Foto von Ulrich Struve Räuberpistolen
Notizen am Rande - Buchbesprechungen von Ulrich Struve Als der Waisenknabe Bonifaz vom Vormundschaftsgericht seinem unbekannten Oheim im fernen Weiler Graab zugewiesen wird, kann sich Bonifaz nicht so recht vorstellen, was ihn dort wohl erwartet. In dem klitzekleinen Dorf im tiefsten württembergischen Wald, da wo sich allenfalls Fuchs und Hase Gute Nacht sagen, regelt der bärbeißige Onkel, so stellt sich heraus, als Schultheiß die Geschicke der Dorfbewohner.
     Josef Holubs »beinahe wahre Geschichte« aus dem Jahre 1867 erzählt, wie sich der Stadtbub Bonifaz in ein Landleben einfügt, das so gar nicht idyllisch sein will. Hier weisen die größten Misthaufen zweifelsohne die reichsten Bauern aus, deren Kinder in der Dorfschule immer ein »gut« bekommen, während die Kinder der Tagelöhner durchfallen. Hier ist für das Fernbleiben vom sonntäglichen Gottesdienst ein stolzer Gulden Strafe fällig, und wer hätte den schon übrig!
     In dieser Welt voll ländlich enger Regeln freundet sich Bonifaz ausgerechnet mit dem blonden Christian an, dem missratenen Sohn des Räubers Knapp--so zumindestens schimpft ihn ohne Fehl der strenge Dorfschulmeister Altmayer, bevor er Christian Knapp zum Xten Mal durchprügelt. Wie es kommt, dass Altmayer mit Schimpf und Schande aus dem Dorf gejagt wird, dass der Räuber Knapp wieder mit seiner Familie zusammen sein kann, statt im Wald zu hausen, und welche Rolle Bonifaz bei all dem spielt, soll hier nicht verraten werden. Nur so viel: Holub ist mit seinem Räuber Knapp ein großartiger historischer Roman für Kinder von 12 bis 99 Jahren gelungen. Und mit Bonifaz, dem Jungen, der schließlich den Mut findet zu tun, was gut und recht ist, hat er für seine Geschichte einen liebenswerten Erzähler geschaffen.

Ulrich Struve

Josef Holub: Bonifaz und der Räuber Knapp. Roman. Beltz & Gelberg, 1999. 242 Seiten., 12,90 DM/6,60 EUR (Preisangabe ohne Gewähr). ISBN 3-407-78335-3.


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