Innere Leere war für sie wie ein Strich. Sie lebte geradeaus, dem Strich entlang. Satz von Cecile Sommer, Russikon, Schweiz Die Geschichte zum Satz: Sie balancierte. Sie nahm einen Schirm zu Hilfe. Der Schirm war rot. Auf dem Schirm war Blumenkohl abgebildet. Kräftige Köpfe mit strahlend weißen Röschen und grünen Blättern. Ein fröhlicher Schirm. Trotzdem, sie vermied, nach links oder rechts zu schauen. Immer nur geradeaus, dachte sie. Dabei war es doch bunt da, links von ihr. Und es war aufregend da, rechts von ihr. Und sie hörte Musik da, hinter sich. Und sie sah Menschen, da, überall. Dennoch hielt sie sich an die Markierung. Warum und wieso? Möglich, dass die Berge sie einschnürten, dass die Horizonte, die nie weiter reichten als bis zum nächsten Gipfel, sie verunsicherten? Möglich, dass diese späten Sonnenaufgänge und frühen Sonnenuntergänge sie zwangen, an gerader Linie zu leben? Eins, zwei, drei - - - vier, wollte sie sagen, aber dann begann sie bei Eins, erstaunt, dass aus ihrem Marsch plötzlich ein Dreivierteltakt geworden war. Eins, zwei, drei.... Sie neigte den Blumenkohlschirm und gab sich diesem neuen Gefühl hin. Wie gut das tat! Wie das beschwingte. Wie das anfeuerte. Und als sie sich drehen wollte in ihrer Freude, verlor sie das Gleichgewicht und stürzte in ihre Leere zurück. Da war wieder der Strich. Unnütz und sich in der Ferne verlierend. Eins - zwei - drei??? dachte sie. Ob ich es noch einmal versuche? |