Tagebuchfragmente des Hl. Nikolaus aus dem Jahre 2001
Für Fans und Ungläubige
überliefert durch Klaudiusz Radzanowski

3 Januar.
Silvester habe ich in Gesellschaft meiner Rentiere Drumna und Voff verbracht. Ich sättigte mich mit köstlichen Zungen der Eisbären, die ich den Eskimos zu jagen befahl. Tagtäglich mache ich mir Eissandwiches mit Zitronen, von denen ich letzten Monat einen ganzen Haufen aus Neuguinea mitgebracht habe. Ich fühle mich außerordentlich wohl hier - diese frostige Luft tut mir sehr gut.
     Ich befinde mich in der Nähe der meteorologischen Wetterstation Thule, irgendwo auf dem 67° westlicher Länge.

5 Januar.
Habe heute einen Brief an den Vorstand der Internationalen Tierschutzorganisation geschickt mit der tiefstgehenden Entschuldigung für die ein paar Eisbären, deren Tod ich veranlasst hatte. Dem Chef verspreche ich dafür zu Weihnachten einen nagelneuen Volvo.

10 Januar.
Es wird immer kälter. Die Rentiere wälzen sich im arktischen Schnee. Durch ihre angefeuchteten Nüstern steigen hin und wieder tanzende Dampfknäuel empor.
     In der Freizeit meditiere ich in der Loteis-Sitzstellung. Während ich so in aller Ruhe über die dicke und harte Fläche der ewigen Eisscholle schwebe, holt mich das laute Kichern der Eskimos wieder in die Realität zurück.

19 Januar.
Heute Nacht ist mir im Traum der Ur-Nikolaus erschienen und priviligierte mich drei mal eine kurze Reise in die Vergangenheit antreten zu können. Ich nutze gleich die erste Möglichkeit und gehe in das Jahr 1553 zum französischen Arzt und Astrologen Nostradamus. Ich schaue seine Originalschriften durch und muss feststellen, dass er außer den weltbewegenden Ereignissen auch so profane Objekte, wie den Rasenmäher oder den Walkman vorausgesagt hat.

1 Februar.
Fliege nach Rio zum Karneval. Ab und an will ich mich einfach ein bisschen amüsieren und dort gibt es die ultimative Gelegenheit dazu. Auf dem Weg höre ich im Radio, dass irgendwelche Trottel meinen Reiseschlitten für ein UFO gehalten haben.

4 Februar.
Nach drei Tagen, schon fast besinnungslos, tanze ich kaum noch. Auf meinen Kopf fallen ununterbrochen Luftballons und Serpentinschleifen. Ich halte es nicht mehr aus in dem Karnevalszug mitzugehen. Dränge mich durch die Schar der schokoladenbraunen Brasilianerinnen, die unendlich zu dem Sambarhythmus stampfen. Einige von ihnen sind so von ihrem Tanz besessen und registrieren es gar nicht, dass sie mir dabei auf die Zehen treten. Der Schmerz übersteigt die Höflichkeitsformeln und in einer in mir explodierenden Wut reiße ich von zweien dieser Schönheiten ihre bunten Röcke herunter. Die Tänzerinnen erheben einen unerhörten Lärm und schon werde ich von der Polizei abgeführt.
     Auf dem Revier wollen mir die Bullen keinen Kaffee machen und so bringe ich einen ausschweifenden Krawall in Schwung und verletze dabei drei Beamte. Aufgrund dessen lande ich in einem Zwangslager auf einer Kaffeeplantage bei Rozritto.

