Dallas 63 von Oliver Kern »Ich hatte gerade einen seltsamen Traum«, sagte ich zu Maxx, worauf dieser nur ein emotionsloses »Aha!« erwiderte. »Das passiert häufig während der Raum/Zeit-Verschiebung«, meinte er trocken. »Was liegt an?«, fragte ich, nachdem ich mir den Sand aus den Augenhöhlen geklopft und mich von der Vollständigkeit meines Seins überzeugt hatte. »Kennedy«, krächzte Maxx und zauberte ein Klemmbrett aus dem rechten Hemdsärmel. »Kennedy?«, wiederholte ich nachdenklich, »Wir werden keinen Termin bekommen!« Maxx kannte das Spiel. Mit ihm einen Termin zu bekommen war wirklich nicht einfach oder würden sie einen zwei Meter zwanzig großen Chinesen in einem violetten Zweireiher mit gelben Nadelstreifen empfangen. Zu meinem Bedauern stellte ich fest, dass ich dieselbe Garnitur trug. Was sich die Mädels aus der Raum/Zeit-Zentrale dabei immer denken? Aber was soll’s, verglichen zu Maxx, konnte man mich zumindest anschauen. »Wir haben bereits einen Termin«, meinte er lakonisch. Wir standen in einem Hotelzimmer. Es war Spätherbst und auf der anderen Seite der Fensterscheibe strahlte eine amerikanische Sonne auf eine texanische Stadt. »Haben sie ihre Hausaufgaben gemacht?«, fragte Maxx in die, von der Klimaanlage zerstückelte Ruhe hinein und seine Worte brannten wie Feuer in meiner Seele. »Klar Maxx, alles gespeichert«, antwortete ich. »Was ist heute für ein Tag?« »Hey Maxx, was soll das? Wir treffen uns hier mit Kennedy, oder? Außerdem, wer von uns beiden hat das Klemmbrett, hä?« Maxx biss in seine Krawatte und sah mich vorwurfsvoll an. »Okay, okay, du hast gewonnen, schieß los!«. »Heute ist der 21. November 1963 und das um uns herum nennt sich Dallas«, begann Maxx seinen Vortrag über unseren potenziellen Klienten. »Wir werden den Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika in exakt 27 Minuten hier treffen. Wie sie sicherlich wissen wird er morgen, 12:31 Uhr Ortszeit, während einer Fahrt durch diese Stadt von mehreren Schüssen tödlich getroffen.« »Barbarisch«, unterbrach ich ihn, »aber daraus lässt sich ein prima Geschäft machen, das rieche ich.« Während wir warteten ging Maxx noch einmal seine Notizen durch. In unserem Job ist ein fundiertes Wissen über die Situation, die Zusammenhänge und Umstände, sowie detaillierte Kenntnisse über den Klienten lebensnotwendig. Ich überlasse solche Aufgaben gerne Maxx und befasse mich mit dem Wesentlichen. Als die Sonne draußen ein Stück weiter gerollt war, klopfte es. Wir sahen uns an und verglichen unsere Chronometer. Dann klopfte es zum zweiten Mal. Maxx erhob sich aus seiner meditativen Wartestellung und schritt würdevoll und wie von Hämorrhoiden geplagt auf die Tür zu, um sie einen Herzschlag später zu öffnen. Kennedy wurde blass und seine Begleiter griffen instinktiv unter ihre Jacketts. Noch ehe sie das kühle Metall ihrer Handfeuerwaffen fühlen konnten, hatte Maxx sie abgeschaltet, was Kennedy noch blasser werden ließ. Bevor noch mehr Unordnung entstehen konnte, setzte ich mich in Bewegung. »Ah, Mister Präsident, es freut mich sie endlich persönlich kennen zu lernen.« Der Präsident war jetzt weiß. »Mein Name ist Timbatah, Versil Timbatah von Midwold, Waters & Press und der Lange da, das ist Maxx, mein treuer Gehilfe und Klemmbrettverwalter«, stellte ich uns vor. »Nehmen sie doch Platz, ehe sie uns umkippen. Sie wirken etwas unpässlich.