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»Solikante Solo« von Björn Kern: Träume im Oderbruch

Solikante solo von Björn Kern (S. Fischer Verlag)

Was bleibt vom Leben, wenn der Traum, den man verwirklichen will, zu einem Alptraum wird? Birgit-Cathrin Duval über den Roman »Solikante Solo« von Björn Kern.

Jann und Ruth haben die Dreißig längst überschritten. Seit zehn Jahren sind ein Paar und haben eine gemeinsame Tochter, Sisal. Seit Janns erfolgreiches Start-up pleite ging, ist er von dem Wunsch besessen, seiner Familie eine Heimat zu geben, raus aus der Stadt, raus aufs Land, wo alles idyllisch und beschaulich ist, um dort nachhaltig zu leben. Der alte Gutshof, den er vom Rest seines Vermögens gekauft hat und den er renovieren will, entpuppt sich als endlose Dauerbaustelle. Seine Partnerin Ruth, eine nervöse Psychotherapeutin, die von ihren Klienten genervt ist, will nur eines: zurück in die Stadt. Zwischen den beiden die Tochter, die die Welt nicht mehr versteht.

Björn Kern schreibt mit seinem Roman »Solikante Solo« eine Geschichte über Liebe, Träume, Sehnsucht und Heimat. Es geht um die Frage, wie man leben will und ob ein Leben gemeinsam gelingen kann, wenn zwei Menschen so unterschiedlich sind wie Jann und Ruth. Siegt am Ende die Liebe? Oder wird sie zerbrechen an den Träumen, die in der Realität ganz anders sind, brutal und unbarmherzig?

Der Roman entfaltet von Anfang an eine Sogwirkung. Björn Kern lässt beide Protagonisten erzählen und nebenbei wird dem Schauplatz der Geschichte, das Gut und der Ort Solikante in den Weiten des Oderbruchs, eine weitere Hauptrolle zuteil. Björn Kern beschreibt die Landschaft an der deutsch-polnischen Grenze so liebevoll und interessant, dass man gleich hinreisen möchte. Überhaupt scheint diese Gegend der Hauptgrund, weshalb der Roman geschrieben wurde. Die Einheimischen beschreibt Björn Kern mit allen Ecken und Kanten, voll aus dem Leben gegriffen, jedoch immer mit Respekt und Achtung.

Das Oderbruch, in dem der Roman spielt, ist die Wahlheimat von Björn Kern, der wie ich aus dem Schwarzwald stammt, ganz aus meiner Nähe sogar.

Tatsächlich ist es so, das lese ich später in der Danksagung des Autors: »Vor allem aber wäre dieses Buch nicht entstanden ohne die verlassenen Weiten des Oderbruchs. Noch vor wenigen Jahren hätte ich nicht gedacht, dass das möglich ist: irgendwo anzukommen. Dafür bin ich Solikante, seinen Bewohnern, meinem (märkischen) Nachbarn und dem Oderbruch dankbar.«

»Solikante Solo« ist ein Roman wie gemacht für diesen Sommer. Zumindest hier im Schwarzwald, wo der Sommer aus endlosen Regentagen besteht und die Sonne nur ab und zu durchbricht. Es ist die Geschichte einer Beziehung, bei der auf jeder Seite mitgefiebert werden kann, wie sie denn gelingen möge, bei der man mit Jann leidet, wenn er es nicht fertigbringt, sein Hofgut zu renovieren und sich fragt, ob Ruth, als sie wieder zurück in Berlin ist, nicht einsamer ist als zuvor. Doch der Roman ist mehr als eine bloße Beziehungskiste. Er verwebt die großen Themen unserer Zeit – Menschen auf der Suche nach Heimat und Zugehörigkeit, nachhaltiges Leben, der Sinn der Arbeit, der Wunsch nach einem besseren Leben.

All das in der wunderbaren Sprache von Björn Kern, der so gut beobachten und beschreiben kann, dass es eine Wonne ist, diesen Roman zu lesen. Und das Buch ist eine Liebeserklärung des Autors an seine neue Heimat, dem Oderbruch. Nach der Lektüre bin ich neugierig und will wissen, ob es dort wirklich so ist. Noch ist Sommer und vielleicht ist das Wetter dort besser als im Schwarzwald.

Brigit-Cathrin Duval

Björn Kern: Solikante Solo: Roman. Broschiert. 2021. FISCHER Taschenbuch. ISBN/EAN: 9783596700899. 16,00 €  » Bestellen bei amazon.de Anzeige oder im Buchhandel

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