23 März.
Seit ungefähr eineinhalb Monaten bin ich bereits hier. Die Arbeit ist nicht leicht. Ich musste meinen langen Bart abrasieren - Diese Schurken, dafür werden sie mir noch bezahlen!
     Andererseits habe ich hier ein kleines Geschäft angekurbelt. Ich habe nämlich von dem Plantagenbesitzer 3 Tausend Kilo reinen brasilianischen Kaffee zum vierfach günstigeren Preis als im Großhandel bestellt. Er wird für mich kurz vor Weihnachten in Rozritto zum Abholen bereit stehen. Was ich damit machen werde? Natürlich wird dieser Kaffee das Weihnachtsgeschenk für ältere Männer und Frauen in Ostblockstaaten, Russland und anderen Hoheziffer-Welten sein. Sie werden sich bestimmt freuen und schmunzelnd über ihren dampfenden Bechern hängen.
     Nächste Woche komme ich endlich hier raus.

4 April.
Vor der St. Petrus Basilika in Rom weihe ich, als Papst verkleidet, die Ostereier. Obwohl sich die Menschen wundern - die Osterfeiertage ehren soeben »das Wunder« schlechthin - hat hier keiner daran etwas auszusetzen und ich kann noch in päpstlicher Ruhe auf den Treppen kniend meine letzten Übeltaten abbüßen und den Herrn um Kräfte für die kommende Zeit bitten.

20 April.
In der Tat, weiß ich in dieser regnerischen Zeit nichts mit mir anzufangen. Versuche schon langsam über das Anschaffen der Weihnachtsgeschenke nachzudenken, aber ... Ihr selbst wisst genau, wie schwierig es ist, sich an die Arbeit zu machen.

2 Mai.
Zur Walpurgisnacht wurde ich auf den »Kahlen Berg« eingeladen. Nach den Getränken, die das Blut in den Adern aufkochen ließen, begannen die Tänze. Ich hatte mir sagen lassen, dass es eine Ehre ist, hier auf dem »Kahlen Berg« mit all den Hexen tanzen zu dürfen. Um Mitternacht erreichte die allgemeine Belustigung den Höhepunkt. Die ordentlich betrunkenen Zauberinnen schrien ihre unverständlichen Zaubersprüche in die Lüfte. Schließlich entblößten sie sich und sprangen hin und her übers Feuer.
     Bis an die frühen Morgenstunden saß ich an dem mit Glühwein kollerndem Kessel, während über dem Berg eine Wolke des vom riesigen Lagerfeuer steigenden Rauches schwebte. Als ich dann am Vormittag des folgenden Tages den Bergrücken herunterkam, erblickte ich zwei verbrannte Kadaver. Ich hatte keine Zweifel, das Feuer verschonte gerade jene Hexen nicht, die mir am Vortag geraten hatten, die Weihnachtsgeschenke aus den Läden zu stehlen. Es war eindeutig eine falsche Art Magie.

15 Mai.
Ich entschließe mich Smooth und sein »Künstliches Städtchen« zu besuchen. Er wohnt auf einem kleinen Planeten Iforgot, der sich in der Spiralgalaxie NGC 1365 des Fornax Sternsystems befindet. Ich hoffe, er wird zu Hause sein.

17 Mai.
Mit einer Geschwindigkeit von 250 Mill. km/s durchfliege ich die Große und dann die Kleine Magellansche Wolke. Jetzt noch ca. 40 Stunden einer schwarzen Dunkelheit, wie die in einer sternlosen und winterlichen Nacht.

20 Mai.
Gestern durchkreuzte ich das Sternsystem NGC 6822 und konnte  einige seltsame interstellare oder auch interplanetare Bewegungen beobachten. Etwas, wie ein heller Regen tröpfelte von einem Stern zum anderen. Und wieder vom zweiten zum Ersten. Diese Erscheinung kündigte vielleicht einen zukünftigen Zusammenstoß mehrerer Sonnensysteme, was zu der Entstehung vieler neuen Galaxien führen würde. Doch wer weiß, vielleicht waren das einfach Wanderungen irgendwelcher fremder Völker, die auf dem benachbartem Planet Einkäufe machten oder ihre Verwandten in modernisiert ausgestatteten Krankenhäusern besuchten.

