Gruseln mit HR Giger: Zu Besuch beim Meister des Phantastischen

Anlässlich der neuen Hörbuchreihe »HR Giger's Vampirric« waren wir zu Gast auf dem Schloss des Schweizer Künstlers in Gruyères und sprachen mit dem Hörbuch-Verleger Lars Peter Lueg - und natürlich mit HR Giger selbst

Lars Peter Lueg und Werke von HR Giger (Photo: bcmpress und Wolfgang Tischer) HR Giger in seiner Bar (Photo: bcmpress)

Besonderes um Mitternacht
Ein Interview mit dem Hörbuch-Verleger und Regisseur Lars Peter Lueg über die Zusammenarbeit mit HR Giger, seine Hörbuch-Sprecher, den zweiten Teil von »Necroscope« und illegale Downloads im Internet

Mit hochwertigen Horror- und Grusel-Hörbüchern hat sich der kleine deutsche Hörbuch-Verlag LPL-Records schnell einen guten Namen gemacht. Die Lovecraft-Vertonung »Der Cthulhu Mythos« erhielt sogar 2003 als bestes Hörbuch des Jahres den deutschen Phantastik-Preis. Der Verleger Lars Peter Lueg führt gleichzeitig bei vielen Produktionen auch Regie. Nun erscheint mit »HR Giger's Vampirric« eine neue Reihe, bei der der weltbekannte Schweizer Künstler auch selbst die Einführungen spricht (siehe Kritik des Literatur-Cafés). Mit Lars Peter Lueg unterhielt sich Wolfgang Tischer.

Museum HR Giger (Foto: Wolfgang Tischer)

In seinem eigenen Museum im Schloss St. Germain in der Schweizer Käse-Hochburg Gruyères unweit des Genfer Sees sind in einer Dauerausstellung zahlreiche der oft metergroßen Bilder Gigers zu sehen. Ebenso seine Skulpturen und das berühmte »Alien« aus dem Film. Das Museum hat ganzjährig geöffnet. Nach dem Museumsbesuch empfiehlt es sich, noch einen Drink gegenüber in der beeindruckenden Giger-Bar zu genießen. Wer durch die Schweiz fährt, sollte also in Gruyères unbedingt einen Zwischenstopp einlegen.
     Alle Infos, der Anfahrtsweg und und die genauen Öffnungszeiten finden sich auf der Website des Museums.

MUSEUM HR GIGER
Château St. Germain
1663 Gruyères
Schweiz
Tel.: +41 26 9212200
www.hrgigermuseum.com

Giger-Bar (Foto: Wolfgang Tischer)

Literatur-Café: Wenn ein berühmter Mann seinen Namen für ein Produkt gibt, dann liegt der Verdacht nahe, dass dies nur zu Marketingzwecken geschieht. Ein bekanntes Beispiel ist ja Hitchcock und die drei ???. Welchen Beitrag hat HR Giger denn für die Hörbücher »Giger’s Vampirric« geleistet?

