eMail von Katharina Pallas | ||||
Von: | <Katharina Pallas> pallas@literaturcafe.de | |||
An: | <Das Literatur-Café> redaktion@literaturcafe.de | |||
Zeit: | 31.01.2003 22:37 (16:37 Ortszeit) | |||
Betreff: | ¡Ecuador! | |||
Hola todos, erstmals Gruesse aus der Ferne, bin nach einer gut 24-stuendigen (Tor-)tour in der Tat doch noch in Quito angekommen. Etwas kurzatmig bei knapp 3.000 Hoehenmetern geniesse ich die angenehmen 23 Grad bei leichtem Wind trotzdem sehr. Besonders gut tut das nach dem gestrigen Schneechaos, durch das ich beinahe ueberhaupt nicht aus Deutschland herausgekommen waere. Wer gerne Geschichten aus der Reihe "Menschen unterwegs" liest, dem sei dazu die Aufstellung der Begegnungen weiter unten empfohlen. Endlich am Ende meiner Reise in der Andenmetropole angekommen, haette ich heute Morgen am liebsten den Boden gekuesst - ach, Suedamerika! Es ist einfach die Faszination der Fremde: Auch wenn ich bei der Taxifahrt vom Flughafen um mein Leben fuerchtete, die Eindruecke jenseits der offenen Fenster machten das alles wieder wett. Dieses architektonische Durcheinander von halb fertigen, halb verfallenen und fast prunkvollen Haeusern, die offenen freundlichen Menschen mit ihren schraeg stehenden Indianderaugen, das Verkehrschaos, das offenbart, dass nur der besteht, der am lautesten hupt . Im Unterschied zu Chile wird man hier als Fremde aber nicht angestarrt, das ist unglaublich angenehm. Der Tourismus spielt hier einfach eine viel groessere Rolle. Im Hotelviertel "Gringolandia" wimmelt es von Reisebueros und Cafes, in denen sogar "wir sprechen deutsch" im Schaufenster haengt. Mit dem touristischen Programm starte ich wohl morgen. Heute Abend treffe ich mich erstmal mit Anna im Hotel. Aufmerksame Leser meines Chile-Tagebuchs (siehe 14.02.2001) werden sich vielleicht erinnern, dass ich sie damals in Chile kennen gelernt hatte. Wir waren seitdem auch in Deutschland in Kontakt geblieben, und dann ergab sich fuer Anna die Möglichkeit, ein Praktikum in Ecuador zu machen. Dass wir uns die Gelegenheit zu einem gemeinsamen Rucksackurlaub nicht entgehen lassen wuerden, war dann schnell entschieden :-). Saludos y hasta luego _________ Staendig gelangweilt durch die zahlreichen Flug-Verspaetungen war ich froh, wenn die Leute mitteilsam wurden, wie z. B Lina: Die etwas kraeftig gebaute Hollaenderin mit den leuchtend roten Haaren bediente im Flughafen Amsterdam im einzigen Cafe, das nach Mitternacht noch geoeffnet hatte. Als ich auf ihre Frage hin mein Reiseziel nannte, war sie ausser sich vor Begeisterung. Sie warf mir einen spanisch klingenden Namen hin; den wuerde ich doch bestimmt kennen! Ich verneinte, woraufhin sie fassungslos die dick umschminkten Augen aufriss. Ob die Wimpern wohl echt waren? Es handelte sich auf jeden Fall um einen bekannten Tennisspieler aus Ecuador. "The most beautiful man - on earth!" deklarierte Lina bestimmt. Was waere sie neidisch, die Maenner dort muessten ja der Traum sein. So sah ich meine Reiseziel also auch mal mit anderen Augen ;-) Im Fluggzeug von Amsterdam nach Quito wandte sich eine junge Chinesin Hilfe suchend an mich. Xian Ning war urspruenglich von Hong Kong aus gestartet und dann ueber Amsterdam auf dem Weg nach Quito, um sich mit ihrem dort angestellten Mann zu treffen. Sie sprach noch weniger Englisch als ich Spanisch (und das will etwas heissen) und konnte die Schrift auf den Plaenen, Tickets etc. natuerlich auch nicht lesen. Ganz schoen mutig, quasi im Blindflug um die halbe Welt zu reisen. Als ich ihr so etwa zum achten Mal erklaert hatte, wann sie aussteigen muesse (die Flugverbindung mit den vielen Stops war ja eher wie eine Busreise), fasste sie langsam etwas Vertrauen. Auf der letzten Etappe der Reise - von Guayaquil an der Kueste nach Quito im Landesinnern - sass dann Victor mit dem zerknitterten Mestizen-Gesicht neben mir und stellte mein rudimentaeres Spanisch gewaltig auf die Probe. So Ende 40 und sichtlich panisch vor seiner ersten grossen Reise ueber den Atlantik (nach Quito ging der Flieger gleich wieder zurueck nach Amsterdam) war er um jede Ablenkung dankbar. Wir kommunizierten in einem eigenartigen Kauderwelsch zwischen Englisch und Spanisch und teilten unser Reisefieber - trotz unzureichender Grammatik.
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