Monatliches vom Café-Tisch - November 1996
Einfach lachhaft! Um es gleich vorweg zu nehmen: Ich gehöre keineswegs zu den unverbesserlichen »McDonald's-Nörglern«, die den Untergang abendländischer Esskultur befürchten, und suche auch nicht aus political correctness den Schutz der Dunkelheit, um mich in einer der vielen bunten Filialen dem Vergnügen eines wirklich authentischen Milchshakes oder Cheesburgers hinzugeben. Lobenswert ist die Sauberkeit und Erreichbarkeit der Toiletten und natürlich die sprichwörtliche Freundlichkeit des Personals, das trotz Andrang und schlechter Bezahlung stets das Lächeln nicht vergisst. Echt amerikanisch! Echt (US-)amerikanisch ist aber leider auch jenes dümmliche Ereignis, das momentan unter dem Schlagwort »LOS WOCHOS« durch Deutschland geistert. Man soll sich ja nun wahrlich in der Werbung nicht zum philologischen Puristen aufspielen, gut gekonnte Verfremdung und Wortspiele sind Bestandteil jeder guten Reklame und »Lucky Strike« demonstriert dies eindrucksvoll. Kennen Sie den Witz: Was heißt »Frohe Ostern« auf Spanisch? Buenos Aires! Ist das nicht furchtbar komisch? Benutzt McDonald's also deswegen Begriffe wie »Wochos«, »Taschos« oder »Papricanos«, weil es so lustig ist? Man muss nicht einmal ein elitärer Bildungsbürger sein, um die Plattitüde zu erkennen. Reklame und Werbesprache sind aber mehr als nur platter Witz: Sie wirken im besten (oder schlimmsten) Fall sogar schöpferisch, d.h. sie gehen in unsere Alltagssprache ein und verankern dort die Botschaften, die sie einst transportieren sollten: »Einzig, aber nicht artig«, »Für den Bär im Mann« oder »Nicht nur sauber, sondern rein« (ein Spruch übrigens, der zum Synonym für die moralische Befindlichkeit eines ganzen Jahrzehnts werden sollte). Warum werden also bei McDonald's Produkte mit Wörtern benannt, die einem kastrierten Spanisch entstammen? Welche Assoziationen soll das in uns wecken? Hier bieten sich zwei Möglichkeiten an:
Diese zweite Möglichkeit einer Assoziation ist genau diejenige, an die McDonald's mit Ihrer Sprache appellieren, entspricht sie doch haarscharf dem Bild das in den USA von den südlichen Nachbarn besteht. Mexikaner sind faul, kleine Ganoven, tragen Sombreros, sind gut in der Liebe und halten ansonsten Siesta. Außerdem sprechen sie, da schlecht erzogen, auch nur gebrochenes Englisch. (Nachprüfbar an jedem besseren Western). Dieses Vorurteil gegenüber Mexiko ist aber mittlerweile auch weltweit verbreitet, nicht zuletzt aufgrund solcher Kampagnen, mit denen sicher kein Verständnis für eine Kultur gefördert wird, sondern höchstens Stereotypen gefestigt. Was kommt als nächstes? Die Wochski Polacki? Übrigens sollten Sie mal in Mexiko-Stadt eine »Mexicana Salada« bestellen. Das ist sogar korrektes Spanisch, aber an einer »gesalzene Mexikanerin« dürften Sie ganz schön zu beißen haben. Selten so gelacht über die Gringos, und Witze auf Kosten anderer sind ja sowieso am schönsten. Fast zwei Jahre lang, vom November 1996 bis zum September 1998, nörgelte Näumann im Literatur-Café. In unserem Archiv sind all seine Nörgeleien nachzulesen. |