Lars Peter Lueg: Einer meiner Hauptpartner ist der Festa-Verlag. Frank Festa hatte schon seit Jahren einen guten Kontakt zu HR Giger. Letztes Jahr nun hat er ein Buch mit Geschichten veröffentlicht, die Giger gut findet. Giger ist ja sehr belesen. Er kennt auch jeden Horror-Film und alles, was mit diesem Metier zu tun hat. Und er ist auch ein großer Hörbuch-Fan.
     Frank Festa hat mir erzählt, dass Giger bei der Arbeit auch immer meine Hörbücher gehört hat, also zum Beispiel beim Malen. Er wartet vor allem auch auf die Fortsetzung von »Necroscope«, die ja nun auch erscheint. Das Buch, das Giger bei Frank Festa herausgegeben hat, hieß »HR Gigers Vampirric« mit 23 Geschichten, die irgendwas mit Vampiren zu tun haben.
     Ich selbst habe ja im Verlagsprogramm viele hochwertige Produktionen, auch im höheren Preisbereich. Lovecraft bewegt sich bei 25 EUR und Necroscope um die 30 EUR und für Einsteiger die »Necrophobia« Reihe so um die 20 EUR. Ich wollte nun etwas schaffen, das vom Preis her auch die Hörspiel-Zielgruppe anspricht, aber sehr hochwertige literarische Geschichten beinhaltet. Wir haben nach Geschichten gesucht und wollten sie irgendwie »Horror-Bibliothek« nennen. Irgendwann habe ich dann gesagt, wir müssen es einfach »HR Giger’s Vampirric« nennen, weil die Geschichten in diesem Festa-Band einfach so gut sind. Wir haben dann die besten herausgesucht. Das waren zunächst sieben Stück, die nun auf den ersten vier CDs zu finden sind. Es gibt natürlich noch mehrere, mit denen man die Serie auch noch fortsetzen könnte. Frank Festa arbeitet derzeit sogar mit HR Giger am zweiten Band.
     Nun habe ich gesagt, dass mir das nicht reicht, wenn da nur »HR Giger« drübersteht, sondern ich wollte, dass er wirklich durch die CDs führt.
     Giger spricht nun die Ansagen und die Vorworte zu den Geschichten. Dazu kam er nicht ins Studio, sondern ich bin zu ihm nach Zürich in sein Atelier gefahren, wo er auch wohnt. In seinem Atelier habe ich dann die Aufnahmen gemacht. Ich habe da mein ganzes Equipment - 40 bis 50 Kilo - mitgeschleppt.
     Es war ein Erlebnis, bei ihm zu sein. Wir haben uns dreieinhalb Stunden unterhalten über alle möglichen Filme, Bücher und auch Hörbücher, und es entstanden tolle Aufnahmen.
     Wir haben dann das Ganze schön zusammengebaut, auch mit Musik. Letzten Montag hat er dann die Aufnahmen bekommen, hat sich das alles angehört und fand es total super. Er mag natürlich sich selbst nicht hören, er ist ja kein Sprecher. Aber die Geschichten findet er ganz toll. Torsten Michaelis z.B., der Sprecher von Wesley Snipes, ist super und spricht tolle Hörbücher. Es ist auch das erste längere Hörbuch von David Nathan. Gerade die jungen Sprecher sind heiß drauf, mal etwas zu lesen, weil die Sychronbranche so langweilig geworden ist. »Der Horla« (Teil 4) und »Das Grabmal auf dem Père Lachaise« (Teil 3) sind grandiose Hörbücher geworden. Und die älteren Sprecher Lutz Riedel und Helmut Krauss sind sowieso spitze.

Literatur-Café: Gibt es denn besondere Kriterien, nach denen Sie die Sprecher auswählen? Braucht man für Horror- und Grusel-Geschichten besondere Qualifikationen?

