Juni 1999 - Diesmal von Wolfgang Tischer
»Was würdest du denn tun?« | |
In Kriegszeiten gibt es keine sachlichen Informationen. Im Krieg herrscht Zensur. Die Machthabenden müssen ihre Bevölkerung hinter sich wissen, müssen den Menschen das Bild vermitteln, dass ihr Volk zu den Guten gehört und die anderen die Bösen sind. Dies geht nur, indem Meinungen manipuliert werden. Einmal hat das nicht ganz so gut geklappt: in Vietnam. Aber sonst: Hitler hat die Deutschen hinter sich gebracht, Milosevic die Serben und die NATO die Menschen der westlichen Welt. Nicht immer lassen sich alle überzeugen, aber das muss man in Kauf nehmen, solange die Meinung nicht umkippt. In Europa herrschte plötzlich wieder Krieg, und wir leben in einer Informationsgesellschaft. Also sind wir auch über den Krieg informiert. Doch dass die Bilder über den Krieg eine andere Qualität haben, wie die eines Fußballspiels, das scheint augenblicklich selbst bei Intellektuellen und Schriftstellern vergessen zu sein. Wer gewinnt und worum geht es? Den Spieler auswechseln oder doch Bodentruppen einsetzen? Ist der Schiedsrichter ein Idiot oder wollen uns die Russen Böses? Wer die BILD-Zeitung liest, der darf auch in Schwarz-weiß argumentieren. Wer die Kriegsberichte der Serben oder der NATO hört, was darf der? »Was würdest du denn tun?« Wer sich in die Diskussion um den Kosovo einmischt, dem wird diese Frage früher oder später gestellt. Eigentlich müsste man antworten: »Ich habe keine Ahnung, da ich weder die geschichtlichen Hintergründe genau kenne, noch wissen kann, was dort wirklich passiert?« Doch heutzutage kann man es sich nicht mehr leisten keine Meinung zu haben. »Wie? Aber das Leid der Vertriebenen! All die Grausamkeiten der Serben? Da muss man doch was tun?« Eine Frage, die suggeriert, man hätte nicht schon früher was anderes tun können. Matt in drei Zügen. Wie lautet die Lösung? Aber wer hat die Züge davor gespielt? Lesen Sie zum selben Thema auch den Essay von Wilhelm Weller: Handke, Hamsun und andere |