BUCHSTABENSUPPE Suppentasse
Das Online-Projekt
des literaturcafe.de

 
Dorfklatsch im Alphabet
von Jochen König

»Das M macht sich immer breiter!« klagte das N.
     Â»Das N will immer den letzten Buchstaben bilden!« klagte das B.
     Â»B wie Bildung!« höhnte das V, und weiter: »KörbchengröÃ?e 75 B«.
     Â»Kaum lerne ich einen Geistesverwandten kennen, entsteht ein W!« jammerte das V. »Verhütung täte Not!«
     Â»Ich nehme Dich!« sagte das C, denn als »Vitamin« war es am beliebtesten.
     Â»Hau ab, denunziatorisches Ungelöst!« grölten X und Y unisono und verpassten dem Beschimpften einen kräftigen Tritt, dass es aus dem Leitz-Ordner flog (achtkantig). Danach gründeten Sie ein Chromosomenpaar.
     Das »L« indes war verliebt. In das K. Doch kamen sie nicht zusammen, die Königskinder. Denn keine Sprache hatte ein Wort parat, das mit »Lk...« begann. »Dann tauschen wir die Position!« jubelte das »K«! »Klasse!« schrie das L, warf die Asse ab und alles war gut!
     Das »J« ruhte sich aus, war es doch zu oft als Spazierstock gebraucht worden, so dass sein Kopf voller Blut war.
     Â»Hurra!« rief das H. Und »Hallo!«. Immer wenn Menschen sich freuen, bin ich vorne, ganz vorne. »GrüÃ? Gott« entgegnete pikiert das G, das zudem darauf verwies, sowohl im Alphabet als auch auf der Tastatur vor dem »H« zu stehen.
     Genau darauf wies nun das »F« das »G« hin. »Halt den Mund, Du Krüppel« brüllte das »E« arrogant von links oben zum »F«.
     Souverän hielten sich »D« und »S« aus dem Kladderadatsch heraus, waren sie sich doch ihrer Bedeutung für Die Sprache bewusst und schon oft genug auch in diesem Text bemüht worden.
     Das A hatte ein @ auf die Q-Taste gelegt, auf die es seit Erfindung der Schreibmaschinentastatur Anspruch erhebt und jährlich in Passau revanchistische Vertriebenentreffen abhielt Â? mit anderen As, die laut im Chor rufen »Die Qs sind unser Unglück«.
     Â»Penisneid« lästerte das R, als das »P« sich beklagte, immer mit Prostitution und Pornographie in Verbindung gebracht zu werden.
     Zufrieden musterte sich das O im Spiegel und bewunderte seine perfekte Form. »Ohne mich kommt keine »Oder-Verknüpfung zustande« war es sich seiner Rolle sehr bewusst.
     Â»Ich!« sagte das I, »Ich habe die perfekte Form!« Keine Schnörkel, keine FüÃ?chen. Vokalalarm: O und U klopften sich um den I-Punkt, denn sie wollte als Ã? bzw. Ã? auf den Maskenball gehen, zu dem sie vom Ã? eingeladen waren.
     Â»der letzte Eindruck ist der entscheidende« tröstete sich das Z, dass von Unbekannten eine rote Laterne angehängt bekommen hatte.
     Das T hatte es satt als T-Träger dauernd auf dem Bau eingesetzt zu werden und meldete den R-Träger als Patent an, was das R unerträglich fand.
     Das E hatte sich soeben beim F entschuldigt, um zur Taufe des kleinen Effenbergsöhnchens gut dazustehen.
     Â»Wer, wie, wo, was , warum, weshalb, wohin, woher, wozu, wann Â? mich kotzt diese ganze Fragerei in Talkshows und vor Gericht an!«, sagte das »W« und wanderte gen Papua-Neuguineas aus. Dort wurden notorische Frager vorzugsweise dem Kochtopf vorgeführt.
     An der Quelle saÃ? ein Frosch und produzierte Qs ohne Ende.
     Ohne Ende.

© 2002 by Jochen König. Unerlaubte Vervielfältigung oder Weitergabe - gleich welcher Art - verboten.

ZurückWeiter