eMail von Katharina Pallas | ||||
Von: | <Katharina Pallas> pallas@literaturcafe.de | |||
An: | <Das Literatur-Café> redaktion@literaturcafe.de | |||
Zeit: | 09.03.2003 19:20 | |||
Betreff: | Rückkehr-Blues und der versprochene Regenwald-Nachtrag | |||
Hallo zusammen, bei meiner Rückkehr vom Äquator erwarteten mich Anfang der Woche nicht nur die Daheimgebliebenen, sondern auch der übliche Rückkehrer-Blues und dazu die garstige europäische Wintergrippe. Die stellte mich leider erstmal ein paar Tage kalt, daher die lange Pause. Erstaunlich, wie fremd einem die Heimat nach gerade einmal vier Wochen Reisen vorkommen kann: die kahlen Äste, die glänzenden neuen Autos, die sauberen Straßen und Gehwege ohne Schlaglöcher, die hellhäutigen Menschen mit den verschlossenen Blicken. Welch Luxus und Reichtum im Vergleich zu Ecuador, so richtig fröhlich scheint das jedoch niemanden hier zu stimmen. Mittlerweile habe ich meine 14 Filme entwickeln lassen und mit dem schwierigen Selektionsprozess begonnen. Die besten Fotos von Meerechsen, Vulkanen, Dschungel, Transportmitteln und mehr werde ich dann bei den entsprechenden eMails platzieren. Auch die bisher zu kurz gekommenen Reiseerlebnisse werden noch folgen. Den Anfang macht nun aber der längst versprochene Bericht unserer letzten Reisetage im Regenwald: Für drei Nächte hatten wir uns in der Liana Lodge in der Nähe des Rio Napo einquartiert, um wenigstens "Regenwald light" erleben zu können. Die Gegend von Tena ist wegen der Ölfunde relativ gut durch Straßen erschlossen und daher nicht ganz so ursprünglich wie weiter im Osten - dafür aber vergleichsweise schnell zu erreichen (ca. 7 Stunden per Bus von Quito) und Malaria-frei. Dadurch, dass die Liana Lodge beim Schutzgebiet Selva Viva liegt, hat man trotzdem die Gelegenheit, den ursprünglichen Primär-Regenwald kennen zu lernen. Nachdem uns der Bus von Tena am Eingang von Selva Viva abgesetzt hatte, holte uns ein Kanu der Lodge am Flussufer ab . Mal wieder schwankender Boden unter den Füßen, nach den zahlreichen Touren auf Galapagos waren wir das ja gewohnt. Jenseits der Straßen sind die Flüsse die einzigen Verkehrsadern im wuchernden Regenwald. Das Kanu war für die nächsten Tage unser einziges Verkehrsmittel . Bei der Ankunft erschlugen mich die Eindrücke des Urwalds, sie stürmten auf alle Sinne zugleich ein. Feuchte Hitze erschwert das Atmen, bestimmt 80 Prozent Luftfeuchtigkeit bei um die 28 Grad. Die überquellende grüne Hölle, wild übereinander wuchernde Bäume, Sträucher, Schling- und Hängepflanzen, exotische Blumen und Farne . Dazu der Geräuschpegel: Millionen von Zirkaden und Grillen scheinen gleichzeitig ihr Lied anzustimmen, während dazwischen immer wieder ein Vogel pfeift, schnattert, gluchst oder krächzt. Unsere Cabaña ein absoluter Traum, ein ringsum offene Hütte (nur durch feine Insektenschutzgitter geschützt) inmitten der wuchernden Dschungel-Vegetation. Kein Strom, dafür lagen Kerzen und Streichhölzer bereit. Auf dem Balkon zwei bequeme Hängematten und aus riesigen Baumwurzeln gefertige Tische und Stühle. Gerne tollten Kapuzineräffchen darauf herum, beim Schreiben musste ich stets darauf achten, das Reisetagebuch nicht in die Hinterlassenschaften der verspielten Affen zu legen. Die Lodge bot nicht nur Halbpension, sondern auch diverse Ausflugsmöglichkeiten in den Regenwald und zu den umliegenden Dörfern an. Wir nutzten jedoch nur einen Teil davon - einfach einen Vormittag mit Lesen oder Schreiben in der sachte schaukelnden Hängematte zu verbringen, war eine sehr verlockende Alternative. Bei einer Schweiß treibenden Tour durch das Schutzgebiet lernten wir Unmengen von Heilpflanzen kennen: Von Kopfschmerz bis zu Herzproblemen, im Regenwald scheint tatsächlich gegen alles ein Kraut gewachsen zu sein. Im nahe gelegenen "AmaZOOnico" hatten geschützte Tiere ihre Heimat gefunden, die bei Kontrollen beschlagnahmt oder illegal als Haustiere gehalten wurden . Dabei ließ sich ein freilaufender Nasenbär den Bauch kraulen und Totenkopfäffchen spielten auf mir Fangen. Außerdem sahen wir auch zahlreiche Regenwald-Tiere, die man im dichten Urwald sonst kaum zu Gesicht bekommt: Ozelote, Tukane und Papageien, Woll- und Klammeraffen und vieles mehr. Unangenehm war mir dagegen die überall gegenwärtige Insektenwelt - auf die kapitalen Ameisen (ca. 3 cm), Spinnen, Heuschrecken und Kakerlaken (ca. 5 cm) hätte ich durchaus verzichten können. Im nahe gelegenen Quichua-Dorf konnten wir einen kleinen Einblick in das Leben der Oriente-Bewohner gewinnen, dazu ließ man uns auch gleich mit dem Blasrohr schießen. Unglaublich, wie schnell und weit ein Pfeil damit fliegt, durchaus eine Respekt einflößende Waffe. Die Quichua selbst sind eher zurückhaltend und verschlossen, selbst die Kinder starrten uns zunächst nur ernst an. Natürlich sind Europäer für die Indianer dort genauso fremdartig wie sie für uns. Mit Freundlichkeit und Lächeln ließ sich das Eis aber doch oft brechen. Trotz des anstrengenden Klimas fiel mir der Abschied vom Regenwald schwer, aber auch der Himmel weinte: Am Tag unserer Abreise machte der Wald seinem Namen alle Ehre, es goss in Strömen. Bei Blitz und Donner standen wir nass bis auf die Haut an der Straße, und der Bus zurück nach Tena ließ knapp eine halbe Stunde auf sich warten. Tja, das sind so die Momente, in denen man sich zurück aufs heimische Sofa wünscht... Die Fahrt zurück nach Quito über den rund 4.000 m hohen Pass war trotz der schlechten Straße ein Erlebnis; über lange Strecken ragte rechterhand der kegelförmige Vulkan Sumaco steil aus dem regenverhangenen Urwald heraus. In Quito angekommen war ich glücklich, endlich einmal keine negativen Auswirkungen der knapp 3.000 m Höhe zu spüren. Die Akklimatisation von unseren Hochlandtouren hatte hervorragend gehalten. Das war's fürs erste, wie versprochen wird sich auf diesen Seiten in Zukunft aber noch einiges tun. Danke an alle fürs Mitreisen, Lob und Kritik, über jedes Feedback freut sich Katharina Pallas (pallas@literaturcafe.de)
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