Wellers Wahre Worte am Café Tisch
Oktober 2002 - Die monatliche Kolumne von Wilhelm Weller


I want to fly away, yeah, ride the sky away
Wilhelm Weller


Dramatisch steigende Arbeitslosenzahlen (Ziel: 6 Millionen) und dramatisch fallende Aktienkurse (Dax-Ziel: 1000 Punkte), zeigen, dass es SO(S) nicht weitergehen kann. Ein großes, deutsches Nachrichtenmagazin brachte die Misere kürzlich auf den Punkt bzw. auf sein Cover:
     In einer »blockierten Republik« schnüren widerstreitende Interessengruppen der einstmals blühenden deutschen Eiche respektive dem einstmals wirtschaftlich führenden Land die Luft und Lebenskraft ab.
     Vor allem ein überregulierter Arbeitsmarkt, Hartz hin, Hartz her, lähmt mit uferlosen sozialgesetzlichen Bestimmungen Leistungs- und Schaffenskraft.
     Eine Misere, die sich nicht allein auf Deutschland, sondern auf die meisten entwickelten Länder erstreckt. Auch auf Frankreich.
     Ein einfacher, kleiner Mann führte dort, stellvertretend und exemplarisch, einen jahrelangen Kampf gegen wohlmeinende Reglementierungen, die ihn um Lohn und Brot brachten. Manuel Wackenheim, 35, arbeitete seit 1991 erfolgreich als Stuntman, 4 Jahre später jedoch schob das Oberste Verwaltungsgericht seinen Stunts einen Riegel vor.
     Der 1,14m große Wackenheim, auch bekannt als »Mr. Skyman«, hatte das ursprünglich in Australien populär gewordene »dwarf tossing« praktiziert bzw. mit sich praktizieren lassen. Seine Kunden übten sich an ihm im Weitwurf, er selbst war geschützt durch Helm, gepolsterte Kleidung und eine weiche Matratze, die seinen Fall auffing.
     Eine vor allem in Bars und Diskotheken angebotene »Attraktion« für reine, meist männliche Gemüter, die ihrem inneren Kind einmal freien Lauf bzw. freien Wurf lassen wollten.
     Nur die französische Justiz mochte zum Leidwesen von Wackenheim nicht mitspielen und verbot, was ihm selbst doch Broterwerb war. Das »Zwergen-Werfen« verstoße gegen die öffentliche Ordnung und sei mit der Menschenwürde unvereinbar.
     Eine bittere Entscheidung für den kleinen Franzosen, raubte sie ihm aus seiner Sicht doch die Souveränität über seinen Körper und das Recht, damit zu tun, was ihm beliebte - in jenen Grenzen jedenfalls, innerhalb derer sich auch Boxer und Prostituierte bewegen.
     So legte Wackenheim schließlich beim Menschenrechtskommitee der Uno l999 Beschwerde ein. Dessen jüngst ergangene Entscheidung zeigt, dass es bis zu einer wirklich globalen Liberalisierung des Arbeitsmarktes noch ein weiter Weg ist.
     Das UN-Kommitee bestätigte nämlich das in Frankreich geltende Verbot des »dwarf tossing« und verurteilte damit Manuel Wackenheim zu absehbarer Arbeitslosigkeit.
     Gewiss ein Extremfall, aber lässt sich an ihm nicht ablesen, wie bürokratisch-juristische Hemmnisse die Erwerbstätigkeit und damit die freie Entfaltung des Individuums behindern?

Wilhelm Weller

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