»Man merkt, dass Sie sich selbst versorgen müssen«, sagte sie, während sie eine Zwiebel zerteilte. »Kochen ist für Sie kein Problem. Warum haben Sie nicht geheiratet?« Sie gab die Zwiebelstücke in die Pfanne.
»Wo ist der Zusammenhang?«
Bettina betupfte mit dem Trockentuch ihre Augen. »Ich hätte fragen sollen, warum Sie nicht geheiratet worden sind. Als Mann sind Sie eine ideale Partie.«
Ihm fielen zu diesem Thema keine konkreten Vorkommnisse aus seinem Lebenslauf ein. Sobald er versuchte, sich zu bewusst zu erinnern, blieb sein Kopf leer. Er öffnete ein Glas mit süß-saurer Soße und goss den Inhalt in die Pfanne. »Sie haben merkwürdig konservative Einstellungen zur Partnerschaft.«
»Ich streiche das Wort merkwürdig.« Bettina verrührte die Soße mit einem Holzlöffel. »Einen Mann zu haben bedeutet verheiratet zu sein, war meine Vorstellung als junges Mädchen.«
»Und heute?« Stefan holte eine Schüssel aus dem Schrank und stellte sie an den Rand der Herdplatte. Mit einer Gabel fischte er einen Reisbeutel aus dem Wasser.
»Eine Beziehung bedeutet, eine Verpflichtung dem anderen gegenüber einzugehen.«
»Die Sie scheuen?«
Der Reisbeutel plumpste halb geöffnet in die Schüssel. Stefan wedelte mit den Fingern der rechten Hand und steckte Daumen und Zeigefinger in den Mund.
»Das Thema ist zu heiß für Sie.« Bettina nahm die Pfanne vom Herd und stellte sie auf ein Holzbrettchen auf den Tisch. »Bringen Sie einen Löffel mit«, rief sie ihm zu.
Er brachte die Schüssel mit dem Reis und drückte ihr den Löffel in die Hand. Das Austeilen der Fleischbeilage besorgte er selbst. »Und bei Ihnen? Wie war das eigentlich mit Ihren heißen Beziehungen?«
Bettina lehnte sich mit dem Rücken an die Wand. »Nicht so viel Fleisch«, wehrte sie mit ausgestreckten Armen ab.
»Also mehr platonisch.«
Bettina lachte. »Man könnte fast meinen, dass Sie … Aber nein, reden wir von Ihren Besteigungen. Ich gebe zu, es ist mein derzeitiges Lieblingsthema.«
»Sprechen wir noch über Beziehungen oder haben wir das Thema gewechselt?«
Bettina setzte zu einer heftigen Antwort an, besann sich aber. »Schlüpfrigkeiten passen nicht zu Ihnen. Ich nehme sie Ihnen jedenfalls nicht ab.«
»Ich bin mehr der ernste, nachdenkliche Typ?« fragte er.
»Sie haben wie jedermann eine Fassade. Ich habe eine Vermutung über das, was dahinter steckt.«
»Nun: Was sehen Sie?«
»Nichts. Ich ahne und empfinde. Sie sind nicht albern, doch mächtig aufgeheitert vom Girpitsch, nicht wahr? Sie verehren diese Alm geradezu, das ist nicht schwer zu erkennen.«
Stefan nickte. Über den wahren Grund, warum er so aufgedreht war, wollte er sie nicht aufklären; nicht den letzten Rest des Scheins verlieren, dass er noch Herr der Situation war.
»Würden Sie morgen mit mir auf den Priacher gehen? Ich meine, wenn das Wetter gut bleibt«, fügte sie hastig hinzu.
Es gab keine Ofenklappe, die er angrinsen konnte, nur die Zeit, die er brauchte, um das Stück Schweinefleisch von der Gabel in den Mund zu schieben. Nicht wieder mit halbvollem Mund sprechen, mahnte er sich und war dankbar für die Sekunden, die ihm die Etikette schenkte. Trotzdem kaute er schneller, weil er die Zustimmung loswerden wollte, bevor sie es sich anders überlegte. Im Schlucken nickte er und sagte: »Selbstverständlich«, und dann redete und erzählte er von den Aufstiegen auf den Priacher und die Karner Kalkspitze, auch von den Begebenheiten, die er auf dem Girpitsch ausgelassen hatte.
Bettina unterbrach ihn nicht, was Stefan als in seinem Redefluss baden empfand. Trotzdem hatte er den Eindruck, dass sie sich nebenbei mit eigenen Gedanken beschäftigte.
Nach dem Essen bat sie, die Schreibmaschine benutzen zu dürfen. Stefan überließ ihr den Wohnraum und setzte sich mit einem Buch und einer Flasche Bier auf die Bank neben der Eingangstür.