Lars Peter Lueg: Ich glaube, man muss zu den besten Sprechern gehören, die es gibt. Jemanden zum Gruseln zu bewegen - genauso wie zum Weinen oder zum Lachen -, da braucht man die Besten. Es ist wirklich sehr schwierig, jemanden zu finden, der diese Stoffe transportieren kann. Ich habe auch lange gesucht, bis ich den richtigen Sprecher für meine Lovecraft-Hörbücher gefunden hatte. Lutz Riedel lässt sich extrem viel Zeit beim Vorlesen und geht sehr tief in die Texte rein. Joachim Kerzel im ersten Teil des »Cthulhu Mythos« hat das auch sehr gut gemacht, aber die Sprecher die jetzt kommen werden, passen einfach ein bisschen besser, wenn das etwas getragener vorgelesen wird. Andere, wie Torsten Michaelis beispielsweise, die sind so tief in der Geschichte. »Der Horla« ist ja eine Geschichte in Tagebuchform, in der erzählt wird, was dem Schreiber passiert und man hat das Gefühl, dass er langsam durch die Geschichte verrückt wird. Michaelis ist da reingekrochen. Er hat sie vielleicht 20 Mal gelesen. Er war sehr anstrengend, aber es ist so super geworden, dass man sicher sagen kann, dass er bislang der Sprecher ist, der sich am meisten mit einem Text auseinandergesetzt hat, weil er so was in der Art noch nicht gemacht hat. Er ist Schauspieler - gerade dreht er z. B. mit Detlef Buck - und das sind Leute, da macht es richtig Spaß. Oder auch Helmut Krauss. Lutz Riedel hat einmal gesagt: »Der Helmut Krauss, das ist eine Lesemaschine. Den weckt man nachts um drei und da liest der ein Buch vor«. Und so ist der auch. In drei Tagen hat er es geschafft, den zweiten Teil von »Necroscope - Vampirblut« einzusprechen. Das sind 7 CDs mit 545 Minuten Laufzeit! Das sind Tiere (lacht).

Literatur-Café: Die Fans von »Necroscope« werden sich sehr freuen, dass nun endlich der zweite Teil erscheint. Lange musste man ja darauf warten. Einen Wermutstropfen gibt es allerdings, denn der zweite Teil wird nicht mehr von Joachim Kerzel, sondern eben von Helmut Krauss gelesen.

Lars Peter Lueg: Das ist verständlich, durchaus. Ich habe Joachim Kerzel natürlich auch angefragt, aber es gab zwei Gründe, warum er das nicht machen konnte. Das eine waren Termingründe, weil er sehr sehr viel zu tun hat. Man hört ihn ja mittlerweile in fast jeder Werbung und bei Filmtrailern sowieso. Damals die Aufnahmen waren sehr anstrengend. Wir hatten ja Lovecrafts »Cthulhu Mythos« mit 4 CDs und »Necroscope - Das Erwachen« mit 7 CDs in nur einer Woche aufgenommen. Bereits da hat er mir gesagt, dass er solche langen Sachen eigentlich nicht mehr so gerne machen will. Er hatte dann eine Gastrolle in »Der Schatten über Innsmouth« und auch zwei Geschichten auf »Necrophobia 1« gesprochen. Und als ich ihn jetzt anfragte, meinte er, dass ihm das zu viel wäre, er wolle das nicht mehr. Da habe ich ihn natürlich gefragt, wer das denn weiterführen könnte. Und er hat gesagt: »Der Helmut Krauss muss das machen.« Weil er von der Stimmlage her am nächsten dran ist und die beiden sich auch viele Schauspieler bei der Synchronisation teilen. Jean Reno wurde z.B. neben Kerzel auch oft von Krauss gesprochen. Gerade wird Helmut Krauss auch der neue Stammsprecher von Samuel L. Jackson. Kerzel und Krauss kennen sich, sind beide im selben Jahr geboren, Jahrgang 41, sind beide in Augsburg aufgewachsen und befreundet. Deswegen lag es nahe, dass Helmut Krauss das weiterführt, denn Kerzel wollte es auf keinen Fall mehr machen.
     Krauss macht das anders. Er liest es mehr. Kerzel hat mehr diesen schauspielerischen Aspekt drin. Es ist anders, aber es ist sehr gut. Man kann es durchaus als gute Fortsetzung empfinden. Man muss es sich anhören, ob es einem gefällt oder nicht, aber ich finde es sehr sehr gut. Helmut Krauss wird übrigens auch in Frankfurt auf der Buchmesse eine Lesung machen, am Samstag dem 9. Oktober 2004. Das ist toll, dass er zu so was bereit ist, denn das sind Schauspieler, und er möchte auf die Bühne und möchte mit Menschen zu tun haben. Das ist natürlich klasse, wenn man die Möglichkeit hat, so was mal auszunutzen.