22 Mai.
Bin schon hier, auf Iforgot. Man könnte meinen, es ist eine andere Welt.
     Schon von Weitem hat mich Smooth mit violet-rot farbenen Laserfahnen begrüßt und so auf den Landeplatz navigiert. Es ist sehr heiss hier, etwa über 50°C und man trägt hier so komische Chamäleon-Anzüge. Man kann sie vielseitig nutzen: normal, als Schutzanzug oder als fortbewegendes Mobil oder Schutzanzug mit Regenschirm. Und sie schützen alle dauernd vor den brennenden Temperaturen.
     Grolls, die hier zusammen mit Smooth und ein paar anderen Trokken wohnen, sind sonderbare Wesen. Klein, mit großen Köpfen und schmalen, bis zu Erde herabhängenden Pfoten. Sie bewegen sich auf vier kurzen Beinen. Eigentlich sind sie ganz gutmütig, nur müssen sie ununterbrochen eine heiße Schmiere spucken, die ihr geheimnisvoller Organismus im Inneren produziert. Deshalb werden sie dort nicht hereingelassen, wo sich Trokken, Wesen, die den Menschen sehr ähnlich sind, aufhalten. Grolls wollen aber dort auch nicht hinein. Schon vor langer Zeit fanden sie Gefallen an den Alten Badehäusern, die die letzten ortsansäßigen Bewohner hinterlassen haben und so verweilen sie dort und vertreiben so ihre Zeit.
     Außerdem bauten Smooth und seine Kollegen Metallbäume für die Grolls, damit sie sich genug bewegen können und eine Umgebung zum Spielen haben. Aber hoch in ihren Ästen bringen nur alte Eremiten ihre ganze Zeit zu. Man muss aufpassen, wenn man dort unter den Metallbäumen spazieren geht, da man leicht von der kochenden Schmiere etwas abkriegen kann. Am besten hilft der Chamäleon-Anzug mit dem Regenschirm.

14 Juni.
Bin bereits auf dem Rückweg zur Erde. Von Smooth habe ich zum Abschied ein tolles Geschenk bekommen - eine klassische Tarnkappe aus dem Märchen. Es ist eines der Kleinerzeugnisse aus den Laboren der Wissenschaftsgesellschaft »Science Fornax«, in der Trokken und Grolls zusammenarbeiten.
     Mache eine kurze Pause auf dem Planet »Coffyy«, der sich seiner auserlesenen Arten und ausgesuchten Zubereitungsmethoden des Kaffees rühmt. Ich koste die Black Light und Space Mokka. Lecker und ausgezeichnet!

1 Juli.
Bin bei der Grabstätte des »Unbekannten Soldaten« in Warschau angekommen. Ich will hier Blumen niederlegen. Die Wachen wollen mich aber nicht näher lassen. Sie sagen: - Bitte ziehen Sie sich erstmal um. - und zeigen dabei auf meine rote Weinachtsmannuniform. Ich habe sie beide tief ... (in Erinnerung) und gehe bald davon, nachdem ich den Blumenkranz ihnen vor die Füße lege. Sie werden ihn schon an richtiger Stelle platzieren, hoffe ich.

12 Juli.
Nehme an einem internationalen Symposium im Bax Planck Institut in Nashville/Tennesse teil. Das Thema: Anatomie des Lebkuchens in der Moderne.

18 Juli.
Bin beim Pferderennen in Sydney. Setze eine richtige Summe auf das Pferd Nikolaus, doch es bringt mir leider kein Glück.

30 Juli.
Ich fange konstruktiv an das Herbeischaffen der Weihnachtsgeschenke zu denken und organisiere einen  Banküberfall in Bayern, mache dabei Gebrauch von der Tarnkappe von Smooth und meinen Deutschkenntnissen. Raffe eine mittelhohe Summe von 500.000 DM zusammen.

