Regen
von Martin Merkel

Da stand er also. Der Regen tropfte ihm von der Hutkrempe und vermengte sich wieder mit dem sintflutartigen Regen, der schon den ganzen Tag, die ganze Woche, das ganze letzte Jahr fiel. Er hatte keinen sehnlicheren Wunsch als einmal wieder im Trockenen zu stehen. Es musste doch irgendwann aufhören, oder? Dessen war er sich schon lange nicht mehr sicher. Als es anfing sprach er, der sich selbst zum optimistischen Lager zählte, noch von einem baldigen Ende und auch jetzt, da er sich nicht mehr sicher war, versuchte er stark und überzeugt zu wirken. Er wusste, auch er würde bald die Fassung verlieren wie die vielen Millionen, die schon verrückt geworden waren. Es war nur eine Frage der Zeit. Und der Regen hatte Zeit. Er blickte auf die Pfützen, auf die graue Wolkendecke, auf die Bindfäden, die an seinem Gesicht vorbei zu Boden fielen.

Der Schuss war leise, vom Regen gedämpft hörte man ihn gerade zwei-, dreihundert Meter weit und die, die ihn hörten interessierte er nicht. Das war bloß ein weiterer der dem großen Regen nicht standhalten konnte.
 
 
 
© 1997 by Martin Merkel. Unerlaubte Vervielfältigung oder Weitergabe - gleich welcher Art - verboten.


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