Im Sommer 1999 (ja, solange ist es her!) erfuhr ich vom Großen Romanpreis des Club Bertelsmann. Ich schrieb das Manuskript, das ich während meines Fernstudiums (dazu später mehr) begonnen hatte, zu Ende und schickte es an den Veranstalter. Ich glaubte an meine, wenn auch geringe, Chance, weil bei einem Wettbewerb (im Gegensatz zu unverlangt eingesendeten Manuskripten) jeder Beitrag zumindest angelesen wird. Trotzdem hörte ich fast ein Jahr nichts, und dann, wie aus heiterem Himmel, erreichte mich ein Brief, dass mein Manuskript in die engere Wahl gekommen sei. Aber entschieden war immer noch nichts. Erst nach einem weiteren Vierteljahr hatte eine unabhängige Jury mein Manuskript auf Platz 4 von mehr als 800 Einsendungen gesetzt. Jetzt, im Spätsommer 2001, also gut zwei Jahre später, ist es vollbracht. Das noch druckfrische Exemplar liegt vor mir auf dem Schreibtisch!
Aber bis dahin war es ein langer Weg. Als ich vor gut sechs Jahren beschloss, mich intensiv mit dem Schreiben zu beschäftigen, tat ich dies mit einer für meine Frau geradezu beängstigenden Leidenschaft, die ich nachhinein als ziemlich verwegen, wenn nicht sogar naiv bezeichnen möchte. Ich glaubte damals, wie so viele, die mit dem Schreiben beginnen, dass es nur eine Frage der Zeit sei, bis mein Stern am Literaturhimmel aufgehen würde. Ich schrieb also munter und voller Hoffnung drauf los, bis ich ein ca. 200-Seiten-Manuskript, mehrfach kopiert versteht sich, auf die Reise schickte. Erwartungsvoll sah ich Tag für Tag in den Briefkasten, und nach knapp drei Monaten hatte ich all meine Manuskripte wieder. Einen Standardbrief mit kunstvollen Sätzen wie »...doch leider lässt sich Ihr Werk nicht in unsere Programmstruktur einfügen« oder »... passt leider nicht in das Programmkonzept der nächsten Jahre« gab es gratis dazu. Da nützt es für die eigene Psyche wenig, dass diese Absagen selbstverständlich kein Werturteil darstellen, was bei der Vielzahl von unverlangt eingesendeten Manuskripte ja ohnehin nicht möglich ist. Jedem, dem das Gleiche schon einmal widerfahren ist, kann nachvollziehen, wie frustriert ich war. Aber meine Enttäuschung legte sich schnell, und ich begann unverzüglich, an meinem zweiten Meisterwerk zu schreiben. Immer noch mit der gleichen Euphorie und immer noch vom festen Glauben begleitet, dass es diesmal der große Durchbruch sein würde. Doch das Resultat blieb das Gleiche: Eine Absage nach der anderen. So schwer es mir auch fiel, ich musste mir eingestehen, dass ich nicht die leiseste Ahnung hatte, wie man, um mit James N. Freys Worten zu sprechen, einen »verdammt guten Roman« schreibt. Ab sofort las ich nicht nur seine Bücher, sondern verschlang alles, was mir die Kunst des Schreibens näher bringen könnte. Schließlich rang ich mich dazu durch, ein Fernstudium für Belletristik an der Axel Andersson Akademie in Hamburg zu beginnen. In den folgenden zwei Jahren lernte ich, wie man einen Plot entwickelt, den Figuren Leben einhaucht, wie man die Leser an seine Geschichte fesselt und Ausdruck und Stil verbessert. Es gibt Menschen, denen das Talent in die Wiege gelegt worden ist, und andere, zu denen ich mich auch zähle, die sich vieles hart erarbeiten müssen. Auch wenn es sich jetzt wie eine abgedroschene Phrase anhört, möchte ich Folgendes nicht