Mordsgeschichten |
Blutrünstige Kurzweil bereiten Christian Bolte und Klaus Dimmler mit Schwarze Witwen und Eiserne Jungfrauen, ihrer »Geschichte der Mörderinnen«. Doch weniger eine stringente Historie wird geboten als vielmehr eine oft unterhaltsame, gelegentlich überraschend amüsante, mitunter schier grausige Typologie weiblicher Bluttaten in Geschichte, Literatur und Kunst. Vom Giftmord als weiblicher »Kunstform« bis zu politisch inspirierten Morden von Judith und Jean dArc bis Ulrike Meinhof reicht das Panorama. Der Zusammenhang von Eros und Tod wird am Salome-Motiv aufgeblättert und an Lukrezia Borgia und ihren literarischen Verwerfungen diskutiert. Nicht immer passen die erzählten Geschichten zum behandelten Thema (worin etwa läge der politische Aspekt der Morde der Conquistadorin Catalina de Erauso?), aber tolle Geschichten sind es allemal. Am besten sind Bolte und Dimmler, wo sie (meist männliche) Projektionen analysieren und beengende Frauenrollen auf ihre kulturgeschichtlichen Ursachen hin befragen. Ihre Erklärungsversuche für individuelles Verhalten sind primär psychologisch. Wenn das abgrundtief Böse der Gräfin Bathóry, die nachweislich Hunderte junger Frauen und Mädchen zu Tode gefoltert hat, auf eine verschobene Angst vor dem Altern reduziert wird, greifen sie zu kurz. Der argumentative rote Faden, der sich durch die Berichte und Erzählungen zieht, ist die Polemik gegen einen Feminismus, der Frauen auf die Opferrolle festzuschreiben scheint: Nicht immer ist die Frau eine »schöne Leiche«. Gar nicht so selten produziert sie auch welche, realiter oder in der Kunst. In diesem Sinne ist das Buch auch eine Meditation auf das Wesen tödlicher Aggression, ein allerdings zweischneidiges Plädoyer für »starke Frauen«. Christian Bolte / Klaus Dimmler, Schwarze Witwen und Eiserne Jungfrauen: Geschichte der Mörderinnen. Leipzig: Reclam, 1997. Geb., 22 Abb., 338 Seiten ISBN 3-379-00763-3, 45,00 DM/23,01 EUR (Preisangabe ohne Gewähr) | |