« Der Präsident versuchte sichtlich erkennbar, die Fassung zu wahren, womit er allerdings seine Schwierigkeiten hatte. Maxx hatte, nachdem er eine höfische Verbeugung angedeutet hatte, damit begonnen die Bodyguards im Zimmer zu stapeln. Sollte draußen jemand den mit Kunststofffasern ausgelegten Gang hochkommen, muss er ja nicht unbedingt darüber stolpern. Der Präsident bewegte sich derweil hölzern in Richtung Sitzecke, wobei er sich mehrmals unsicher umsah. Als er vor dem ihm angebotenen Stuhl stand, entschloss er sich doch, etwas zu sagen: »Was soll das? Wird das eine Entführung?« Fragen wie ich sie häufig höre. Mal ängstlich, mal in Verzweiflung hinaus geschrieen, mal mit charismatischer Tiefsinnigkeit aber immer mit dem Beigeschmack von Furcht und Unverständnis. Ich stand ihm gegenüber und beruhigte ihn mit einem Lächeln. Schließlich setzte er sich. »Mister Präsident, ich als Repräsentant meiner Firma, möchte ihnen ein verlockendes Geschäft anbieten. Doch dies bedarf gewissen Erklärungen und ich verspreche ihnen, anfangs werden sie mir kein Wort glauben. Aber, Mister Präsident, alles, was ich ihnen jetzt erzähle, ist die reine Wahrheit.« Ich machte eine kurze Pause, um sicher zu gehen, dass alles durchgesickert war und um die Theatralik zu steigern. »Sie werden morgen erschossen«, erörterte ich dann nüchtern. »Also eine Verschwörung«, resümierte er, kampfbereit. »So wie sie aussehen, müssen sie Kommunisten sein.« »Der Kommunismus ist tot, Mister Präsident, aber das ist eine andere Geschichte.« Maxx kratzte sich am Kopf und das Geräusch machte Kennedy nervös. »Wir sind keine Kommunisten und wir werden sie auch nicht erschießen, sonst könnten wir ja kein Geschäft mit ihnen machen ...« »Also, Erpressung?«, warf er ein. »Wieder daneben! Kennen Sie nur böse Menschen auf dieser Welt? Lehnen sie sich entspannt zurück und hören sie mir zu!« Er hob auffordernd die Hände und folgte meiner Empfehlung es sich im Sessel bequem zu machen. Der Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika fügte sich der für ihn momentan scheinbar ausweglosen Lage, zwei Spinnern ausgeliefert zu sein. »Wie schon erwähnt werden sie Morgen während ihrer Fahrt durch die Stadt erschossen. Um es schroff zu sagen, die blasen ihnen das Hirn raus. Ein äußerst unappetitlicher Vorfall«, plauderte ich drauf los. Man muss den Leuten ihr Schicksal richtig schmackhaft machen. »Wer?«, unterbrach er mich. »Das tut nichts zur Sache aber um Sie zu beruhigen, ihre Kommunisten hängen mit drin. Was sie weiter nicht mehr stören sollte, denn sie sind morgen Mittag tot, Mister Präsident!« »Woher wollen sie das wissen?« »Mister Präsident, Wissen ist unser Geschäft! Wir kommen aus einer, na Ja sagen wir mal, aus einer Zeit, die lange nach der ihren erst beginnt. Der Mensch unserer Epoche bezwang den Lauf der Zeit und die große Firma Midwold, Waters & Press macht daraus ein Geschäft. Ganz unter uns gesagt, wir haben das Monopol! Alle andern Anbieter sind Scharlatane. Aber ich glaube ich schweife zu sehr ab. Kurz gesprochen, wir kommen aus der Zukunft.« »Absurd.« »Trägt man in ihrer Zeit solche Anzüge?«, entgegnete ich ihm und deutete dabei auf Maxx, der unterkühlt lächelte. »Das wäre ein Argument aber es ist zu verrückt!« »Was wollen sie wissen über die Welt von Übermorgen?« »Sir«, fuhr Maxx empört dazwischen, obwohl er genau wusste, dass ich keine Details preisgeben würde. Den meisten Klienten fällt auf die Frage spontan ohnehin nichts ein. »Was immer sie mir auch erzählen, niemand kann es mir jetzt bestätigen! Also, genug mit diesem Unsinn! Lassen sie mich jetzt gehen und ich werde dafür sorgen, das man sie nicht fest nimmt. Obwohl sie beide in einer geschlossenen Anstalt zu wissen, wäre weitaus beruhigender.