Literatur.digital 2001

»Als Website speichern« reicht (hoffentlich) nicht
Der Deutsche Taschenbuch Verlag (dtv) und T-Online vergeben gemeinsam einen Preis für digitale Literatur

Der Pegasus ist eine Sagengestalt. Das geflügelte Pferd der griechischen Mythologie, gilt als Sinnbild der Dichtkunst. Dem Pegasus begegnet man aber vermehrt dann, wenn von Literatur und Internet die Rede ist. Auch dort ist der Name mit etwas Sagenhaftem verbunden, das es irgendwie geben muss, aber keiner glaubt so recht daran.

Update II: Preis auch 2003 wieder ausgeschrieben!
Nach 2002 wird auch 2003 der digitale Literaturpreis von dtv und T-Online wieder verliehen. Alle Infos finden sich auf den Wettbewerbsseiten 2003:
www.t-online.de/literaturpreis2003.

Update I: Die Preise wurden verliehen
Die Preisverleihung des Wettbewerbs 2001 fand am 13.10.2001 am dtv-Stand auf der Buchmesse statt. Lesen Sie hierzu unseren Bericht.

Pegasus, so hieß der Internet-Literaturwettbewerb, der überwiegend von der Wochenzeitung DIE ZEIT und IBM getragen wurde. Dreimal wurde er von 1996 bis 1998 durchgeführt (trug den Namen aber nicht von Beginn an). Die Veranstalter wollten herausfinden, ob es eine neue, durch das Internet bedingte Art von Literatur gibt. Etwas Neues, das es bislang nicht gegeben hat. Etwas, das z.B. der Film schaffte: Eine Form des Erzählens und der Darstellung, die sich der neuen technischen Mittel bedient, ja durch sie erst ermöglicht wird.
     Blickt man auf die Wettbewerbe nüchtern zurück, so kommt ihnen sicher das große und unbestrittene Verdienst zu, die Szene gebündelt und zumindest so etwas wie eine Referenz- oder Diskussionsgrundlage geschaffen zu haben. Betrachtet man jedoch die Art und Qualität der eingereichten (und ausgezeichneten!) Beiträge, so muss sich einfach Ernüchterung breit machen. Die meisten der Beiträge benötigen zum Betrachten zwar einen Computer, aber keiner davon das Internet. Es sind Formen der digitalen Literatur, die Techniken verwendet, die zwar auch im Internet verwendet werden, doch benötigen Sie dieses eigentlich nicht.
     Ein Problem der Pegasus-Wettbewerbe war, dass er öffentlich ausgeschrieben wurde und jeder aufgefordert war, Beiträge einzureichen. Die Qualität war entsprechend und oftmals »Pennäler- und Hausfrauenlyrik«, wie es Jury-Mitglied Erhard Schütz zwar hart, aber nicht unberechtigt ausdrückte. Wann immer ein Wettbewerb dieser Art ausgerufen wird, werden oftmals nur Texte von der Festplatte geladen und ins HTML-Format gewandelt, als ob dadurch der adäquaten Medienumsetzung schon genüge getan wäre. Lediglich der Ettlinger Internet-Literaturwettbewerb im Jahre 1999 kürte Preisträger und Beiträge, die sich angenehm vom üblichen Einreichungsschrott abhoben. Kein Wunder, denn die Ettlinger Jury suchte selbst im Netz nach preisverdächtigen Beiträgen. Dennoch blieb der Kreis derer, die die Wettbewerbe zur Kenntnis nahmen, eher klein und die Ausgezeichneten rekrutierten sich aus ebendiesem.
     Doch nun schicken sich zwei neue Veranstalter an, wieder nach digitalen literarischen Perlen zu fahnden. Der Deutsche Taschenbuch Verlag (dtv) und T-Online haben den Wettbewerb Literatur.digital 2001 ausgeschrieben (Anmeldeschluss war der 15. August 2001). Damit dürfte zumindest eine große Reichweite des Aufrufs garantiert sein, doch ob diese der Qualitätssteigerung dient, mag bezweifelt werden.
     Der Name des Wettbewerbs und die Wettbewerbsbedingungen zeigen klar, dass es hier unmissverständlich nicht um Netzliteratur geht. Die Beiträge dürfen »serverseitig keinen dynamischen Content (Datenbankanwendungen, freie CGI’s, u.ä.) enthalten«. Somit scheiden interaktiv-kommunikative Elemente aus. Außerdem will man sich mit dieser Einschränkung sicherlich die Option offen halten, die gesammelten Beiträge ohne größere Probleme auf eine CD bannen zu können. Lediglich als kleinster gemeinsamer Nenner (zur Darstellung und Distribution) sollen die Beiträge mit den gängigen Internet-Browsern betrachtet werden können.
     Eine gute Einführung in das Thema gibt auch der Essay des Juryvorsitzenden Roberto Simanowski, Herausgeber von dichtung-digital.
     Es ist also zu hoffen, dass dieser Wettbewerb nicht nur die animiert, die in WORD einfach nur »Als Website speichern« anklicken, sondern dass sich Designer, Texter und vielleicht Musiker und Sprecher zusammenfinden, um einen in jeder Hinsicht qualitativ hochwertigen Beitrag zur digitaler Literatur zu schaffen. Wer allerdings weiß, was z.B. CD-ROM Produktionen an Aufwand und Kosten bedeuten, der muss sich fragen, ob ein so gesehen geringes Preisgeld von DM 5.000 für den ersten Preis dies Wert ist. Hoffen wir also mit den Veranstaltern, dass auch Ruhm und Ehre Motivation genug sind (Lesen Sie unseren Bericht von der Preisverleihung).

Gero von Büttner

07.04.2001
(Update: 24.05.2003)

Weiterführende Links zum Thema:
Im Café: Bericht von der Preisverleihung
Literatur.digital 2003 - Die Wettbewerbsseiten und die Ausschreibung
Literatur.digital 2002 - Die Wettbewerbsseiten mit den Preisträgern der Jahre 2001 und 2002
Der Essay zum Wettbewerb - von Roberto Simanowski
Im Café: Unsere Berichte und Interviews zum Pegasus '97
Im Café: Unsere Berichte und Interviews zum Pegasus '98

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