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Shortlist Deutscher Buchpreis 2025: Abgründe und Debüts

Shortlist Deutscher Buchpreis 2025
Shortlist Deutscher Buchpreis 2025

Aus 20 wurden 6: Die Jury des Deutschen Buchpreises hat heute (16.09.2025) die Shortlist für 2025 bekanntgegeben. Die Liste beinhaltet zwei Debüts, lässt prominente Favoriten fallen und zeigt eine thematische Linie. »Kein Zufall, dass wir mit der Shortlist des Jahres 2025 in psychologische, gesellschaftliche und politische Abgründe blicken«, erklärte Jurysprecherin Laura de Weck.

Die sechs Finalisten

  • Dorothee Elmiger: Die Holländerinnen (Carl Hanser Verlag, August 2025)
  • Kaleb Erdmann: Die Ausweichschule (park x ullstein, Juli 2025)
  • Jehona Kicaj: ë (Wallstein Verlag, Juli 2025)
  • Thomas Melle: Haus zur Sonne (Verlag Kiepenheuer & Witsch, August 2025)
  • Fiona Sironic: Am Samstag gehen die Mädchen in den Wald und jagen Sachen in die Luft (Ecco Verlag, März 2025)
  • Christine Wunnicke: Wachs (Berenberg Verlag, März 2025)

Hier sehen Sie die ursprünglichen 20 Titel der Longlist »

»Jede Lektüre ist ein Befreiungsschlag«

»Dabei immer hochliterarisch«, betonte Jurysprecherin de Weck das Niveau der Auswahl. »So unterschiedlich die Erzählweisen und die Sprachgestaltung sind, so scheinen die Romane miteinander zu korrespondieren, zum Beispiel in Themen wie Gewalt, aber auch Zärtlichkeit.« Die Spannweite reiche von Kriegsverbrechen über einen Amoklauf bis hin zur Klimakrise. De Weck dazu: »Klingt düster? Nein. Jede Lektüre auf der Shortlist ist ein Befreiungsschlag.«

Thomas Melle wieder auf der Shortlist

Mit »Haus zur Sonne« steht Thomas Melle zum vierten Mal auf einer Buchpreis-Shortlist, ohne den Preis je gewonnen zu haben. Er ist sicherlich ein Favorit. Sein Roman behandelt eine staatlich finanzierte Institution für Lebensmüde. Ebenfalls bemerkenswert an der Liste: Gleich zwei Debütromane haben es ins Finale geschafft. Jehona Kicaj erzählt in »ë« von den Nachwirkungen des Kosovokriegs, während Kaleb Erdmann in »Die Ausweichschule« seine Erfahrungen mit dem Amoklauf von Erfurt am 26. April 2002 verarbeitet.

Große Namen fallen wie immer raus

Nach bewährtem Schema sind die etablierten Autoren Michael Köhlmeier (»Die Verdorbenen«), Jonas Lüscher (»Verzauberte Vorbestimmung«) und Feridun Zaimoglu (»Sohn ohne Vater«) zwischen Longlist und Shortlist ausgeschieden. Ein typisches Buchpreis-Phänomen: Bekannte Namen werden gerne auf die Shortlist genommen, verschwinden dann aber meist wieder, um Entdeckungen und eher Unbekanntes in den Fokus zu stellen und diesen Büchern eine Chance zu geben. Auf der Shortlist stehen vier Autorinnen und zwei Autoren.

Die Mischung zwischen großen Verlagen wie Hanser und Kiepenheuer & Witsch und kleineren wie Wallstein und Berenberg wurde auch auf der Shortlist beibehalten.

Gesellschaftliche Verwerfungen

Die Romane verbindet eine düstere Grundstimmung. »Bei Kicaj knirschen Kriegsverbrechen auch nach Jahrzehnten im menschlichen Gebiss, bei Erdmann verändert ein Amoklauf die Psychologie einer ganzen Stadt«, beschreibt de Weck die thematische Bandbreite. Während Sironic »sich der fortgeschrittenen Klimakrise mit Karacho und Liebe« annimmt, folgt man bei Wunnicke »zwei Frauen, die sich aus Konventionen so gar nichts machen«.

Preisverleihung am 13. Oktober 2025

Der Gewinner-Titel wird am 13. Oktober zum Auftakt der Frankfurter Buchmesse im Kaisersaal des Frankfurter Römers bekannt gegeben. Der Hauptpreis ist mit 25.000 Euro dotiert, die fünf Finalisten erhalten jeweils 2.500 Euro. Die Jury unter Laura de Weck hat sich erkennbar für eine riskante, literarisch anspruchsvolle Auswahl entschieden, die gesellschaftliche Relevanz über kommerzielle Erwartungen stellt.

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