« »Mister Präsident, sie erkennen den Ernst der Lage nicht. Ich glaube, bevor sie weiterhin zu unüberlegtem Handeln tendieren, sollte ich ihnen besser etwas zeigen.« Ich wies Maxx an, die nötigen Vorbereitungen zu treffen. Dieser präsentierte unserem Kunden sogleich den Kennedy-Proto-Typ, der noch gut verpackt in einer zylindrischen Keramikhülle steckte, welche im Licht der Sonne blau schimmerte. Kennedy war überrascht wie leicht und geschickt Maxx den sperrigen Behälter hinter seinem Rücken hervor zauberte. Er brach das Siegel und klappte den Deckel zurück. Kennedy sah sich nun einem perfekten Ebenbild gegenüber. Er öffnete seinen Mund aber niemand erwartete, dass er in diesem Moment etwas sagen würde. »Mister Präsident, das ist das, was wir ihnen kurzfristig anbieten können. Dieser biokybernetische Mechanismus wurde extra dafür angefertigt, um morgen statt ihrer zu sterben. Na, was sagen sie nun?« Der Präsident erholte sich langsam von seiner Starre, erhob sich und schritt ehrfurchtsvoll auf seine Nachbildung in der Röhre zu. Nach kurzem Zögern wagte er, die synthetische Außenhaut zu berühren. Es fühlte sich für ihn an, als streichle er über sein frisch rasiertes Gesicht. Erschrocken zog er den Finger zurück. »Mein Gott«, sagte er nach einer Weile, ohne seinen Blick von dem Duplikat zu lösen. »Der hat damit nichts zu tun. Dieser Biokybernet ist sogar eher minderwertige Qualität. Er dient lediglich dazu, morgen an ihrer Stelle erschossen zu werden und dabei etwas Blut und Gehirnmasse zu verspritzen. Danach hat er nur noch die Aufgabe, die Ärzte bei der Obduktion davon zu überzeugen, dass Sie es sind. Aber keine Angst, selbst das wird er perfekt meistern.« »Wie funktioniert er?« »Betriebsgeheimnis oder sagen wir besser, ich hab’ keine Ahnung. Meine Aufgabe ist es, die Dinger zu verkaufen und das Folgegeschäft abzuwickeln.« »Folgegeschäft?« »Mister Präsident, jetzt kommen wir auf den Punkt! Ich habe ihnen gesagt, sie werden morgen liquidiert, ausgeblasen, weggepustet - bäng! Damit ist die Existenz von John F. Kennedy beendet! Das ist unwiderruflich! Entscheiden sie sich für unser Angebot, werden sie zwar weiterleben aber nicht mehr als Präsident der Vereinigten Staaten. Sie bekommen von uns eine neue Identität.« »Das ist alles sehr verwirrend meine Herren, überaus verwirrend! Sie sagen mir ich werde morgen ermordet, richtig?« Nun, ich weiß das jetzt und könnte selber Maßnahmen dagegen unternehmen. Folglich brauche ich ihre Dienste nicht in Anspruch zunehmen.« »Diese Überlegung ist zwar logisch aber trotzdem können sie diesen Gedanken gleich wieder streichen! Wir kommen aus der Zukunft und unsere oberste Direktive lautet: »Die Vergangenheit darf auf keinen Fall verändert werden!« Würden wir irgendetwas tun, was den vorbestimmten Zeitablauf verändert, wäre unsere Existenz aufs höchste gefährdet. Was schließen wir daraus?« »Ich muss morgen auf jeden Fall sterben oder der Lauf der Geschichte wäre verändert.« »Bingo.« »Kommen sie auf den Punkt! Was, wenn ich nicht mit ihnen ins Geschäft komme?« »Sollten sie unser Angebot ablehnen und nach diesem Gespräch durch die Tür dort verschwinden, werden sie draußen auf den Gang bereits alles vergessen haben, was hier drinnen vorgefallen ist. Dasselbe gilt für ihre Begleiter.« »Ich werde alles vergessen?« »Sie werden nicht einmal mehr wissen, was sie in diesem Hotel überhaupt zu Suchen hatten. Tja, es gibt kein Entrinnen.« »Wie soll ein normaler Mensch das alles glauben können? Was steckt dahinter?