StartseiteNotizenNur ein peinliches Missverständnis? Einige Bundesländer fordern Abschaffung der Künstlersozialversicherung

Nur ein peinliches Missverständnis? Einige Bundesländer fordern Abschaffung der Künstlersozialversicherung

Für Künstler oft lebenswichtig: Die KSKDass Baden-Württembergs Ministerpräsident Oettinger mit Kunst und Kultur wenig anfangen kann und ihm insbesondere auch literarische Werte reichlich schnuppe sind, hat er bereits bewiesen. Da erstaunt es nicht, dass Baden-Württemberg zusammen mit den Ländern Brandenburg, Bremen, Hessen, Niedersachsen, Sachsen-Anhalt und Schleswig-Holstein die Künstlersozialkasse (KSK) abschaffen will.

Ein Schlag ins Gesicht von Künstlern und Journalisten, der wieder einmal zeigt, wie gering Kunst und Kultur in diesem Lande von der Politik geschätzt werden, weil wirtschaftliche Interessen offenbar grundsätzlich wichtiger sind.

Weil die Abwicklung der KSK-Beiträge sei nicht »unternehmerfreundlich« ist, soll als Ergänzung zum »Mittelstandsentlastungsgesetz« die KSK abgeschafft oder reformiert werden, wie FOCUS und Tagesspiegel berichten.

Vereinfacht ausgedrückt ermöglicht es die KSK, dass freiberufliche Künstler und Publizisten – wie ihre angestellten Kollegen auch – nur die Hälfte der Sozialversicherungsbeiträge zahlen müssen. Statt des Arbeitgebers zahlt die andere Hälfte die KSK. Die wiederum erhält das Geld für ihren Anteil vom Bund, aber auch von den Unternehmen, die freiberufliche Künstler beschäftigen. Aufgrund ihres oftmals geringen Verdienstes könnten die meisten Künstler eine private Versicherung nicht finanzieren. Sie stünden so ohne jegliche soziale Absicherung da.

Zugegeben ist die Abwicklung der KSK-Zahlungen durch die Unternehmen nicht ganz unbürokratisch. Auf der anderen Seite sind die KSK-Zahlungen vielen Unternehmen aber auch ein Dorn im Auge, da man Freiberufler gerne beschäftigt, gerade weil diese ihre Arbeit wegen des hohen Konkurrenzdrucks viel zu oft unter Wert verkaufen, und deren Bezahlung dennoch nicht die Firmen belasten soll. Da vermischt sich das Jammern der Wirtschaft über die Bürokratie mit der Hoffnung auf billigere Arbeitsleistung.

»Die Initiatoren zur Abschaffung der Künstlersozialkasse sind von allen guten Geistern verlassen«, erklärt auch Imre Török, der Bundesvorsitzende des Verbands deutscher Schriftsteller (VS) in ver.di, in einer Pressemeldung. Das Künstlersozialversicherungsgesetz müsse erhalten bleiben und dürfe auch nicht »unternehmerfreundlicher« gestaltet werden, heißt es in der Meldung weiter.

Zum Glück stößt die Initiative der Bundesländer auch bei den Vertretern der Bundesparteien auf Widerstand, wie bei tagesschau.de zu lesen ist. Sowohl Bundessozialminister Olaf Scholz (SPD) als auch Kulturstaatsminister Bernd Neumann (CDU) sprachen sich klar für die KSK aus. Ähnlich äußerten sich laut tagesschau.de auch Vertreter von FDP, Grünen und der Linkspartei.

Doch tagesschau.de schreibt in einer weiteren Meldung, dass der Bremer Bürgermeister Jens Böhrnsen die umstrittene Länderinitiative mittlerweile als »bedauerliches Missverständnis« bezeichnet habe, dass auf Arbeitsebene in einem Fachausschuss des Bundesrats auch über die Abschaffung der Künstlersozialversicherung abgestimmt worden sei.

Dass das gerade einem Fachausschuss passiert sein soll, ist freilich peinlich genug, doch bleibt zu hoffen, dass die umstrittene Forderung nach Abschaffung der KSK bald vom Tisch ist.

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4 Kommentare

  1. Die Kunst und Kultur insgesamt wird immer mehr kommerzialisiert. Die Beschneidung der Künstlerkasse ist ein weiterer Schritt. Die Wirtschaft will Profite machen, nichts anderes, und wenn Aktivitäten etwas kosten, dann wird der Rotstift angesetzt. Kunst und Kultur sind aber die wichtigsten Bereiche in unserm Leben, bereichern uns und bringen uns Fortschritt. Deshalb fordere ich das Gegenteil, Kunst und Kultur durch Finanzen der Wirtschaft (ohne profitablen Hintergedanken) und den Staat zusätzlich zu fördern.
    hartmut horn alias h. global

  2. Ich bin selbst freier Autor und erlebe in meiner täglichen Arbeit, dass Unternehmen keine Aufträge an freie Autoren mehr erteilen, weil sie die KSK-Abgabe und mögliche Nachzahlungen bzw. eine Überürüfung durch die KSK befürchten. Stattdessen werden dann meist sogenannte “Text-Discounter” wie z. B. Textbroker beauftragt, weil dort keine KSK-Abgaben gezahlt werden müssen. Oder der es werden Kollegen beauftragt, die ihre künstlerisch-publizistischen Leistungen als “Sachbearbeiter” abrechnen, damit die KSK-Abgabe entfällt. Das ist die traurige Realität. Die KSK trägt also längst nicht mehr zum Schutz freier Autoren bei, sondern behindert und erschwert deren Arbeit. Die KSK hat sich in einen bürokratischen Moloch verwandelt und gehört, geneauso wie die GEZ, abgeschafft.

  3. Die Ksk gehört abgeschafft weil diese für niemanden einen Mehrwert schafft. Offen formulierte Gesetzestexte verursachen unheimlich viele Verwaltungskosten bei den Zahlern. Die Künstler bekommen weniger Aufträge wegen dem hohen Aufwand.

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