Des Dichters Lohn
von Mike Bartel

Ich danke dir, du Literat
für deine Tat.
Denn es war dunkel
und schon spat

in diesem Schloss
wovor es goss.

Und drinnen war's,
so wie mir deucht
nicht minder feucht.

Verkürzt gesagt
wir hamm gesoffen
und von den Andern wolln wir's hoffen
die da aus ihrem Werk gelesen
ganz ohne Spesen.

Man müsste wirklich ein Idiot sein
tränke man nicht vom teuren Rotwein
der dort das einzge Honorar
für jedes Dichters Lyrik war.

Wir hielten uns für ziemlich toll
und waren dementsprechend voll.
Dann irgendwann so gegen Ende
packten zwei flinke Schreiberhände
die letzte volle Rotweinflasche
in eine, deine Manteltasche.

Des Dichters Lohn
Die Tat enthob mich für den Morgen
all dieser leidgen Kopfwehsorgen
So grad noch hamm wir Maß gehalten
obgleich wir schon beträchtlich lallten.

Ich danke dir, mein Literat
du bist ein echter Kamerad
und hast mich noch davor bewahrt
zu viel vom Honorar zu nehmen
O weh ich müsste mich ja schämen
hätt weiter ich den edlen Saft
in meine Kehle rein geschafft
obwohl mein Text doch jedem schnurz war
vielleicht weil er auch etwas kurz war.

Zufrieden sah ich dich von hinten
schwankend, wankend rasch entschwinden.
Warst doch wohl auch schon leicht benommen
hast keinen Korken mitgenommen
dabei weiß doch der dümmste Wicht
mit einem Korken schwappt er nicht.

© 2000 by Mike Bartel. Unerlaubte Vervielfältigung oder Weitergabe - gleich welcher Art - verboten.


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