« Er kam aus der Reserve. In Gedanken rieb ich mir schon die Hände. »Ganz einfach Mister Präsident. Für uns ist die Sache ein Riesengeschäft und auf sie wartet ein neues Leben.« Kennedy benötigte eine längere Denkpause und Maxx reichte ihm zwischenzeitlich ein Glas Wasser, das er in seiner Brusttasche fand. Fragen sie mich nicht, woher er das Eis darin hatte. »Was meinen sie damit, ein Riesengeschäft?« »Wie gesagt, wenn Kennedy morgen stirbt, dann sind sie für die ganze Welt und die Geschichtsschreibung ein für alle mal Asche. Wir bieten ihnen die einmalige Möglichkeit weiter zu leben. Zwar unter anderem Namen und an einem anderen Ort aber in dem gehobenen Ambiente, das sie gewöhnt sind. Wir haben da ein paar nette Inseln in der Karibik auf denen luxuriöse Villen stehen. Sehr angenehmes Klima, weiße Strände, tolles Wasser und die Frauen, olala! Und erst die Gesellschaft, erstklassig! Sie können dort leben ohne jeden Stress, ohne jegliche Hektik, Erholung pur! Faulenzen sie rum, genießen sie’s in vollen Zügen! Fangen sie an zu malen oder machen sie ihren Segelschein, was immer sie wollen. Nur keine Politik mehr aber glauben sie mir, das ist nur zu ihrem Besten.« »Welche Arten von Einschränkungen gibt es sonst noch in ihrer heilen Welt?« »Es gibt gewisse Regeln, die zu ihrer persönlichen Sicherheit eingehalten werden müssen. Sie dürfen nichts unternehmen, was sie mit der restlichen Welt, in Bezug auf John F. Kennedy, in Verbindung bringt. Das meiste sind Kleinigkeiten, die sie schnell raus finden werden. Das Leben dort ist sehr angenehm, wenn man sich an die Regeln hält.« »Für mich hört sich das eher an als sei man dort für den Rest seines Lebens eingekerkert.« »Vom Rest ihres Lebens sind noch knapp 23 Stunden übrig! Ihnen bleibt die Wahl zwischen einem feuchten Grab oder einer traumhaften Insel.« Er winkte ab aber ich war sicher, er hatte verstanden. »Sie sind dort nicht gefangen. Sie haben selbst die Möglichkeit zu verreisen. Dazu ist lediglich eine temporäre kosmetische Veränderung nötig und durch einen kleinen psychologischen Trick wird es ihnen unmöglich gemacht, sich als Kennedy erkenntlich zu geben. Nur für den Fall, sie würden sich mal verplappern. Abgesehen davon, dass ihnen niemand glauben würde.« Das Schweigen kroch wieder durch den Raum und die Klimaanlage zerhackte die Luft. »Wie lange funktioniert das Ding?«, fragte Kennedy nach einer Weile, den Blick wieder auf den Kybernet gerichtet. »Dieses Modell ist lediglich für einen Kurzauftritt gebaut. Die Energiezellen dürften nach 100 Stunden aufgebraucht sein. Aber das genügt für den Verwendungszweck, für den es vorgesehen ist. Es muss ja nur für eine Autofahrt durch Dallas reichen.« »Man wird nichts merken?«, fragte er skeptisch. »Nein, Mister Präsident. Er wird sich verhalten wie sie, so reden und sich so bewegen wie sie und überhaupt, er ist SIE.« »Wann wollen sie mich gegen ihn austauschen?« »Dafür haben wir ein Spezialistenteam, das zum richtigen Zeitpunkt zuschlägt. Keine Angst, die haben noch nie was vermasselt. Vergessen sie nie, wir kommen aus dem Übermorgen. Uns gelingt alles, immer und jederzeit.« Maxx räusperte sich und wollte mir damit sagen, ich hätte zu dick aufgetragen, was ich nicht nachvollziehen konnte. Der Präsident lächelte unsicher, holte tief Luft und stellte die alles entscheidende Frage. Zumindest die, die mir am wichtigsten war. »Was soll der Spaß den kosten?