»Schreiben in der Blogosphäre – Der literarische Alltag im Internet« so lautete der Titel einer halbstündigen Sendung, die am 22. Januar 2008 um 19:30 Uhr im Deutschlandradio Kultur zu hören war. Der Radio-Beitrag von Ralph Gerstenberg über bloggende Schriftsteller war überaus gelungen. Gerstenberg ließ die Autorinnen und Autoren selbst zu Wort kommen und hielt sich mit der Bewertung des Gesagten angenehm zurück. Man merkte, dass der Beitrag von jemandem erstellt war, der sich mit der Materie auskennt und die porträtierten Schriftsteller und ihre Beiträge im Web schon länger verfolgt. Erfreulich auch, dass nicht – wie sonst meist der Fall – die üblichen Web-2.0-Selbstdarsteller für die Interviews ausgesucht wurden, sondern überwiegend gestandene Literatinnen und Literaten, die meist schon seit Jahren bloggen. So beispielsweise die bei diesem Thema oft vergessene Else Buschheuer, die bereits täglich Texte ins Netz stellte, als es noch gar keine Weblogs gab, sondern das Ganze schlicht »Internet-Tagebuch« genannt wurde. Auch Alban Nikolai Herbst mit »Die Dschungel. Anderswelt.« kam zu Wort. Und ebenfalls die vom literaturcafe.de für den Hanser Verlag produzierten Podcasts mit Thomas Glavinic und Arno Geiger waren Thema.
Die Schriftsteller warfen im Beitrag einen angenehm realistischen und selbstkritischen Blick auf das Bloggen. Ein Thema war beispielsweise der Umgang mit Kritik und Kommentaren. Else Buschheuer: »Ich halte nichts davon. Ich halte das für Netzschmarotzertum. Ich hab’s mal kurz gemacht nach dem 11.09. in New York. Da hatte ich eine Kommentarfunktion. Da haben sich dann diese üblichen, sich eitel spreizenden Kommentatoren breit gemacht, die überall sind, auf allen Kommentarfunktionen."
Schön auch wie Thomas Kapielski beschreibt, wie er zum Bloggen kam: »Dann hab ick erstmal gesagt: Wat is ditte denn? Was ist das denn? Block? Blockwart oder was? Dann kamen die sogar, der Chef und so ’n Großlektor, die kamen zu mir nach Hause und haben mir das angeboten.«
Leider steht der Beitrag auf der Website des D-Radios nicht zum Nachhören als Download im MP3-Format zur Verfügung, jedoch ist das komplette Sendemanuskript dort nachzulesen (pdf- und txt-Format). Die Lektüre lohnt sich!
Schade, dass ausgerechnet diese Sendung noch nicht als Audiodatei bereitgestellt wurde, wo sich DRadio Kultur doch sonst als so fortschrittlich zeigt. Ein Tondokument wäre mir viel lieber gewesen als nur das etwas fade Manuskript.
Leider übersieht der Text, dass außer den gestandenen, auch eine junge Autorin vorgestellt und befragt wurde. Greta Granderath, die für http://www.reality-live.de schreibt. Ein literarischer blog der S³ LiteraturWerke, des TIP Stadtmagazins und der Lettrétage in Berlin. Spannend, zumal sich einige der Punkte, die die gestandenen AutorInnen formulieren, mit denen der jungen berühren. Ein blog, der nicht von außen in die Literatur hineinpiekt, und eine Literatur, die sich an neuen Arten der Fortbewegung (und sei es im achsoschlimmen 2.0) versucht.
Sicher:
Kapielski ist sehr sympathisch, ohne Zweifel!
und die Senudng durchaus gelungen…
Wie fremd ist Schriftstellern doch der Gedanke geworden, nur um des Schreibens Willen zu schreiben.
woher wissen sie das, herr rawel?
sind sie die schriftsteller, oder kennen sie einfach alle?
@Claudia Schaffrath: Muß Frank Rawel Schriftsteller sein, um wahrzunehmen? In Allen Medien, auf allen Kanälen toben mehr als genug selbstrefferentielle Schreiberlinge, deren Botschaft mit drei Buchstaben zu Ende erzählt ist: ICH. Muß einen Grund haben, daß bei 900.000 Manuskripten p.a. im Rohr gerade einmal 90.000 Neuerscheinungen einschließlich der Wissenschaftspublikationen den Markt bevölkern. Von der Zahl dürfte auch noch die Hälfte überflüssiges Zeug sein . Ein Thema um des Gegenstandes Willen zu erarbeiten, ist eben Arbeit. Klar ist Schreiben immer bis zu einem gewissen Grade Selbstvergewisserung. Vielleicht ist selbst noch Frank Rawels „Schreiben um des Schreibens Willen“ zu wenig. Jedenfalls genügt das mir nicht, obwohl ich nur sehr wenige „Schriftsteller“ kenne.
Ja, gut, ein bisschen ist mir mit der Bemerkung der Frust durchgegangen, weil ich in den Bücherläden so viel Zeugs sehe, dass geradezu penetrant offensichtlich nur geschrieben wurde, um Kohle zu machen. Langweiliges, durchgestyltes, vom Verlag hochgepuschtes Blabla. Kommt mitunter sogar auf die Shortlist von Buchpreisen. Und auch Blogs werden dann natürlich von den taffen Autoren nur darauf hin abgeklopft, ob diese verkaufsfördernd sein können. Das ist ja, was zählt.
Ein literarisch bedeutsames Schreiben wäre zuerst ein Sichmitteilenwollen. Und sei es ein Mitteilenwollen sich selbst gegenüber. Mein Eindruck ist aber, dass es nur noch darauf ankommt, Kaufreize anzuzapfen. Und um solche Eindrücke zu haben, muss man Schriftsteller nicht persönlich kennen. Das würde es auch gar nicht besser machen, fürchte ich.