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Teil 5 (alternativ) - Erinnerungen Norbert B. wischte seine Tränen nicht ab. Das tat er übrigens nie, denn er war immer ein wenig stolz auf sie. Er ließ sie über die Wangen rinnen, und manche sammelten sich an seinen Lippen. Er schmeckte sie salzig und kniff nun den Mund fester zusammen. Wo mochte sie jetzt sein, was denken und fühlen? Er nahm die Kühle nicht wahr, spürte nur, wie seine Finger, ja sein ganzer Körper ganz leicht vibrierte. Ihm wurde schwindelig, und er setzte sich rasch in den feuchten Sand zwischen den Strandhafer. Er durfte hier oben nicht sein wegen des Dünenschutztes. das wusste er. Doch die Erinnerung
Und dann wurde ihm so leicht. Er fühlte sich in der Einsamkeit und trotz seines Liebesschmerzes plötzlich nicht mehr allein, fühlte sich geborgen, verbunden mit etwas Größerem, etwas Ewigem. Was war es? Das Meer, der Himmel, die Sterne, die Erinnerung? Und da war ihm, als würde der volle Mond wie damals am Himmel glänzen und das weite Meer silbrig glitzern lassen. Eigentlich wusste er, dass er erst morgen früh zur labithischen Stunde aufgehen müsse. Das hatte er in dem Anzeiger gelesen. Er dachte also an die gemeinsame Zeit mit ihr, glaubte sie zu spüren, ihre schöne dunkle Stimme zu hören, als sie damals hier oben auf der weißen Düne verliebt in die Nacht lauschten und eng beieinander hockten, um den Herzschlag des anderen zu spüren. Das war dann jedes Mal wie Weihnachten - oder so ähnlich jedenfalls. Genau hier war es gewesen: auf Melkhörn zwischen der Großen und Kleinen Schlopp in 21 Metern Höhe. Seine Tränen trockneten malerisch und kühl in der mondlosen Sternennacht.
Anmerkung der Autoren: Wir danken für die Alternative! Weiter geht es wieder mit einem Teil 6. |
© 1998 by Wolfgang Tischer und Gero von Büttner.
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