Fee Katrin Kanzler, geboren 1981 in Ulm, schreibt, zeichnet, spielt und liest. Neben Kurzgeschichten in Anthologien ist von ihr der Lyrikband Falken, flügge im Hagenlocher Verlag erschienen. Sie studiert Philosophie und Anglistik in Tübingen. In diesem kleinen Porträt stellen wir Fee drei Fragen und vier ihrer Gedichte können Sie lesen und hören - natürlich von Fee selbst gelesen.
Auf den nassen Strassen
leben Phosphorfische
und winden ihre kleinen Herzen
um meine Füße
Ich trage die Glückshaut
von Tiefseekindern
und fresse die Eintagstiere
mit silbernen Blicken vom Asphalt
Aus einer meergrundalten Zeit
steigt Wasser auf
die große Wand geht aus den Fugen
und aufwärts driftet die Stadt
Mein bleicher Stahl wirft Schatten
auf die Gesichter der weißen Vasallen
die liebestrunken ihre Herden
in mein Tal verirrten
Mit eiserner Hand
die Freier in Fallen geleitet
breche ich die stolzen Hörner
bade in Fellen und Milch
verwunde die lahmenden Lämmer
und lecke ihr Blut
Für alle Ausflucht gerüstet
tanze ich klirrend auf klugen Köpfen
schmiede schärfere Zungen
pflücke den kalten Mond vom Himmel
und werfe ihn nach Göttern
Jede fallende Seele aber
treibt mir Pfeile
unter den Harnisch
ich zwinge mich selbst
in die Knie
Warum schreibst Du?
Literatur ist wie Liebe: ein ewiges Verführen und Verführtwerden. Ich lese, seit ich lesen kann, pausenlos Bücher und schreibe, seit ich schreiben kann, alle Worte auf, die mir wichtig erscheinen. Massenhaft Bücher zu kaufen ist wahrscheinlich nur ein verquerer Nebeneffekt der Lust am Schreiben. Oder das Schreiben ist die Sehnsucht der von Schreibern Verführten.
Ich wollte schon Geschichten erzählen, als ich weder schreiben noch lesen konnte. Ich zeichnete kleine Bilder und sagte meiner Mutter, was sie daneben schreiben sollte. Und das tat sie für mich, bis ich selber die Buchstaben kannte.
Wie entstehen Deine Texte?
Am Anfang steht immer eine Stimmung. Meistens verursacht sie eine Handvoll Worte oder ein Bild in meinem Kopf. Daraus entwickelt sich alles. Ich setze mich nicht hin und sage: Jetzt schreibe ich ein Gedicht. Ich schreibe das Gedicht, wenn es anklopft. Bei Prosa ist das kaum anders.
Du trägst Deine Texte auch auf Lesungen vor: Wie unterscheidet sich das Schreiben der Texte vom Lesen?
Ein Text lebt erst dann, wenn er gelesen wird. Am besten natürlich laut und mit einer guten Stimme. Ich merkte das erst neulich wieder. Ich las in einem Literaturseminar einen neuen Prosatext von mir vor. Ich hatte ihn bis dahin kaum jemandem gezeigt, geschweige denn vorgelesen. In dem Moment, als ich die Worte aussprach, vor den Zuhörenden, geschah etwas Seltsames: Ich wurde mir erst wieder bewusst, was ich eigentlich geschrieben hatte. Ich konnte den Text plötzlich fühlen, mit seinen Höhepunkten, seinen Stärken, seinen Schwächen. Ich denke, den Hörenden geht es ähnlich.
Was ich am Vorlesen ebenfalls unheimlich mag, ist das Schauspielerische. Während des Schreibens schläft es. Höchstens, dass es während des Schlummerns schon heimlich von seinem Auftritt träumt. Beim Vorlesen jedenfalls kann ich aus mir herausgehen, und das genieße ich.
Mehr von Fee zu hören und zu sehen gibt es auf ihrer Website unter www.fairy-club.de und ihr Gedichtband Falken, flügge kann über amazon.de bestellt werden.
Ebenso liest Fee einige Gedichte aus dem Garten der Poesie, die es hier zum Download gibt.