« Erfreut leckte ich über meine Nase und kramte nach meinen Unterlagen in der Jacketttasche. »Also, da wäre als Erstes der Kennedy-Kybernet, Kurzversion X-4, mit der nötigen Software, sowie Bedarfs-Komplettprogramm. Das macht den geringeren Teil aus. Leichenrecycling auf synthetischer Basis ist bei uns spottbillig! Ich könnte ihnen da ein paar Aktien empfehlen. Mein Bruder mütterlicherseits hat ...« »Sir«, ermahnte mich Maxx und ich hätte ihm beinahe eingestanden, den Faden verloren zu haben. »Ähm ja, zurück zur Preisfrage. Es geht um die Immobilie nach Wahl auf der Insel nach Wahl, richtig?« Maxx nickte und der Präsident machte es nach. »Und natürlich das ganze Dienstleistungspaket inklusive sozialer Absicherung bis ans Lebensende. Die komplette Auflistung werde ich mit ihnen vor Unterzeichnung des Vertrages noch genau durchgehen. Macht zusammen, den augenblicklichen Dollarkurs berücksichtigt, Summa summarum, zwölf Millionen Dollar.« »Zwölf Millionen!« Hätte er in diesem Moment etwas getrunken, hätte er es mir ins Gesicht gespuckt. Die Summe machte ihm zu schaffen aber wir wollen schließlich auch leben. »Wer soll das bezahlen?« Maxx hörte auf an seinen Eiern zu spielen und tauschte mit mir einen klärenden Blick. Wir wussten beide, dass er es sich leisten konnte. Trotzdem mimte ich den Überraschten. »Sollten wir uns verkalkuliert haben, mein lieber Maxx?« »Nicht das ich wüsste, Sir.« »Tja Mister Präsident, laut unseren Berechnungen sind sie in der Lage diese Summe innerhalb der nächsten zehn Stunden aufzubringen, um sie auf unser Schweizer Nummernkonto zu überweisen. Aber ich kann ihnen gerne noch etwas entgegen kommen. Ich spreche von einem einmaligen Sonderpreis, wenn Sie nicht mehr all zu lange darüber nachdenken.« »Moment mal, Moment, wenn Sie über meine finanzielle Situation genau so gut Bescheid wissen, wie über alles andere, was meine Person betrifft, dann wissen Sie womöglich auch, wie ich mich letztlich entscheide?« Listiger Bursche dieser Kennedy, leider musste ich ihn enttäuschen. Diese Frage fördert nämlich ein Paradoxon zu Tage, weil sich hier meine Welt mit der Vergangenheit überschneidet. Oder so ähnlich. »Zwölf Millionen«, wiederholte er kopfschüttelnd. »Wollen Sie den Vertrag sehen?« Kennedy nickte. Sogleich holte Maxx den Vordruck aus der Jackentasche. Der Präsident nahm ihn an sich, sah mir dabei kritisch in die Augen und begann dann, sich auf das Dokument zu konzentrieren. »Lesen Sie alles in Ruhe durch und sollte Sie Fragen haben, dann fragen sie.« »Wieso verlangen sie eine solch schwerwiegende Entscheidung innerhalb so kurzer Zeit?« »Die Entscheidung zwischen Leben und Tod sollte jedem spontan gelingen, abgesehen von Suizidgefährdeten aber das ist nicht unser Klientenkreis. Außerdem, was, wenn wir vor zwei Monaten aufgetaucht wären. Sie dann von unserer Glaubwürdigkeit zu überzeugen wäre unmöglich gewesen - richtig? Unser Kunde soll nicht die Zeit haben, zu lange über etwas nachzudenken, was sich schwer in die gewohnte Realität einfügen lässt. Und schließlich und endlich, sie könne sich mit niemand beraten, egal wie viel Zeit sie auch hätten. Niemand würde ihnen glauben.« Darauf hin stellte er sich in eine Ecke und las den Vertrag. »Er wird es machen«, meinte Maxx altklug und überzeugt, als hätte er ihn so weit gebracht. Ich schenkte ihm ein überlegenes Lächeln. »Denke ich auch, mein Freund. Was haben wir eigentlich nach dem Essen noch auf dem Programm?« Und als wüsste ich nichts damit anzufangen, antwortete er nur: »Memphis, 1977.« »Ähm, aha?« © 2004 by Oliver Kern. Unerlaubte Vervielfältigung oder Weitergabe - gleich welcher Art - verboten. |