StartseiteAlmtraumFolge 25 vom 26. April 2007

Folge 25 vom 26. April 2007

Am nächsten Morgen schreckte mich heftiges Klingeln aus dem Bett. Ich warf mir den Bademantel über und stolperte benommen zur Wohnungstür. Vor der Tür stand der Briefträger, in der dritten Etage – ein Wunschtraum war in Erfüllung gegangen!

»Grüß Gott«, sagte er und las mir fragend meinen Namen vor.

»Das bin ich«, bestätigte ich und nahm ihm den Einschreibebrief ungefragt aus der Hand. Von meiner Mutter. Ich hatte keinen blassen Schimmer, was zwischen Mutter und mir wichtig genug für eine solche Förmlichkeit sein könnte. Ich riss den Umschlag auf und zog den Brief heraus.

Mein lieber Junge!

Nachdem Du mir am Telefon von der Trennung mit Pia erzählt hast und nun so schnell keine Aussicht auf eine Heirat besteht, habe ich mich entschlossen, Dir das Geschenk Deines verstorbenen Großvaters auszuzahlen. Er hatte Dir das Geld für Deine Hochzeit zugedacht. Du bist ja inzwischen in dem Alter, wo andere schon die Scheidung hinter sich gebracht haben. Mir ist es aber so herum lieber, auch wenn ich die Sorge um Dich endlich in liebevolle jüngere Hände legen würde. Ewig werde ich nicht leben, um für Dich da zu sein.

Der Briefträger bückte sich und hob ein kleines Stück Papier auf. »Bitt’ schön, der Herr«, sagte er und reichte mir den Scheck, den ich mit dem Schreiben meiner Mutter aus dem Kuvert gezogen hatte.

Zweitausendfünfhundert Euro!

»Hier brauch’ ich noch eine Unterschrift.« Ich kritzelte meinen Namen.

Der Briefträger tippte mit dem Zeigefinger irgendwo zwischen Auge und Ohr und wünschte einen schönen Tag.

»Ja, ja«, antwortete ich abwesend.

Den Anruf bei Mutter verschob ich auf die Abendstunden mit dem günstigeren Tarif. Eine halbe Stunde später verließ ich das Haus im Eilschritt. Die Filiale der Sparkasse, bei der ich in Erwartung der Tantiemen ein Konto unterhielt, lag zwei Straßenecken entfernt und damit nah genug, um meine Ungeduld bis dorthin zu zügeln. Ich übergab den Scheck einem Angestellten und bat um Auszahlung von fünfhundert Euro. Der Angestellte schaute skeptisch, immerhin konnte er den Scheck nur Eingang vorbehalten gutschreiben, wie er mir sagte, und die Sparkasse kannte mich nicht als guten Kunden, denn weder hatte ich viel Geld noch einen Haufen Schulden, ich war immer nur knapp bei Kasse. Von meiner Mutter, fühlte ich mich verpflichtet zu erwähnen, während der Angestellte den Zahlungsbeleg ausstellte. Ich bekam auf diese Erklärung keine Antwort und ärgerte mich über meine Unsicherheit. In diesem Schalterraum war ich ebenfalls unbedeutend.

Ob ich das Geld in einen Urlaub investieren sollte? Mal ausspannen, das Gehirn frei machen … Der Angestellte zählte flink das Bargeld vor mir ab.