7 August.
Gestern im Zoologischen Garten im Central Park von New York gewesen. Ich sprach vertraulich mit einem alten Elefanten. Er beklagte sich über die dort herrschenden Bedingungen und enthüllte mir mindestens einen seiner tiefsten Wünsche. Er wünschte sich im echten afrikanischen Sand und in der Umgebung riesiger Affenbrotbäume zu sterben. Ich versprach ihm, ihn bald dorthin zu versetzen.

11 August.
Ich mache mich auf die Reise ins Märchenland. Nur noch die Fahrkarte für den Space-G-Shuttle und es kann losgehen. In der Hauptstadt marschiert ein gewaltiger Leichenzug. Ich stelle fest, es ist der Todesmarsch für Barbapapa. Ich treffe die traurigen Donald Duck, Pumuckl, Biene Maja, Rapunzel und Zwirek. Mit dem Letzten gehen wir danach noch ins Märchenmuseum und in das Café Bodowodol einen Waldcocktail trinken.

20 August.
Moskau. Inmitten der roten Gesichter und Fahnen gehe ich in einer feierlichen Parade auf dem Roten Platz. Ich nicke ein bisschen übetrieben dem Präsidenten Jelzin zu, da er uns allen, die hier unten marschieren ununterbrochen mit der Hand zuwinkt. Als mich der Präsident erblickt, gefällt ihm meine Zutraulichkeit nicht und er zeigt mich sofort seinen Leibwächtern. Gehe ruhig noch ein paar Schritte weiter und ziehe gleich meine unersetzliche Tarnkappe über.

25 August.
In kleinen Touren besorge ich die ersten Geschenke: Bücher, Krawatten, Rock-CDs, Spiele, Socken, Parfüms, gläserne Blumenvasen und viele andere Kleinigkeiten. Fahre das alles zu meinem Lagerhaus unter dem Gaußberg in der Antarktis.

3 September.
Vor zwei Tagen veranstaltete ich in Paris Bungy-Jumping für die Stars. Vom Eifelturm zu springen, ließen sich auch viele Prominente überreden: Jacques Chirac mit seiner Frau, Kirk Douglas, Schriftsteller Günter Grass, Mellanie Griffith, Michael Jackson und Stefan Porsche, der Enkel des Autoindustrie-Führers. Frau Griffith erbrach bereits auf der ersten Sichtterrasse. Ein anwesender Arzt nahm ihr eine kleine Phiole mit Kokain ab, das sie noch vor dem Sprung – wie sie selbst zugab – essen und schnupfen wollte.

21 September.
In New Orleans/Louisiana gründe ich meinen Fan-Club. Dann führe ich eine Kampagne zugunsten der sterbenden Kinder durch. Die reichen Amerikaner nehmen von mir meine Kontonummer und meinen Namen für eine aktiv handelnde Wohltätigkeitsorganisation. Nach den freigiebigen Spenden mache ich mich auf den Weg, die nächsten Weihnachtsgeschenke zu kaufen. Es fällt einem immer noch was ein. Und natürlich kaufe ich auch für Kiddies ein.

29 September.
Bekomme einen Brief aus Hollywood. Sie wollen einen Film über mich machen. Ich bin nicht einverstanden und versichere ihnen, dass mir die Schenklust angeboren ist, ich sie eigentlich vererbt bekam, es gänzlich uneigennützig tue und deswegen keinen besonderen Ruf brauche, denn die Menschen kennen mich sehr gut.

10 Oktober.
Habe heute einen Gastauftritt bei einer Radiosendung Musik der Heiligen gehabt. Ich präsentierte dort die mittelalterliche Musik Orlando de Lassos. Außerdem las ich aus „Robin Hood“ vor. Dazu fand noch in Begleitung der Redaktionskollegen ein »Kosmogonischer Quiz« für die Hörer statt. Es gab auch tolle Gewinnpreise: Sonnensystem zum Selberbasteln und andere.

