Voll gut?

Eine humoristische(?) Weinpredigt von Herbert Heckmann am 17.9.1997 in Fellbach

Und wieder im Jahr erscheint die Zeit reif für Weinproben, Lesungen und die Präsentation von Neuerscheinungen. Manches davon versucht die Stadt Fellbach in ihrem Herbstprojekt »Weingeistig« unter einen Hut zu bringen - mit einem abwechslungsreichen, wenn auch nicht immer ganz gelungenen Programm.

Nicht bierernst, sondern weinselig sollte der Abend werden, wobei Herbert Heckmann, Professor an der Offenbacher Hochschule für Gestaltung und Verfasser zahlreicher kulturgeschichtlicher Publikationen, als »glänzender Satiriker« angekündigt war. Allerdings wäre es mehr als ratsam gewesen, schon vor der Lesung einen prüfenden Blick in seine mehrere Pfund schwere, chiantirot gebundene Anthologie »Der beredte Bacchus« zu werfen.

Kaum hatte Heckmann die Kanzel im unterkühlt-sakralen Ambiente des Fellbacher Rathauses bestiegen, ergoss sich seine Weinpredigt wort- und stimmgewaltig über eine geplagte Zuhörerschaft, die in den vorderen Reihen noch tapfer dem Angriff standhielt, in den hinteren Rängen jedoch zunehmend mit Erschöpfungszuständen zu kämpfen hatte. Von Freud und Leid, von Brot und Spielen war die Rede - in einer literarischen Erscheinungsform, deren Ursprung sicherlich im Weinkonsum lag, allerdings auch nur durch solchen erträglich erschien.

So konnte die anschließende Verkostung von edlen Barrique-Weinen des Weinguts Aldinger (Chardonnay, Spätburgurder und eine gelungene Assemblage aus Lemberger und Dornfelder) als tröstlicher Lichtblick verstanden werden. Hätte der Ausschank schon früher begonnen, wäre manches an diesem Abend erträglicher gewesen.

Ingeborg Jaiser
17.09.1997


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