Literatur-Café: Ist grundsätzlich geplant, weitere Bände von »Necroscope« zu vertonen?

Lars Peter Lueg: Wir werden abwarten, wie der zweite Teil läuft - und der erste nochmal anzieht. Wir haben ja mit der Fortsetzung jetzt relativ lange gewartet, weil es auch enormes Geld kostet, ein solch langes Hörbuch aufzunehmen. Gerade natürlich auch für ein solch kleines Hör-Label wie mich.
     Jetzt war es an der Zeit zu sagen, wir setzen es fort, denn der erste Teil hatte sich jetzt richtig ausgezahlt, um das auch fortzusetzen. Es zeichnet sich jetzt schon ab, dass der zweite noch besser laufen wird als der erste Teil, was durchaus auch daran liegen kann, dass einige Leute sich das doch unerlaubterweise aus dem Internet runtergeladen haben und jetzt den zweiten Teil kaufen, weil er noch nicht im Netz steht. Aber der erste wird sich auch noch dadurch besser verkaufen, dass der zweite jetzt endlich draußen ist und man so quasi das ganze Paket mit 14 CDs hat. Und wenn es gut läuft, dann wird es weitergehen, wobei es eine in sich geschlossene Geschichte ist, die nicht der Fortsetzung bedarf. Wir werden einfach abwarten, wie das läuft und entscheiden, ob es weiter geht. Man könnte das ja bis zu 13, 14, 15 Bänden weiterführen. Das müssen wir abwarten.

Literatur-Café: Nützen also die illegalen Downloads im Internet so vielleicht auch, weil die Leute neugierig sind, wie es weitergeht? Oder schadet es, weil so nicht das notwendige Geld erwirtschaftet wird, um weitere Teile zu produzieren?

Lars Peter Lueg: Ich habe jetzt keinen einzigen Kopierschutz mehr auf irgendeiner meiner Hörbücher. Ich hatte früher nur den üblichen Schutz eingebaut, dass nur eine digitale Kopie auf DAT-Bändern möglich war. Das nutzt aber ja sowieso keiner mehr. Aber selbst den habe ich jetzt rausgenommen, weil ich mir sage: wenn jemand Geld für ein Produkt ausgibt, dann soll er sich das unbegrenzt für sich selbst oder für seine Freundin kopieren können. Ich ärgere mich ja selbst, wenn ich aufgrund des Kopierschutzes keine Kopie machen kann fürs Auto oder für meine Freundin. Da kaufe ich nie wieder eine CD. Das gibt es bei mir nicht. Es ist ein bisschen ärgerlich, weil es viele Leute gibt, die das Raubkopieren sehr offensiv betreiben, aber es ist fraglich, ob das die gleiche Zielgruppe ist. Denn jeder, der meine Sachen kennt und hört und mag, sieht auch ein, sich hin und wieder mal ein Produkt zu kaufen, denn sonst geht es ja nicht weiter. Wir müssen ja alle von irgendwas leben und das muss ja bezahlt werden.

Literatur-Café: Die Giger-Hörbücher sind ja mit einem Erstpreis von 7,95 EUR recht günstig, während der Trend doch eher gegenläufig ist.

Lars Peter Lueg: Das kann man ganz klar beantworten, denn eigentlich ist es mein teuerstes Produkt. »Necroscope 2« hat 7 CDs und kostet 29,95 EUR, was bedeutet, dass jede CD deutlich unter 5 EUR kostet, und die einzelne kostet bei »HR Gigers Vampirric« 7,95 EUR. Somit werde ich da pro CD mehr daran verdienen. Für den Endkunden ist es natürlich dennoch preiswert, gerade auch z.B. gegenüber einer Musik-CD. Auf jeden Fall rechnet sich das noch.

Literatur-Café: Wer hört denn Ihre Hörbücher? Bedienen Sie eine spezielle Zielgruppe?

