Vom Hof unten hörte ich, wie Kallweit seine Tochter anfeuerte.
»Un vier, un fünf, un sechs, un siem …« Ein Seilchen klatschte in gleichmäßigen Abständen auf das Pflaster.
Kallweit – das war das Leben, Realität, Vitalität, lauter Dinge, zu denen ich momentan nur schwer den Bezug halten konnte. Ich steckte den Wohnungsschlüssel ein und ging hinunter. Meine Einbildungen konnten sich unmöglich bis in Kallweits Nähe verirren.
Er saß auf einem Campingklappstuhl in der Nähe der Mülltonnen.
Sonja verfing sich bei achtundneunzig.
»Blass siesse aus«, begrüßte mich Kallweit. »Sonja, holihm mal nochen Klappstuhl aussem Keller.«
Sonja lief ins Haus.
»Du wills dich doch setzen, oder?«
»Die Sonne ist gut für den Teint.«
»Da solln sogar Vitamine drin sein im Licht, habich ma inna Zeitung gelesen.«
»Wie gefällt Ihnen mein Manuskript?«
»Möchtesse auchen Bier?«
»Bisschen früh am Nachmittag«, wich ich einer Antwort aus. Sonja war flink, sie rannte bereits wieder auf den Hof. Ich bedankte mich bei ihr für den Klappstuhl und setzte mich auf die den Mülltonnen abgewandte Seite. Sie lächelte mich an.
»Geh spielen,« sagte ihr Vater. Sonja zögerte.
»Männer, dat is noch nichts für dich. Komm, machen neuen Rekord.« Kallweit langte in einen neben ihm stehenden Pappkarton und förderte zwei Flaschen Bier zutage. Geschickt öffnete er den Kronkorken mit einem am Gürtel hängenden Schlüsselbund. »Hier.«
Das Bier war noch kalt. Wir stießen die Flaschen aneinander und tranken.
Kallweit rülpste die überschüssige Kohlensäure heraus. »Dat tut gut bei die Affenhitze.«
Ich beobachtete die hüpfende Sonja. Kallweits Gesellschaft sollte mich von der Bedrängnis in meiner Wohnung ablenken, doch die Distanz zu ihm blieb groß, für mich nicht überbrückbar, ich konnte nicht aus meiner Haut und zweifelte, ob ich mir die geeignete Gesellschaft ausgesucht hatte. Worüber sollte ich mit ihm reden?
»Wie sacht ihr dazu – idüllisch. Ich bin son richtich idüllischen Aabeitslosen, könntesse denken. Sitzt inne Sonne und is rundrum zufrien.«
»Ihre Situation ist sicherlich nicht einfach«, pflichtete ich bei.
»Getz trink ich schon währnt der Aabeitszeit. Ich hab nie währnt der Aabeit gesoffen. – Wat hat dein Vatter gemacht?«
»Beruflich? Er war kaufmännischer Angestellter. In der Buchhaltung.«
»Inne Fabrik?«
»Nein. Großer Werkzeughandel.«
Sonja zählte laut fümmenfümfzich.