StartseiteBuchkritiken und TippsStephen King und Richard Chizmar: Gwendys Wunschkasten

Stephen King und Richard Chizmar: Gwendys Wunschkasten

Gwendys Wunschkasten

Neben dem fast 1.000 Seiten starken »Sleeping Beauties«, das Stephen King zusammen mit seinem Sohn Owen schrieb, erschien im Oktober 2017 noch eine weitere Koproduktion von Stephen King zusammen mit Richard Chizmar.

»Gwendys Wunschkasten« ist ein kleines, hübsch aufgemachtes Bändchen mit 125 Seiten. Es ist die Lektüre für einen schaurig gemütlichen Abend und eine King-Geschichte in der Tradition von »Riding the Bullet«.

Die zwölfjährige Gwendy ist etwas pummelig und beginnt, täglich die so genannte »Selbstmordtreppe« hinaufzulaufen, die zum Aussichtspunkt Castle View führt. Dort oben spricht sie eines Tages ein sonderbarer Mann mit einem schwarzen Hut an. Er vertraut Gwendy einen Holzkasten an mit diversen farbigen Tasten. Unter anderem wirft der Kasten beim Druck auf spezielle Tasten kleine Schokoladentiere und wertvolle historische Münzen aus. Die anderen farbigen Tasten seien jeweils einem Kontinent zugeordnet.

Der Kasten wird Gwendy viele Jahre begleiten. Ihr Leben scheint sich zum Guten zu wenden: Sie nimmt ab, wird zu einer erfolgreichen Sportlerin und hervorragenden Schülerin. Welche Rolle spielt dabei der merkwürdige Kasten mit den Tasten? Was ist der Preis für ihr erfolgreiches Leben? Und eine Stephen-King-Geschichte wäre keine Stephen-King-Geschichte, wenn darin nicht dunkle Abgründe lauern würden.

Obwohl sehr kurz, wird in »Gwendys Wunschkasten« ein Zeitraum von 10 Jahren beschrieben. Im Schildern von längeren Zeiträumen ist Stephen King ein Meister. Man denke nur an Der Anschlag oder Die Verurteilten (Rita Hayworth and Shawshank Redemption). In »Gwendys Wunschkasten« wird jedoch nichts ausgewalzt und schon gar nicht alles erklärt und zu einer Auflösung gebracht. Die Übersetzung von Ulrich Blumenbach liest sich gut. Wer Kings ausufernden Stil mag, sollte sich eher den dickeren Wälzern zuwenden.

Die novellenartige Erzählung schließt eher Werke wie Riding the Bullet an und wirft ähnliche Fragen auf: Wie selbstbestimmt ist das eigene Leben? Was würde ich tun, wenn ich Dinge ändern könnte? Und ändern sie sich durch mich oder würden sie ohnehin geschehen?

Stephen King sei, so ist zu lesen, mit der Erzählung nicht so recht weitergekommen. Der Verleger und Autor Richard Chizmar habe ihm dann entscheidende Hinweise gegeben, sodass daraus eine ganz andere Geschichte wurde.

Definitiv sollte man sich »Gwendys Wunschkasten« als gebundene Ausgabe besorgen und nicht als E-Book. Der Umschlag des schmalen Hardcoverbändchens ist liebevoll gestaltet, der Vorsatz passend Gelb, passend auch das braun-goldene Kapital. Man würde sich noch Fadenbindung und Lesebändchen wünschen. Aber das war offenbar der preisliche Kompromiss.

Wolfgang Tischer

Stephen King; Richard Chizmar; Ulrich Blumenbach (Übersetzung): Gwendys Wunschkasten (Gwendy-Reihe, Band 1). Gebundene Ausgabe. 2017. Heyne Verlag. ISBN/EAN: 9783453439252. 11,00 €  » Bestellen bei amazon.de Anzeige oder im Buchhandel

Weitere Beiträge zum Thema

Schreiben Sie einen Kommentar

Bitte geben Sie Ihren Kommentar ein.
Bitte geben Sie Ihren Namen ein