Lars Peter Lueg: Die Zielgruppe ist sehr breit. Man kann zum einen unterscheiden in die Hörspiel-Leute, dich sicherlich ihre inszenierten Hörspiele gewohnt sind. Ich mache ja reine Lesungen. Hochwertig zwar, aber nur ein Sprecher, der nicht spielt, sondern liest. Es gibt die große Gruppe der Hörbuch-Freunde, die die Produkte kaufen, um sie im Auto oder beim Bügeln oder abends im Bett in aller Ruhe zu hören. Und dann gibt es noch den großen Bereich der Gothic-Freunde, die das zusätzlich zu ihren anderen Sachen genießen, zu Rammstein und anderen Sachen. Menschen, die sich schwarz anziehen und dann nachts diese Geschichten hören.

Literatur-Café: Was bevorzugen Sie? Wie sollte man Ihre Produktionen hören?

Lars Peter Lueg: Gerade die neueren Sachen sind ja sehr anspruchsvolle Literatur, das sollte man nicht unterschätzen. Es sind sehr tief gehende Geschichten. Das kann man vielleicht nicht ganz so gut hören, während man gerade seine Steuerunterlagen abheftet. »Necroscope« z.B. ist etwas, das wunderbar überall funktioniert, weil das sehr eingänglich und unterhaltsam ist, ähnlich wie Harry Potter. Kurze Sätze, klare Handlung. Da passiert was, und man kriegt es auch mit. Aber ich habe ja quasi verschiede Sparten. So was wie die Gruselmärchen und »Necrophobia«, das ist schnell zu konsumieren und das kann man sogar auf einer Party mal laufen lassen, um z.B. um Mitternacht mal was Besonderes zu bieten.

Literatur-Café: Herr Lueg, wir danken Ihnen für das Gespräch!

»Es kommt ja sofort der gute Sprecher«
Ein Interview mit HR Giger über Hörbücher und seine eigene Stimme

Der Schweizer Künstler Hansruedi Giger wurde 1940 in Chur geboren. Weltweit bekannt wurde er, als er 1980 einen Oscar für das Set-Design zu Ridley Scotts Weltraum-Horrorfilm »Alien« gewann. Seine mit Airbrush-Technik gemalten surrealistischen Bilder und »Biomechanics« sind ebenfalls berühmt und prägten viele andere Künstler. Neben den Bildern gestaltet HR Giger auch Möbelstücke und beeindruckende Inneneinrichtungen in seinem organischen und skelettartigen Stil. Mit HR Giger sprach Wolfgang Tischer.

Literatur-Café: Herr Giger, wo und in welchem Ambiente hören Sie denn am liebsten Hörbücher?

HR Giger: Im Auto finde ich das prima. Wenn man Auto fährt, alleine, dann ist das super, da kann man sich so einlullen lassen.

Literatur-Café: Wo liegt für Sie der Reiz der gesprochenen Geschichten?

HR Giger: Man kann sich einfach besser darauf konzentrieren. Ich habe gemerkt, dass ich beim Lesen ziemlich Mühe habe, weil ich mich ablenken lasse. Beim Hören ist das besser, denn der Text wird auch schön betont. Eine besondere Stimmung eben, eher wie beim Film. Und wenn man im Automobil eine längere Strecke fährt - von Zürich nach Gruyères, das sind z. B. zwei Stunden -, da ist das prima [In Zürich befindet sich Gigers Atelier, in Gruyères sein Museum. Anm. der Red.].

Gigers Alien (Foto: bcmpress)Literatur-Café: Sie selbst sprechen ja auf »HR Giger's Vampirric« die Einleitung zu den Geschichten. Haben Sie nicht Angst, einen Ruf zu verlieren? Man kennt Ihre bedrohlichen und unheimlichen Bilder, und auf den CDs klingen Sie so freundlich und nett.

HR Giger: Ich habe mir auch Mühe gegeben (lacht). Merkt man das nicht? Man hat mich gebeten, das zu machen und dann habe ich es auch gemacht. So tönt es dann.

