Begrüßung & Tipps

Zeit- und ratlos!

Auch der Inhaber macht sich so seine Gedanken

Der Inhaber ist zeitlos ratlosDie Entscheidung der Zeit-Jury ist größtenteils auf Unverständnis gestoßen, und in der Tat muss man sich fragen, ob da nicht einiges schief gelaufen ist. Liest man die Begründung der Jury, so scheint es sich bei der vorgenommenen Preisvergabe eher um eine Verlegenheitslösung zu handeln. Man habe, so heißt es, »sensibel gestaltete Sprache, packende Storys, glänzendes Design, witzige Einfälle und durchdachte Interaktivität« nur in den wenigsten Beiträgen finden können.
     Hier muss man sich wundern, denn in der Ausschreibung heißt es noch, dass alle zur Teilnahme eingeladen sind, »die die ästhetischen und technischen Mittel des Internet einsetzen, um Sprache zu gestalten und neue Ausdrucksformen zu entwickeln. Darüber hinaus will diese Ausschreibung nicht konkreter formulieren, wie Internet-Literatur aussehen sollte bzw. könnte.«
     So legte man also bei der Bewertung Maßstäbe an, die man in der Ausschreibung nicht nennen wollte. Wäre das Ergebnis vielleicht eindeutiger ausgefallen, wenn man diese Kriterien schon von vornherein genannt hätte? Andererseits: Kann es wirklich sein, dass diese Kriterien von den 161 Beiträgen gerade mal von zweien mit Müh' und Not erreicht wurden?
     Und so bleibt am Ende die Frage: Gibt es das, was man mit dem Schlagwort »Internet-Literatur« bezeichnet, überhaupt? Schließlich gibt es ja auch keine »Buch-Literatur«. Auch ein Lyrik-Bändchen und einen 400 Seiten Roman sollte man nicht unbedingt mit gleichen Maßstäben messen. Warum versucht man es aber im Internet?

Wir sind gespannt, ob es auf der Softmoderne in Berlin erste Antworten auf diese Fragen geben wird.

Viel Spaß im Literatur-Café!

Wolfgang Tischer

P.S.: Lesen Sie auch unsere anderen Beiträge zu diesem Thema (u.a. die Interviews mit den Preisträgern).

25.08.1997


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