Reisetagebuch England - Gero von Büttner - Nachtrag 2004
 
Die Route
heute

Birmingham
Hay-on-Wye
Llanelli

Mittwoch, 21. Juli 2004
 

Entrance BookshopNachdem ich erst letztens feststellen musste, dass es tatsächlich sechs Jahre her ist, dass ich in der sehr speziellen walisischen »Book Town« Hay-on-Wye war (siehe Eintrag aus meinem Reisetagebuch vom 26.06.1998), ergab sich rein zufällig der glückliche Umstand, dass ich im Sommer 2004 kurz dorthin zurückkehren konnte. Ein mehr oder weniger kurzer Stopp zur Mittagszeit auf dem Weg nach LLanelli, was sich auf walisisch in etwa Chenechli ausspricht, wobei die Zunge beim »ch« die obere Zahnreihe wie beim englischen »th« berührt. So genau bin ich noch nicht hinter die exakte Aussprache gekommen, obwohl ich sie im lokalen Radiosender nach fast jedem Song zu hören bekomme und mir mehrere Waliser bestätigt haben, dass meine Aussprache erstaunlich authentisch klinge. Aber das nur nebenbei.
     Obwohl: viel Neues gibt es aus »Hay-on-Wye« nicht zu berichten. Der kleine Ort, inmitten wunderbarer grüner Hügel gelegen, scheint sich in den sechs Jahren nicht verändert zu haben. Wir parken auf dem gleichen Parkplatz wie seinerzeit 1998 und durchstreifen den Ort und einige seiner Antiquariate. Ein Fotovergleich zeigt allerdings, dass sich die Bücherregale, die sich unter freiem Himmel an der Schlossmauer befinden, weiter ausgebreitet haben. Wenn ich mich durch die Regale bei »Booth Books« bewege, frage ich mich, wie viele dieser Bücher vor sechs Jahren wohl auch schon hier lagerten. Ich wünsche mir einen Blick, unter dem all die entsprechenden Bücher rot glühend aufleuchten. Ich ertappe mich beim Gedanken, als ich die Bücher in der deutschsprachigen Abteilung im »Hay Cinema Bookshop« betrachte, dass wohl selbst ich diese Bücher wegschmeißen würde, wenn ich sie geschenkt bekommen würde. Und das will schon was heißen.
     Selbst der einfache Stadtplan mit einer Übersicht über alle Bookshops in Town hat noch das gleich Layout. Wenn ich nach Hause zurückgekehrt bin, werde ich einmal in meinen Unterlagen wühlen, ob ich noch den von vor sechs Jahren habe, um zu schauen, ob die Zahl der Bookshops zugenommen hat. Abgenommen hat sie sicher nicht. Ein modernes Antiquariat verkauft neuwertige Bücher für 1 Pfund. Dies gilt wohlgemerkt für alle Bücher im Laden.
     
Vor sechs Jahren schrieb ich, dass die »Book Town Gazette«, die mir diesmal erstaunlicherweise nicht unter die Finger gekommen ist, berichtete, dass auch das nahe Berlin gelegene Waldstadt-Wünsdorf zu einer deutschen Bücherstadt werden sollte. Viel hat sich scheinbar dort nicht getan, denn die Website wirbt nicht damit, obwohl wohl tatsächlich Versuche gemacht worden sind, die Erfolgsgeschichte von Hay-on-Wye dort zu wiederholen. Aber es kann ja nicht immer alles gelingen.
     
Nach dem Verzehr von »Soup & Roll« fahren wir weiter. Vielleicht kehre ich ja nach sechs Jahren wieder zurück. Aber ich glaube schon jetzt zu wissen, dass sich bis dahin nicht viel verändert haben wird in der »World Book Town« Hay-on-Wye. Schleichend und wie ein Virus werden nur die Bücher dann wieder ein paar Meter mehr Raum erobert haben.

Zum Eintrag über Hay-on-Wye aus dem Jahre 1998

Bücher unter freiem Himmel 1998  
Bücher unter freiem Himmel 1998
Mehr Bücher unter freiem Himmel 2004
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