Literatur-Café: Aber es hat doch sicher Spaß gemacht?

HR Giger: Jaja, aber wenn ich es so höre, macht es mir nicht so Spaß. Also meinen Text kann ich nicht hören (lacht). Ich hätte ihn wahrscheinlich ein paar Mal sprechen sollen, aber... naja, was soll's, es geht. Es kommt ja dann bald anders. Es kommt dann ja sofort der gute Sprecher. Mich hätte es da nicht unbedingt geben müssen.

Literatur-Café: Woran arbeiten Sie momentan?

HR Giger: Mir ist das Museum im Schloss von Gruyères sehr wichtig geworden. Ich habe da mein gesamtes Geld hineingesteckt und möchte, dass es mich überlebt, dass es in eine Stiftung überführt wird. Noch trägt es sich leider nicht selbst.

Literatur-Café: Haben Sie eigentlich noch Kontakt zu Ridley Scott, dem Regisseur von »Alien«?

HR Giger: Nein. Er hat mich ein paar Mal schlecht behandelt. Er hat mir nicht gesagt, als ich an einem Projekt von ihm gearbeitet habe, dass das Projekt gar nicht mehr stattfindet. Er hat mich einen Monat lang im Glauben gelassen, es würde noch weitergehen. Das fand ich nicht sehr nett. Aber er ist ein super Mann. Und ich würde bestimmt wieder was für ihn machen, wenn er rufen würde (lacht).

Literatur-Café: Herr Giger, wir danken Ihnen für das Gespräch!

Hörbuchkritik: »HR Giger's Vampirric«

Horror, Gothic und Gruseln ist ein ernstes Geschäft. Doch schaut man sich die Umschläge vieler Verlage im Horror-Genre an, so haben sie dennoch sehr viel mit denen der Liebesromane gemeinsam: sie sind furchtbar kitschig überzeichnet. Hier wie dort findet man oft Bilder muskelbepackter Männer mit weit aufgeknöpftem Hemd, die sich über scheinbar ohnmächtige und ebenfalls spärlich bekleidete Frauen beugen. Nur beißen sie eben bei den einen der Schönen in den Hals, anstatt ihr - wie bei den anderen - einen leidenschaftlichen Kuss zu geben.
     Wenn nun LPL-Records mit »HR Giger’s Vampirric« ein Werk des Festa-Verlags als Hörbuch vertont, so mag man vielleicht vermuten, dass sich jener visuelle Horror-Kitsch auch in der Audiofassung wieder findet. Immerhin gibt es bei anderen Hörbuch-Labels zahlreiche dieser überzeichneten Horror-Hörbücher und -Hörspiele mit Monsterstimmen aus dem Vocoder, mit denen grundsätzlich auch immer all die bösen großen Filmmonster sprechen, und mit der halligen Stimme des Sprechers, die direkt aus dem digital produzierten Verließ entstammt.
     Doch Gott sei Dank (oder dem Teufel sei Dank?) ist dies bei den Produktionen von LPL-Records anders. Mit ausgezeichneten Sprechern und ohne technischen Schnickschnack hat man sich dort auf hochwertige Horror- und Grusel-Hörbücher spezialisiert, bei denen allein Sprecher und Text im Mittelpunkt stehen. Verlagsleiter und Regisseur Lars Peter Lueg bevorzugt es, wenn die Texte von den Sprechern eher vorgelesen anstatt gespielt werden. So tritt der Text in den Vordergrund und nicht eine akustisch überzeichnete Interpretation. Denn die subtil-gruseligen Texte von Gigers Auswahl leben ebenfalls nicht von oberflächlichen Schockeffekten, sondern sind viel feiner gewebt. Auf jeder der bislang 4 CDs von »Giger’s Vampirric« liest ein anderer Sprecher, sodass jede ihren eigenen Charakter besitzt. »Der Vampyr«, eine Erzählung aus dem Jahre 1918 von Leonhard Stein, wird beispielsweise von Helmut Krauss gelesen. Krauss ist unter anderem der Synchronsprecher von Marlon Brando. Er trägt die Erzählung mit rauer Stimme und schlichter Betonung vor, was der Melancholie dieser Geschichte sehr zugute kommt. Berichtet wird vom Verfall eines erfolgreichen und gut aussehenden Beamten, der durch die nächtlichen Besuche eines Blutsaugers immer mehr verkommt und dessen perfektes Leben aus der Bahn gerät. Ganz anders hingegen »Der Horla«, eine grandiose Erzählung von Guy de Maupassant aus dem Jahre 1887, die als Tagebuchaufzeichnung angelegt ist. Sie wird von Torsten Michaelis meisterlich vorgetragen, mit bewegter und emotionaler Stimme, fällt doch die Hauptperson im Laufe der Geschichte immer mehr dem Wahnsinn anheim.
Giger mit 'seiner' CD (Foto: bcmpress)     Mit dreimal 78 Minuten und einmal 73 Minuten sind alle vier einzeln erhältlichen CDs reich mit einer oder zwei Geschichten gefüllt. Alle Erzählungen haben eine Einführung von HR Giger höchstpersönlich. Diese kurzen Einleitungen bilden sozusagen die verbindende Klammer um die abwechslungsreichen Erzählungen. Freilich, Giger selbst ist kein Sprecher und seine gesprochen Texte klingen sehr laienhaft vorgetragen. Doch die Fans wird es freuen, und wer gleich zu den Profi-Sprechern springen will, der findet auf der Hülle die notwendigen Track-Angaben. Auch solche Details belegen die Qualität der Produktionen.
     Für Horror- und Gruselfans ist »HR Giger’s Vampirric« ein Muss. Aber auch Hörbuch-Fans, die dem Grusel-Genre bislang noch nicht zugeneigt waren, seien diese hochwertigen, schnörkellosen Produktionen zum wohligen Gruseln sehr empfohlen. Unsere besondere Empfehlung gilt dabei der vierten CD der Reihe »Der Horla«, gelesen von Torsten Michaelis.

