Eines Tages kam in die kleine Stadt am Fluss ein alter Mann mit einer Plastiktüte am linken Arm. Niemand kannte ihn, doch alle fragten sich, wer diese Person sei, und verbreiteten, was sie glaubten. Der Mann hatte keinerlei besondere Merkmale, er wirkte geradezu schlicht. So blieb nur die Tüte. Als man bemerkte, dass der Alte sie nie losließ und sie wie seinen Augapfel hütete, da konzentrierte man sich natürlich nur noch auf dieses Behältnis. Jeder wollte wissen, was darin sei, und dort, wo man nichts wusste, gedeihen Gerüchte. Schließlich, als der Alte in dem Krämerladen ein Stück Käse erstehen wollte, da traute sich endlich jemand, ihn zu fragen. »Welche Tüte?« fragte der Alte jedoch zurück, »Das hier ist meine Eisenbahn.« Diese mysteriöse Antwort befriedigte niemanden. Nun war das Geheimnis noch größer geworden. Andere Einwohner fanden den Mut zu fragen, doch allen wurde beschieden, dass es eine Eisenbahn sei. Man schloss bereits Wetten über den Inhalt ab, und nach diesen müsste eine Modelleisenbahn in der Tüte sein. Aber andererseits war die Tüte viel zu flach. Man sah, dass sie nicht viel verbergen konnte, doch dies hinderte nicht, der Fantasie Raum zu lassen. Als man schon ganze Weltreiche in ihr vermutete, da trat der reichste Mann der kleinen Stadt auf den Alten zu und sprach ihn an: »Mein Herr, ich gebe die größte Zeitung in der Gegend heraus, und meine Leser wollen unbedingt wissen, was Sie da verbergen. Ich bitte Sie, sagen Sie mir, was in Ihrer Tüte ist!« Der Alte sah den Verleger erstaunt an und antwortete wie so häufig: »Welche Tüte? Ich trage nur meine Eisenbahn.« Doch der Verleger gab nicht auf und versprach dem Mann hundert Mark, wenn er nur den Inhalt der »Eisenbahn« schauen dürfte. »Ich bin einverstanden,« sprach da der Alte plötzlich, »wenn Sie mir 142,80 Mark im Voraus geben.« Zwar wunderte sich der Verleger, zahlte aber doch. Der Alte nahm seine Tüte vom Arm, öffnete sie, sodass ihr Inhalt herausfiel, und faltete die Tüte zusammen. Jetzt staunte der Verleger erst recht, denn vor ihm lagen zwei Knäuel alten Zeitungspapieres und drei schlichte Steine, wie man sie am Wegesrand findet. Der Alte, die Verwunderung bemerkend, sagte darauf freundlich: »Sehen Sie, ich hätte die Tüte auch Rollmops oder gar Tüte nennen können. Was ist schon der Name? Die Bedeutung ist entscheidend! Doch Eisenbahn schien mir passend. Vielleicht verstehen Sie, wenn ich meine Armut eingestehe, ebenso wie mein Heimweh. Der Weg ist weit und das Ticket für die Fahrt auf der Schiene kostet 142,80 Mark. Nun entschuldigen Sie mich, ich möchte meinen Zug noch erreichen.« |