Ein seltsamer Gast von Gisela Lueck Ein Schneemann steht in meinem Garten; der war doch gestern noch nicht da. Will er hier auf den Winter warten? Das scheint mir doch recht sonderbar. Groß und mächtig steht er dort und stemmt die Hände in die Seiten. Er scheint mir nicht von diesem Ort. Er kommt bestimmt aus fernen Weiten. Er hat zwei große schwarze Augen, mit denen blinzelt er mich an. Zu was kann so ein Schneemann taugen? Was will von mir der weiße Mann? Mit seiner langen, roten Nase sieht er wirklich lustig aus. Doch langsam stellt sich mir die Frage: Wie kommt der Kerl bloß vor mein Haus? Die Sonne lacht, die Luft ist mild. Der Kalender zeigt schon Mitte Mai. Wenn da nicht mal ein Schneemann schmilzt; dann ist das fast schon Zauberei. Jetzt steht er schon den ganzen Sommer. Sagt morgens mir auf Wiedersehn. Und wenn ich abends dann heim komme, ruft er mir zu: Schön dich zu sehn. Ich hab mich längst an ihn gewöhnt; und freu mich jeden Morgen neu. Weil er mir meinen Tag verschönt; weil er ehrlich ist und treu. Doch bevor du heut Abend schlafen gehst; wirf einen Blick vor deine Tür. Wenn dann dort drauß ein Schneemann steht; dann sag zu ihm: Mein Freund bleib hier. |