HR Giger's Vampirric, Das Grabmal auf dem Pere Lachaise, 1 Audio-CD. Audio CD. 2004. Festa Verlag. ISBN/EAN: 9783865520029
HR Giger's Vampirric, Der Vampyr, 1 Audio-CD. Audio CD. 2004. Festa Verlag. ISBN/EAN: 9783865520012
HR Giger's Vampirric, Die verloren gegangene Kunst des Zwielichts, 1 Audio-CD. Audio CD. 2004. Festa Verlag. ISBN/EAN: 9783865520005
HR Giger's Vampirric, Der Horla, 1 Audio-CD. Audio CD. 2004. Festa Verlag. ISBN/EAN: 9783865520036. 4,98 €  » Bestellen bei amazon.de Anzeige oder im Buchhandel

Hinweis: Im Literatur-Café finden Sie auch die Besprechungen der beiden LPL-Produktionen »Necroscope 1 - Das Erwachen« und »Der Cthulhu-Mythos«.

Weitere Links im Web:

Die Website des HR Giger Museums und der Giger-Bar im schweizerischen Gruyères
http://www.hrgigermuseum.com

Die offizielle Homepage von HR Giger
http://www.hrgiger.com

Die Website von LPL-Records, auf der sich alle Infos zu den Hörbüchern des Verlags befinden und ebenso viele Hörproben zum Download.
http://www.lpl-records.de

Besonderer Dank an Birgit-Cathrin Duval (bcmpress), die während unseres Besuchs auf dem Schloss die Bilder auf dieser Seite gemacht hat
http://www.bcmpress.com

 

13.08.2004/15.08.2004


ZurückSeitenanfangWeiter