großartiges Werk von mir. Als mir klar wurde, dass die Welt nicht wartete, weil sie von meiner Existenz immer noch nichts wusste, motivierte mich das auch nicht gerade. Als die Blockade überwunden war, hatte ich dann aber nie Mühe, Verlage für meine Texte zu interessieren; das mag auch am Glauser liegen.

Nessa Altura: Mich hat's kräftig motiviert, besonders auch im Anschluss an den Preis die Mitwirkung in der nächsten Jury - da habe ich über achtzig Kurzgeschichten von Kollegen und Kolleginnen gelesen und herausgefunden, dass meine eigenen gut mithalten können. Jetzt, in diesem Augenblick, kommen neue heraus: Nacht über Oberstdorf heißt das Taschenbuch, in dem kriminelle, ungeheuerliche, komische und erotische Kurzgeschichten versammelt sind, die allesamt in den Allgäuer Bergen und im Kleinwalsertal spielen. Ein Buch, das viel Spaß gemacht hat und sich bestens zur Ferienlektüre eignet.

Hartmut Mechtel: Ich wünsche dir viele Leser.

Das Literatur-Café: Den Wünschen schließen wir uns natürlich an. Was gibt es Neues bei Ihnen, Herr Mechtel?

Hartmut Mechtel: Gerade habe ich einen historischen Kriminalroman beendet, den der Verlag Der Tod lauert in Danzig genannt hat; er wird in den nächsten Wochen erscheinen und spielt 1626 - in einer Zeit, da die Deutschen ein Wort aus dem Italienischen übernahmen, um einen hierzulande neuen Sachverhalt bezeichnen zu können: Spion.

Das Literatur-Café: Was werden Sie als Nächstes machen?

Hartmut Mechtel: Durch Südamerika reisen, Kraft schöpfen und Eindrücke sammeln. Mir gehen ein paar Ideen für historische Stoffe durch den Kopf, aber vielleicht mache ich's auch wie Altmeister -ky und schreibe meine Memoiren.

Nessa Altura: Ich arbeite an einer Strandnovelle - ein kleiner Roman über eine leichtsinnige junge Italienerin, die sich Freizügigkeiten herausnimmt, die sie später um Kopf und Kragen bringen werden.

Das Literatur-Café: Frau Altura, Herr Mechtel, wir danken Ihnen für das Gespräch und wünschen Ihnen weiterhin viel Erfolg.

Der Glauser und seine Gewinner - Ein Überblick
Jahr

Criminale in

Friedrich-Glauser-Preisträger
(bis 2001 nur in der Sparte: bester Kriminalroman)

Ehrenpreis
(für ein Lebenswerk)

1987

Hamburg

Sam Jaun, Die Brandnacht

Richard K. Flesch

1988

Gladbeck

Jürgen Alberts, Landru

Jörg Fauser (postum)

1989

Berlin

Bernhard Schlink, Die gordische Schleife

Hansjörg Martin

1990

Moers

Heinz Werner Höber, Nun komm ich als Richter

Heinz Werner Höber

1991

Bremen

Jürgen Breest, Schade, dass du ein Miststück bist

Jürgen Roland

1992

Dobris/Prag

Edith Kneifl, Zwischen zwei Nächten

Horst Bosetzky (-ky)

1993

Köln

Martin Grzimek, Feuerfalter

Friedhelm Werremeier

1994

Gelsenkirchen

Ingrid Noll, Die Apothekerin

Tom Wittgen

1995

Potsdam

Peter Paul Zahl, Der schöne Mann

Herbert Reinecker

1996

Gießen

H.P. Karr/Walter Wehner, Rattensommer

Peter Zeindler

1997

Jever

Hartmut Mechtel, Der unsichtbare Zweite

Richard Hey

1998

Berlin

Robert Hültner, Die Godin

Michael Molsner

1999

Daun

Alfred Komarek, Polt muss weinen

Felix Huby

2000

Essen

Uta-Maria Heim, Engelchens Ende

Doris Gercke

2001

Mosbach

Horst Eckert, Die Zwillingsfalle

Fred Breinersdorfer

2002

München

Thomas Glavinic, Der Kameramörder  (Roman), Christoph Spielberg, Die russische Spende (Debüt), Nessa Altura (Kurzgeschichte)

Gerhard Neumann

2003

Westerwald

Bernhard Jaumann, Saltimbocca (Roman), Richard Birkefeld/Göran Hachmeister, Wer übrig bleibt, hat recht (Debüt), Gunter Gerlach (Kurzgeschichte)

Jacques Berndorf

2004

Niederrhein

Gabriele Wolff, Das dritte Zimmer (Roman), Norbert Horst, Leichensache (Debüt), Carmen Korn, Unter Partisanen (Kurzgeschichte) Alfred Miersch

2005

Hochsauerlandkreis

Hansjörg Schneider, Hunkeler macht Sachen(Roman). Stefan Slupetzky, Der Fall des Lemming (Debut). Gunter Gerlach, Die Hochzeit in Vörde (Story). Sabine Ludwig: Die Nacht, in der Mr. Singh verschwand (Jugendkrimi/Hansjörg-Martin-Preis)   Ingrid Noll

2006

Koblenz

Astrid Paprotta, Die Höhle der Löwin (Roman). Leonie Swann, Glennkill (Debut), Jürgen Ehlers, Weltspartag in Hamminkeln (Story).  Jürgen Banscherus, Die Reihe Ein Fall für Kwiatkowski (Jugendkrimi/Hansjörg-Martin-Preis)   Prof. Dr. Edgar Marsch

2007

Deutschen Weinstraße

   

2008

Wien

   

2009

Singen

   

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02.07.2003


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