18 Oktober.
Nutze meine zweite Möglichkeit einer Reise in die Vergangenheit. Fliege in das Jahr 0 und schließe mich den Drei Königen an, die zum Kindlein Jesu eilen. Schenke dem Gottessohn einen Rubik-Würfel und ein Jo-Jo. Ein Weilchen später flüstere ich ihm ins Ohr: - Nenne bitte einen deiner Jünger, Nikolaus...

22 Oktober.
Habe einen Gastvortrag an der Jagiellonischen Universität in Krakau zum Thema: Über die Geschenke im Allgemeinen: das Mittelalter, Goethes Zeitalter, die 20er-Jahre.     

4 November.
Besuchte heute das Imieslaw Nowosielski Krankenhaus in Zürich, die Sektion: Psychiatrie. Spazierte so in einem Saal zwischen den Kranken herum. Ein kleiner Mann mit weißem Haar rief mir fortwährend - Vater! Vater! – nach. Ein anderer zog mir meine Mütze vom Kopf, zog sie sich selbst über und wollte so im Hof spazieren gehen.
     Ich bewunderte Bilder und Collagen, die die Kranken selbst gemacht haben - ihre Kunst hat etwas Außerordentliches und Unheimliches an sich. Im Allgemeinen herrschte im Saal ein lärmendes Getümmel. Schließlich gab es hier ungefähr 12 Menschen auf einem Fleck.
     Noch ein anderer Patient fragte mich, ob ich es nicht zufällig war, der eine der Geschlechtskrankheiten eingeschleppt hat. Plötzlich kam ein Arzt herein und als er mich erblickte, sagte er schnell: - Bitte, bitte gehen sie doch zu ihrer Gruppe zurück. - Und gleich darauf wand er sich mir viel sanfter zu, seine rechte Hand auf meine Schulter legend. - Dort wartet man schon bestimmt auf sie. - Ich erklärte ihm, dass ich selbst nicht dazugehöre und hier nur die Kranken besuchen wollte. Doch der Arzt schien mir nicht gut zuzuhören und nickte nur mit seinem kühlen Glatzkopf. Darum ging ich schnellstens zur Tür und verließ auch bald das Spital.

12 November.
Vor ein paar Tagen habe ich eine schön gelegene Holzhütte in den Pyrenäen gemietet, in der ich jetzt eine ruhige Zeit verbringe. Sitze auf einem großen Sessel, der Kamin brutzelt. Meine Pfeife brotzelt. An den Vormittagen male ich ein Bild: Auferstehung des Ur-Nicolausius.

24 November.
Der nächste und letzte Einkauf der Weihnachtsgeschenke für das von den Spenden angesammelte Geld, die ich aufgrund meines neulichen Auftritts im Regionalfernsehen in Los Angeles, in der Sendung Studio Poor erhalten habe. Ich habe dort überzeugend, wenn auch vielleicht zu scharf, formuliert und Stellung zu den Armen und Reichen in der Welt bezogen.
     Kaufe Süßigkeiten, Musikinstrumente, Spitzenwäsche, Bauklötze, Fotokameras, Reisetaschen aus Leder und andere Plüschtiere.

2 Dezember.
Bin zufällig beim Tod eines kleinen Mädchens auf der Straße von Delhi. Nachdem der Tod sie der Welt nahm, nehme ich sie an der Hand und wir spazieren zusammen den Himmel entlang. Ich zeige ihr von oben alles, was ihr noch nicht gegeben war zu sehen. Ihre Augen spritzen noch mit Frische und glänzen vor Freude. Wir trinken die kühl dünstende Milch der Wolken und lassen uns von dem Luftteppich forttragen. Danach bringe ich sie noch zur Himmelspforte und kehre heim.

6 Dezember.
Heute ist mein Namenstag. Meine Mutter hat gerade angerufen und mich daran erinnert. Sollte noch zum Friseur gehen und meinen Bart weiß färben lassen. Die Zeit meines aktiven Einsatzes als Weihnachtsmann kommt näher.

