Wellers Wahre Worte am Café Tisch
Mai 2003 - Die monatliche Kolumne von Wilhelm Weller


Reden ist Silber, Blasen ist Gold

Die Geschichten des E.

Wilhelm Weller


Aus wissenschaftlich-soziologischer Sicht unternehmen derzeit der Fußballspieler Stefan Effenberg (»Effe«) und seine Gespielin Claudia Strunz einen gemeinsamen Vorstoß ins unmoralische Abseits, um die Schamgrenzen der deutschen Gesellschaft neu zu justieren.
     Unterstützung erfahren die beiden neben Effes Buchverleger Bernd Lunkewitz beinahe unvermeidlich auch von einem hierin bewährten und prädestinierten Organ: So war es durch omnipräsente BILD-Plakate in den letzten Tagen nahezu unmöglich, der Aufklärungsoffensive des omnipotenten Ex-Bayern-Stars zu entkommen.
     Nicht einmal eine durch schwarzes Tuch tief verhüllte Muslimin konnte sich der unheimlichen interkulturellen Begegnung mit Stefan E. und Claudia S. entziehen.
     So lud uns die vor dem Bild der beiden Halbnackten minutenlang sinnierende Fatima zu nachgerade philosophischen Betrachtungen ein: Wandeln wir im Westen durch eine sich Mal um Mal weitende hall of shame, haben wir den Pfad der Tugend ganz verlassen, hatten Bin Laden und Mohammed Atta womöglich recht?

Um Klarheit zu gewinnen, entschlossen wir uns, den casus delicti und seine Akteure in Effes Haus genauer in Augenschein zu nehmen. Ziel: Dort weiterzumachen, wo BILD und sein Effe-Plakat in einer Art von illustriertem präcox vorzeitig aufgehört hatten. Nichts, nichts weniger als die ganze Wahrheit wollten wir erfahren.
     Das mit Effenberg und Strunz geführte Interview fand dabei unter erschwerten Bedingungen statt, da die beiden zeitgleich gefilmt wurden und Regieanweisungen folgen mussten - auch dies natürlich, um Effes neues Buch zu promoten: »Ich hab's allen gezeigt«. Für alle Beteiligten nicht ganz einfach, aber schnell als ein synergetischer »live act« erkannt, der sowohl dem Interview als auch dem Film einen besonderen Kick geben würde.

WW: Herr Effenberg, Sie bekennen, dass Sie in der Liebe Egoist sind, verletzen Sie damit nicht die Gefühle Ihrer Partnerin?

SE: Wieso? Welche Gefühle?

WW: Eine Frau will von ihrem Partner doch hören, dass er bereit ist, alles für sie zu tun und alles für sie zu geben, doch nicht, dass er ein Egoist ist.

SE: Tu ich doch.

Regie: Effe, etwas zärtlicher! Du sollst ihren Kopf streicheln, nicht tätscheln.

WW: Glauben Sie, dass Claudia das ebenso sieht?

SE: Frag Sie doch!

WW: Frau Strunz, haben Sie das Gefühl, dass Stefan alles für Sie geben würde?

CS: Hmm

Regie: Halt, jetzt keine Unterbrechungen! Claudia, konzentriere Dich ganz auf Stefan. Kamera zoomt auf sein Gesicht.

WW: Herr Effenberg, auf dem bekannten Plakat trägt Claudia eine schwarze Augenbinde, auch jetzt. War das eine ästhetische Entscheidung, oder ....

SE: Aaaah!

WW: oder eine Anleihe bei Pauline Reage's »L'histoire d'O«? Darin legt Sir Stephen seiner unterwürfigen Geliebten ebenfalls eine schwarze Augenbinde um.

SE: Wer?

WW: Sie kennen doch sicher »Die Geschichte der O«?

SE: Geiler Film! Aaaah!

Regie: Claudia, nicht so heftig, langsamer, der kommt sonst zu früh! Kamera in die Totale.

WW: Frau Strunz, spielen Sie in dieser Kampagne die Rolle der O?

CS: Hmm, hmm

SE: Mann, vergiss die dämliche Binde, ich will nur nicht, dass sie meine Wampe sieht.

WW: Können Sie nicht darauf vertrauen, dass Claudia Ihre inneren Werte wichtiger sind als Ihre Wampe?

CS: Hmm, hmm

SE: Claudia, lutschen sag ich, lutschen! Angriff ist die beste Verteidigung!

Regie: Stop, Ton aus, keine spontanen Dialoge.

CS: Ich sag doch nichts.

Regie: Also weiter!

SE: Ich kann nicht.

WW: Herr Effenberg, wie verkraften Sie Ihren Abschied vom Profifußball?

Regie: Strengt Euch etwas an!

SE: Man soll aufhören, wenn es am Besten ist.

WW: War das denn in Wolfsburg der Fall?

SE: Jaah! Gut so! Oooh!

Regie: Ja, gut so!

WW: Frau Strunz, haben Sie das Gefühl, für Sir Stephen jetzt eine noch wichtigere Rolle zu spielen?

CS: Hmmh!

SE: Jaaaaaah!

Regie: Tor! Tor!

Es gibt Momente, in denen ein Bild mehr sagt als tausend Worte. Wir jedenfalls haben uns von der tiefen Leidenschaft überzeugt, die Stefan Effenberg und Claudia Strunz aneinander bindet - uns hat er alles gezeigt und ihr alles gegeben. Hoffentlich konnten wir durch unser ungewöhnliches Interviewsetting auch Sie, unsere Leser, ein wenig von dieser Leidenschaft erahnen lassen: Eine Leidenschaft, die zu Recht die mediale, ja sogar die literarische Welt in Atem hält.

WAHR Dir Deine Meinung!

Ihr Wilhelm Weller

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