eMail von Katharina Pallas | ||||
Von: | <Katharina Pallas> pallas@literaturcafe.de | |||
An: | <Das Literatur-Café> redaktion@literaturcafe.de | |||
Zeit: | 20.02.2003 01:36 (19.02.2003 19:36 Ortszeit) | |||
Betreff: | Bus fahren in Ecuador | |||
Hallo, nach der heutigen Tour zum Cotopaxi, dem zweithoechsten Vulkan Ecuadors, fahren wir morgen weiter nach Baños. Ich bin ja mal gespannt, welcher Bus uns fuer diese Reise erwartet. Bus fahren in Ecuador ist immer eine besondere Erfahrung . Die Busse sind meistens etwas antik, wuerden in Deutschland vermutlich eher im Museum zu finden sein. Aber offenbar werden sie - ebenso wie die Taxis - heiss geliebt. Sie sind nicht nur in allen vorstellbaren Farben mit Unternehmens-Logos bedruckt und verziert (besonders beliebt sind 3-D-Effekte in Gold und Glitter ), sondern auch von innen eine spezielle Augenweide. Wir hatten schon rote Gardinchen mit Bommeln, Decken mit dunkelroter Teppichverkleidung, Musikanlagen mit Lichtorgeln, diverse Anhaenger und Aufkleber von Maria, Jesus und zahlreichen Heiligen und dazu die ueblichen kleinen Tierchen, wie sie auch in Deutschland an vielen Innenspiegeln zu finden sind. Parolen auf der Rueckseite des Busses a la "Dios guia mi camino" (so ungefaehr: "Gott fuehrt mich auf meinem Weg") sind keine Seltenheit. Bei dem ueblichen Fahrstil der heissbluetigen Busfahrer wird dieser Beistand offenbar auch dringend benoetigt... Bei den teilweise recht langen Routen wird natuerlich fuer die Unterhaltung des Passagiers Sorge getragen. Der Klassiker sind Musikkassetten mit dem allgegenwaertigen Salsa oder herzzereissenden Latino-Schnulzen. Gelegentlich wird man aber doch ueberrascht. Beispielsweise lief auf der Strecke von Alausi nach Riobamba ein Tape, das wohl ein deutscher Tourist vergessen hatte. Bei "Alles wird sich aendern, wenn wir gross sind" fing es an und ging danach weiter mit Modern Talking, Eminem, Marque und weiteren Pop-Hits aus Europa und den USA. Hinter den Fenstern zog das saftig gruene Anden-Hochland vorbei, um uns herum sassen die einheimischen Indiander in ihren traditionellen Umhaengen. Nur der Soundtrack passte irgendwie nicht wirklich dazu. Ansonsten gibt es in vielen Langstrecken-Bussen auch Fernseher. Wie Anna angekuendigt hatte, laufen tatsaechlich aber nur "Baller- und Schlaeger-Filme". Bisher hatten wir ein paar Teile von Rocky und einen Van Damne-Film, alles natuerlich spanisch synchronisiert. Es wirkt besonders seltsam, wenn - wie auf der Strecke von Riobamba nach Latacunga - unter dem Bildschirm mit den Schlaegereien ein glitzerndes Marien-Antlitz huldvoll laechelt . Der Ton des Fernseher dringt jedoch oft gar nicht zu den Passagieren durch, da regelmaessig Leute ein- und aussteigen, die lautstark ihre zum Verkauf stehenden Waren anpreisen. Mit der Penetranz eines Marktschreiers werden Pfefferminzpastillen und Vitamintabletten, Geldboersen und Ledersaeckchen, Bananen, Suessigkeiten und mehr ausgelobt. Als Gringo bleibt man in der Regel zumindest davon verschont, unaufgefordert Waren auf den Schoss gelegt zu bekommen (was oft die uebliche Verkaufspraxis ist), da davon ausgegangen wird, dass wir sowieso nichts verstehen. Unwissenheit kann doch gelegentlich ein Segen sein. Will man ein- oder aussteigen, ist das nicht immer einfach: Fuer Frauen, Kinder oder aeltere Leute haelt der Bus wenigstens kurz an, Maenner muessen jedoch auf den fahrenden Bus aufspringen - angefeuert durch das laute "siga, siga, siga!" der Schaffner ("weiter, weiter!") . Diese Hektik erstaunt umso mehr, da die Ecuadorianer ansonsten ja eher die Ruhe weg haben. Bis zum naechsten Mal viele Gruesse
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