10 Dezember.
Fliege nach Brasilien und hole den Weihnachtskaffee ab. Zahle »wie viel der Plantagenbesitzer will« Peseta. Schließlich habe ich jetzt wieder einen schönen, langen Bart und bin dem Macht-Kooperanten nicht mehr böse.

13 Dezember.
Nutze die dritte Möglichkeit einer Reise in die Vergangenheit. Gehe in das Jahr 1874 zu Nietzsche. Der Friedrich will mich zuerst nicht hereinlassen, doch als er erfährt, wer ich bin, lässt er ab und begrüßt mich mit einem vorzüglichen Wein. Nach einer Plauderei überrasche ich ihn ein wenig, indem ich ihm Shut up 'n' play yer guitar von Zappa vorspiele. Zwar sei es, seiner Meinung nach nicht so gut wie Wagner, aber schon irgendwie sehr laut und sonderbar. Er möchte, dass ich ihm unbedingt das komische Gerät mit den spielenden Klappohren da lasse. Ich kann es aber nicht und versuche ihn davon abzubringen, doch Nietzsche ist sturr und erbittet es trotzdem weinerlich werdend. Nein, ich kann es nicht riskieren. Vielleicht ändert es so die Zukunft, dass wenn ich zurückkehre ins Jahr 2000, dort all die Menschen schon tot sein werden und ich hätte nichts zu tun und könnte niemanden mehr beschenken. Packe dann schnell meine Sachen und verlasse den Aufgewühlten in seiner Stube.
     Auf dem Weg setze ich noch den alten Elefanten, den ich aus dem Central Park mitgenommen habe, in Kenia in der wunderschönen Gegend vom Kilimangaro ab.

15 Dezember.
Ich bereite mich mental auf das Entgegennehmen der Weihnachts-Megapost, die schon bald in Tagen bei mir erscheinen sollte.

18 Dezember.
Koche ein Absud aus all den Briefen und trinke ihn, den Zwieback dazu beißend. Es dauert zwei Tage bis ich alles runterschlucke. Dannach weiß ich ungefähr, dass Nicole sich zum Beispiel ein Puppenzimmer und Pepe eine Trommel wünscht.

21 Dezember.
Mit allen Geschenken gehe ich in die siebte Dimension über. Sie existiert gleichzeitig mit all den anderen Realitätsebenen und ist mit eigenartigen visuellen Rastern ausgestattet (Cubic Space Division). Bringe alle Geschenke an entsprechenden Plätzen unter. Richtig erschöpft, lege ich mich dann auf das virtuelle Sofa, gleich neben dem Steuertisch.

23 Dezember.
Auf dem Monitor sehe ich meine Fans, die Straßen der großen Städte entlanglaufen. Sie sind gekleidet wie ich, tragen einen weißen - natürlich nur angeklebten - Bart, rote Mützen und werfen mit Bonbons nach Kindern. Es ist schon so was in der Art wie ich es auch machen würde, wenn ich meine besseren und globallösenden Ideen nicht hätte.

24 Dezember.
Drücke den Umschaltknopf, den automatischen Santa Claus, der die Geschenke aus der siebten Dimension in alle Häuser versetzen wird und... Schon passiert.
     Auf den Monitoren sehe ich wie die Ersten bereits ihre Weihnachtspäckchen betrachten und auspacken: - Oh, was für ein schönes Strümpfchen... – oder: - Und diese Schoko-Kugel. Perfekt. Danke, danke!

28 Dezember.
Gestern zufällig in einem Tanzlokal in Vegas gewesen. Die Gäste hielten mich für einen verkleideten Türsteher. Ich nahm sogar am »Winterlichen Tanzwettbewerb« teil. Nach coolen Drinks und den sehr ansprechenden Umrissen meiner Partnerin folgend, tanzten wir solange auf künstlichen Schneehaufen bis sie tauten.

Ende
Arktis, 14.01.2002

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