Wellers Wahre Worte am Café Tisch
Februar 2002 - Die monatliche Kolumne von Wilhelm Weller


Des, des, des, na, des, des Alters, des Alters
Nach dem Christiansen-Debakel kann der Kandidat der Union in einem Telefoninterview mit Wilhelm Weller wieder punkten
Wilhelm Weller


WW: Sehr geehrter Herr Ministerpräsident, zunächst möchte ich Ihnen sagen, wie sehr wir uns geehrt fühlen, dass sie uns ein Interview gewähren. War Ihnen unsere Internet-Kolumne »Wahre Worte« schon früher bekannt?

Steuper: Wie Sie wissen, nehmen wir in Bayern das Internet besonders ernst und, ja, wir brauchen Wahrheit, wahre Worte, da liegen Sie völlig richtig.

WW: Nach Friedrich Merz sind Sie der zweite Politiker der CDU/CSU, der sich uns zur Verfügung stellt. Unser Interview-Angebot an Franz Müntefering und Guido Westerwelle wurde dagegen abschlägig beschieden. Warum sind ausgerechnet die Konservativen für das neue Medium so aufgeschlossen?

Steuper: Unbedingt! Sehen Sie, uns geht es um die Verbindung von Tradition und Moderne. Das gehört zusammen. Wenn Sie eine Straße überqueren, schauen Sie nach rechts und nach links. Wenn Sie als Politiker Entscheidungen treffen sollen, müssen Sie gleichzeitig zurück schauen und nach vorne schauen. Bewahren und verändern, das zeichnet uns aus.

WW: Schauen wir einmal zurück auf Ihre Kandidaten-Kür. Glauben Sie, dass der Verlauf dieser Entscheidungsfindung bei Angela Merkel böses Blut zurückgelassen hat?

Steuper: Warum? Es fand ein fairer Diskussionsprozess statt. Schließlich waren alle einhellig der Meinung, auch Frau Merkel, dass die bekannte Aufgabenverteilung CDU und CSU die besten Chancen bei der kommenden Bundestagswahl verschaffen wird.

WW: Bei der ersten Pressekonferenz zusammen mit Ihrem Berater Spreng wurde die Frage nach den Konsequenzen aus Ihrem missglückten Talk-Auftritt bei Sabine Christiansen gestellt. Herr Spreng und zuvor auch Sie selbst ließen die Frage unbeantwortet. Wie wollen Sie in Zukunft derartige Pannen vermeiden?

Steuper: Ich denke, die Frage ist falsch gestellt. Das ist doch kein Thema. Was die Menschen wirklich bewegt, das ist die Frage der Arbeitsplatzsicherung, die Sicherung der Renten, die Stabilität der neuen Währung, oder, um es deutlicher zu sagen, es geht um die wichtigen Themen, wen interessiert die Dame, wer sagten Sie?

WW: Frau Christiansen

Steuper: Richtig, die Menschen suchen doch Antworten, die finden sie nicht in irgendwelchen Talkshows, da geht es doch vor allem um den Effekt, das ist ein Problem der heutigen Medienlandschaft, da nehme ich Frau Sabinsen nicht aus. Was wir wieder brauchen, ist seriöser Journalismus, ist Verantwortung auf allen Seiten.

WW: Verstehe ich Sie richtig, dass Sie Frau Christiansen eine Mitschuld an Ihrem Auftritt geben?

Steuper: In unserer christlichen Ethik spielt Schuld eine große Rolle. Eine Gesellschaft, die das ausklammert, verliert ihre Grundlage. Denken Sie an den berühmten Roman von Tolstoi, »Schuld und Sühne«, wir brauchen das als Orientierung. Deswegen sind wir strikt dagegen, den Religionsunterricht aus dem schulischen Curriculum herauszunehmen, das sind Tendenzen, die führen direkt zur Auflösung.

WW: Gestatten Sie mir eine Korrektur: »Schuld und Sühne« wurde nicht von Tolstoi, sondern von Dostojewski geschrieben.

Steuper: Natürlich, Namen sind Schall und Rauch, nomen est omen, wie der Lateiner sagt. Ich muss damit leben, dass viele auch in meiner eigenen Partei meinen Namen nicht richtig schreiben können. Wird das in 100 Jahren noch wichtig sein? Seit dem Tod von Dostonewski sind 200 Jahre vergangen, wir leben in einem anderen Jahrtausend, auch die Literatur spürt das. Ich jedenfalls werde mich für eine konsequente kulturelle Förderung einsetzen und den Kahlschlag der rot-grünen Regierung stoppen, schauen Sie doch nach Bayreuth oder nach München, das liegen Welten dazwischen.

WW: Um noch einmal auf Ihren Auftritt bei Frau Christiansen zurückzukommen. Schüchtern Sie starke Frauen ein?

Steuper: Selbstverständlich nicht. Haben Sie mich jemals im Beisein von Frau Merkel schwach erlebt? Ich und natürlich auch meine Partei treten seit vielen Jahren dafür ein, dass Frauen auch Spitzenpositionen bekleiden dürfen, aber das bedeutet doch nicht, dass ich deswegen Alice Schwarzer heirate, außerdem führen meine Frau und ich eine gute Ehe.

WW: Eine letzte Frage: Sie mussten die zweite Gymnasialklasse wiederholen, später waren Sie jedoch außergewöhnlich erfolgreich. Was würden Sie heute einem leistungsschwachen Schüler auf den Weg geben?

Steuper: Dass sich Leistung lohnt, man muss Ziele haben. Der eine wird Lokführer, der andere geht in die Politik, man muss jedenfalls an sich glauben. Wir haben eine Gesellschaft, die jedem eine Chance bietet, ich werde mich dafür einsetzen, dass das so bleibt. Unter der Regierung Schröder ist Deutschland bildungspolitisch in das Mittelfeld zurückgefallen, Pisa, das sind alarmierende Tendenzen, wir können uns das nicht leisten.

WW: Herr Ministerpräsident, wir danken Ihnen für dieses Gespräch.

Das Interview führte Wilhelm Weller

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