unerwähnt lassen. Zu keinem Zeitpunkt kam es mir in den Sinn, mein Glück im Selbstverlag, oder gar bei einem Zuschuss-Verlag zu versuchen. Ich sehe es damals wie heute nicht ein, für mein eigenes Buch, an dem ich ein Jahr lang in meiner Freizeit gearbeitet hatte, auch noch zu bezahlen. Ich habe nie den Glauben daran verloren, dass es mir eines Tages gelingen würde, einen Verlag von meinem Manuskript zu überzeugen. Wenn nicht jetzt, dann in einem oder vielleicht zwei Jahren, aber irgendwann ganz bestimmt. Wahrscheinlich wird der eine oder andere jetzt denken: Der hat gut reden, der hat es geschafft. Ich habe mein erstes Buch veröffentlicht, nicht mehr und nicht weniger. Wenn es in den Buchläden verstaubt ist der Traum schneller vorbei, als einem lieb ist. Denn mein zweiter Roman, Rückkehr nach Campbell River hat nur dann ein Chance auf eine Veröffentlichung, wenn sich der erste Roman kostendeckend verkauft. So ist halt das Geschäft. Noch eines zum Schluss. Es gehört neben einem ausdrucksstarken Manuskript natürlich sehr viel Glück dazu, einen Verlag, bzw. Lektor zu finden, der die Geschichte genau so versteht, wie man sie niedergeschrieben hat. Das gilt erst recht für Neueinsteiger. Der eine oder andere mag auch so zum Erfolg kommen, aber für mich persönlich sind die Literaturwettbewerbe der bessere Weg, um auf sich aufmerksam zu machen. Neben meinem Roman werden bis Ende des Jahres noch drei meiner Kurzgeschichten in Anthologien veröffentlicht. Es waren alles Beiträge, mit denen ich an Ausschreibungen teilgenommen hatte. Aber letztendlich muss jeder für sich selbst entscheiden, welche Richtung er einschlägt.
| Noch zwei Fragen an Michael Romahn Die Standardfrage darf nicht fehlen: Woher nehmen Sie Ihre Ideen? Die Frage, wie es zu dem Plot kam, ist im nachhinein oft schwer zu beantworten. Im Falle von Am Ufer der Großen Seen war es so, dass ich schon immer eine Art von Road Movie schreiben wollte. Was braucht man, um solche Geschichte zu schreiben? 2 Protagonisten, wie sie unterschiedlicher nicht sein können und eine atemberaubende Landschaft, die den würdigen Rahmen eines Road Movies bildet. Irgendwann müssen sie sich treffen, aus Zufall oder auf Grund ihrer Vergangenheit. Dann kann die Geschichte beginnen. Aber ganz gleich, worüber man letztendlich schreibt: Es bleibt immer eine Gratwanderung zwischen dem, was man schreiben will, und dem, was die Leute außerhalb der eigenen vier Wände (es sollen ja möglichst viele angesprochen werden) lesen wollen. Sie haben an der Axel Andersson Akademie das Schreiben richtiggehend gelernt. Wie hat sich das auf Ihre Arbeit als Autor ausgewirkt? Tja, auch das ist nicht so einfach zu beantworten. Früher habe ich einfach drauf los geschrieben, in der Hoffnung, dass alle Handlungsfäden am Ende des Buches wieder zueinander finden. (Was meistens nicht der Fall war!) Heute fertige ich (außer dem Fahrplan) einen recht genauen Lebenslauf mit den dazugehörigen Charaktereigenschaften meiner Protagonisten an und schreibe kurze Stichworte über jedes fertige Kapitel auf, um wichtige Details für spätere Kapitel nicht aus den Augen zu verlieren. Außerdem habe ich hoffentlich gelernt, die Leser von der ersten Seite an zu fesseln, ihnen Fragen vorzugeben, die sie aufnehmen und zum Weiterlesen zwingen. | ||||||